Aus: Fotos für die Pressefreiheit 2022
Lage der Pressefreiheit in Malta
Jahrelang hat RSF für eine öffentliche Untersuchung des Mordes an der Journalistin Daphne Caruana Galizia in Malta gekämpft. Der Abschlussbericht bewies nun, dass höchste staatliche Stellen für eine „Atmosphäre der Straflosigkeit“ verantwortlich waren, durch die eine solche Tat erst möglich wurde.
Der maltesische Staat ist für den Mord der Journalistin Daphne Caruana Galizia mitverantwortlich. Zu diesem Schluss kam der dreiköpfige Untersuchungsausschuss, der im Juli einen 435 Seiten starken Abschlussbericht zu dem Fall vorgelegt hat. Das Fazit der Kommission: Staatliche Institutionen hätten eine „Atmosphäre der Straflosigkeit“ geschaffen, „generiert von den höchsten Ebenen im Herzen der Verwaltung des Büros des Premierministers“. Sie hätten keine Schutzmaßnahmen ergriffen und so die unmittelbare Lebensgefahr für Caruana Galizia missachtet.
Die maltesische Journalistin und Bloggerin war bekannt für ihre investigativen Recherchen, in denen es vor allem um Korruption und Geldwäsche ging. Im Oktober 2017 wurde die 53-Jährige durch eine Autobombe getötet. Fast vier Jahre später wurde der Unternehmer Yorgen Fenech als mutmaßlicher Auftraggeber des Mordes angeklagt. Ihm drohen wegen Beihilfe zum Mord lebenslange Haft sowie zusätzliche 20 bis 30 Jahre wegen krimineller Verschwörung . Er bestreitet die Vorwürfe.Caruana Galizia hatte vor ihrem Tod ein umstrittenes Geschäft um ein Kraftwerk untersucht, in das neben Fenech auch Konrad Mizzi, damals Tourismusminister, und Keith Schembri, Stabschef von Ex-Premier Joseph Muscat, verwickelt waren. Beide traten nach dem Mord zurück, Schembri wurde im März wegen Betrugs und Geldwäsche angeklagt. Im Monat zuvor hatte die Polizei vier Tatverdächtige festgenommen. Einer der Männer wurde zu 15 Jahren Haft verurteilt, die anderen warten noch auf ihren Prozess.
Fast zwei Jahre lang hatte sich Reporter ohne Grenzen (RSF) gemeinsam mit der Familie von Caruana Galizia und deren Anwälten sowie einer internationalen Koalition von NGOs für eine unabhängige Untersuchung eingesetzt. Sie sollte klären, welche Rahmenbedingungen den Mord möglich gemacht hatten. Die damalige Regierung von Premierminister Muscat zögerte diesen Schritt immer wieder hinaus. Schließlich setzte die Parlamentarische Versammlung des Europarates im Juni 2019 eine Frist.
Muscat trat im Januar 2021 zurück, nachdem Vorwürfe laut wurden, er habe an dem Mord Beteiligte geschützt. Zuvor hatten öffentliche Proteste das ganze Land lahmgelegt. Auch der neue Premier Robert Abela versuchte zunächst, die öffentliche Untersuchung einstellen zu lassen, doch die Kommission führte ihre Arbeit bis zum Ende fort.
Die Pressefreiheit in Malta ist weiterhin eingeschränkt. Das Meinungsklima wird von der Propaganda der beiden großen politischen Parteien dominiert und die Gesellschaft ist tief gespalten. Durch die undurchsichtige Vergabe staatlicher Mittel an unabhängige Medien während der Covid-19-Pandemie hat die Situation sich weiter verschlechtert. Insbesondere investigative Medienschaffende würden ausgrenzt, kritisiert RSF. Die Risiken sind für Journalistinnen und Journalisten in Malta heute genau so groß, wie sie es zur Zeit von Daphnes Caruana Galizia Tod waren.
Zum vierten Jahrestag des Mordes reisten Vertreterinnen und Vertreter von RSF und vier weiteren Organisationen nach Malta, um die mutige Kollegin und ihre Arbeit zu würdigen. Sie forderten Reformen, um die Pressefreiheit zu stärken und dass die Verantwortlichen endlich zur Rechenschaft gezogen werden. Auch sollte die Regierung die Empfehlungen der öffentlichen Untersuchung möglichst bald umsetzen.
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