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China

Rangliste der Pressefreiheit — Platz 172 von 180
China 01.05.2004

Vom Schweigen zur Propaganda

Auch die vierte Generation kommunistischer Machthaber, angeführt von Hu Jintao, hat die Lage der Pressefreiheit in China nicht verbessert. Die Behörden haben zwar mit einer Generalüberholung der Nachrichtenmedien begonnen, doch die Kontrolle über Nachrichteninhalte bleibt weiterhin die Norm.

Wie groß das Kontrollbedürfnis der chinesischen Regierung nach wie vor ist, hat das Nachrichtenmanagement zur SARS-Krise gezeigt. Die Abteilung für öffentlichkeit (die frühere Propaganda-Abteilung) hat während der Epidemie Journalisten mehrfach sanktioniert, die über Desinformation und Falschaussagen der Regierung recherchiert hatten. Alle Berichte über SARS wurden während der ersten Monate gesperrt. über Nacht änderte die Regierung ihre Politik und die Medien fanden sich wieder in einer Propaganda-Kampagne und nationalen Mobilisierung zur Bekämpfung der Geißel.

Sobald in den Medien die leiseste Kritik am Umgang der Regierung mit der Krise auftauchte, glaubten Beobachter an Anzeichen von unabhängiger Berichterstattung. Aber ein ausländischer Korrespondent in Peking rückte dies ins rechte Licht: „In nur wenigen Wochen sind wir mittels Selbstkritik vom Schweigen zur Propaganda übergegangen - was aber nichts mit wirklicher Pressefreiheit zu tun hat." Einen weiteren Beweis dafür lieferte die Verhaftung Cheng Yizhong, dem Herausgeber der Tageszeitung Dushi Bao (Southern Metropolis News), im Januar 2003. Die Zeitung hatte über einen neuen SARS-Fall im Süden der Republik berichtet.

Zahlreiche tätliche übergriffe auf Journalisten

Junge Journalisten haben die Grenzen von Zensur und Selbstzensur im Jahr 2003 mehr als je zuvor ausgelotet. Doch das ist nichts Neues: Die Regierung hat den Großteil der langjährigen Redakteure der Wochenzeitung Nanfang Zhoumo, Speerspitze des investigativen Journalismus der vergangenen Jahre, wegen allzu unabhängiger Berichterstattung vom Dienst enthoben. Da die pro-demokratische Opposition sich nicht in den traditionellen Medien äußern kann, hat sie sich mehr und mehr dem Internet zugewandt. Doch gibt es häufige Rückschläge: Rund 50 so genannte Cyber-Dissidenten sind derzeit inhaftiert - weil sie Demokratie gefordert oder die Regierung verurteilt haben.

Die Presselandschaft wird modernisiert und ist sehr dynamisch. Journalisten riskieren jedoch immer mehr, wenn sie über soziale Themen schreiben. Eine Zeitung berichtete im Oktober 2003, dass seit Jahresbeginn über 100 chinesische Journalisten Opfer von Gewalt geworden sind – Gewalt von Sicherheitskräften, Polizei oder Kriminellen, die über ihre Recherchen verärgert waren.

Die Behörden kontrollieren die Fernsehnachrichten über das Chinese Central Television (CCTV), ein Sender mit zwölf Kanälen. Die Nachrichtenprogramme berichten vorwiegend über nationale Politik, ideologische Kampagnen und das, was die Führer tun. Zum Beginn des Irakkrieges hat CCTV Dutzende Korrespondenten in die Golfregion geschickt, um live von dort zu berichten - was es im chinesischen Fernsehen bisher nicht gab. Die redaktionelle Bearbeitung war darauf begrenzt, die Anti-Kriegs-Position der chinesischen Regierung nachzubeten.

Ausländische Journalisten noch immer unter strenger Kontrolle

Obwohl die Regierung zugesichert hat, ausländische Journalisten während der olympischen Spiele in Beijing 2008 frei arbeiten zu lassen, werden sowohl Korrespondenten in China als auch Journalisten, die das Land nur besuchen, sehr streng kontrolliert. Die Kommunistische Partei verweigert den Reportern die freie Recherche über Regimekritiker, religiöse Bewegungen, Korruption, HIV/AIDS, Arbeiterstreiks, nordkoreanische Flüchtlinge, Naturkatastrophen oder tibetische und Uighur-Separatisten. Der südkoreanische Fotograf Jae-Hyun Seok wurde zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt, weil er die Notlage nordkoreanischer Flüchtlinge dokumentiert hat. Erst jüngst wurde ein französisches Fernsehteam festgehalten, weil es ohne Erlaubnis filmte, wie Hühner gegen Vogelgrippe geimpft wurden.

China 2003

23 Journalisten zurzeit im Gefängnis
Mindestens 15 kurzzeitig inhaftiert
Mindestens 100 attackiert

übersetzung aus: Reporter ohne Grenzen, The 2003 Global Press Freedom World Tour; April 2004

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