Venezuela
28.02.2014
ROG fordert Untersuchung der Gewalt gegen Journalisten
Reporter ohne Grenzen (ROG) fordert Venezuelas Präsidenten Nicolás Maduro auf, einen Parlamentsausschuss zur Untersuchung der Angriffe und Drohungen gegen Journalisten bei den Protesten in dem südamerikanischen Land einzusetzen. Seit Beginn der Demonstrationen gegen die Regierung Anfang Februar hat ROG mindestens 60 tätliche oder verbale Angriffe auf Journalisten sowie 13 Festnahmen von Reportern gezählt. Maduro hat auf die Proteste mit Zensurmaßnahmen und dem Vorwurf der „Kriegspropaganda“ gegen internationale Fernsehsender und Online-Medien reagiert.
„Ohne schnelle Maßnahmen zum Schutz von Journalisten wird die Zahl der Angriffe weiter steigen“, schreibt ROG-Generalsekretär Christophe Deloire in einem offenen Brief an Maduro, den die internationale Organisation in Paris veröffentlichte. Die Taten dürften nicht ungestraft bleiben. Zugleich wandte sich Deloire gegen Maduros Vorwurf, soziale Netzwerke und ausländische Sender heizten die Konfrontation zwischen Regierung und Opposition in Venezuela an: „Ihr Krieg gegen das, was Sie als medialen Terror bezeichnen, ist einer der Hauptgründe für die Polarisierung der Medien.“
Die Gewalt der vergangenen Wochen richtet sich gegen Journalisten unabhängiger wie auch staatlicher Medien. Auf eine Korrespondentin der peruanischen Online-Zeitung El Comercio, Karen Mendez, wurde gezielt geschossen. Auf María Iginia Silva vom venezolanischen Privatsender Globovisión warfen Demonstranten Steine. Ein Fotograf des staatlichen Informationsamts, Jilfredo Alejandro Barradas, wurde während seiner Berichterstattung über die Demonstrationen durch Schüsse verletzt. Den Sitz des staatlichen Fernsehsenders VTV griff eine Gruppe Protestierender mit Molotowcocktails und anderen Sprengsätzen an. Viele der angegriffenen Journalisten berichten, ihnen sei zugleich Arbeitsausrüstung gestohlen oder beschädigt worden.
Als Reaktion auf die Proteste erklärte der Leiter der Nationalen Telekommunikationskommission CONATEL, Berichte über die gewaltsamen Zusammenstöße seien gemäß dem Gesetz über soziale Verantwortung von Radio, Fernsehen und elektronischen Medien verboten. Daraufhin blockierten die Behörden die Ausstrahlung des kolumbianischen Nachrichtensenders NTN24, der über die Forderungen der Opposition berichtet hatte. Dem US-Sender CNN warf Präsident Maduro persönlich „Kriegspropaganda“ vor und drohte, ihn aus dem Land zu werfen. Solche Maßnahmen sind umso gravierender für die Medienvielfalt, als die meisten venezolanischen Sender bereits unter Kontrolle der Regierung stehen.
Auf Twitter wurde nach dem Tod dreier Demonstranten für viele Kunden des staatlichen Internetanbieters CANTV 48 Stunden lang der Zugang zu Fotos gesperrt. Auch eine bei den Protestierenden für Telefonate beliebte Anwendung der US-Firma Zello wurde blockiert, ebenso offenbar die Webseite von NTN24 sowie die Seite pastebin.com, auf der Netzaktivisten anonym Informationen austauschen.
Schon seit Monaten kämpfen rund 20 Zeitungen um ihr Überleben, weil sie infolge mangelnder Devisenzuweisungen kaum Zeitungspapier bekommen. Viele können allenfalls sporadisch oder in reduziertem Umfang in gedruckter Form erscheinen. Medien, die über die Mangelwirtschaft berichten, werden systematisch drangsaliert.
Auf der ROG-Rangliste der Pressefreiheit steht Venezuela auf Platz 116 von 180 Ländern. Aktuelle Meldungen zur Lage der Journalisten und Medien in Venezuela finden Sie hier.
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