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Kolumbien

Kolumbien ist für Medienschaffende nach wie vor eins der gefährlichsten Länder Lateinamerikas. Morddrohungen, körperliche Angriffe und Entführungen sind keine Seltenheit, immer wieder kommt es auch zu Morden. Gefährlich sind Recherchen etwa über Landkonflikte, Korruption, Drogenkriminalität oder die trotz des Friedensabkommens von 2016 weiter bestehenden bewaffneten Konflikte. Die Behörden sorgen kaum für Schutz, die Justiz bestraft nur wenige Taten. Bewaffnete Gruppen wie die ELN sowie Dissident*innen der FARC schüchtern vor allem lokale Medienschaffende ein, was zu Selbstzensur führt, so dass aus einigen Gebieten Kolumbiens kaum berichtet wird. Die enge Verbindung zwischen Medien und Wirtschaftsimperien sowie der politischen Klasse untergräbt die redaktionelle Unabhängigkeit. Unter dem seit 2018 regierenden Präsidenten Iván Duque wurden Journalist*innen und Medien Ziel von Einschüchterungskampagnen sowie von staatlicher Überwachung, nachdem sie über Betrug, Korruption und Menschenrechtsverletzungen in der Regierung berichtet hatten.

Rangliste der Pressefreiheit — Platz 119 von 180

Proteste in Kolumbien

© Leonard Mikoleit

Am 4. Juni 2020 wurde in Kolumbien ein 12-jähriges Mädchen von Soldaten vergewaltigt. Die Wut der kolumbianischen Bevölkerung gegenüber der Armee mündete in landesweiten Protesten gegen Militärgewalt. Der deutsch-kolumbianische Fotograf Leonard Mikoleit begleitete die Proteste in seiner Heimatstadt Cali.

© Leonard Mikoleit

Die Veröffentlichung eines Videos im September 2020, welches zeigt, wie die Polizei einen Rechtsanwalt mit einem Taser traktierte, bis er starb, führte zu Protesten gegen Polizeigewalt. In Cali schossen Polizisten willkürlich in die Menge, nachdem Demonstrierende versucht hatten, eine Polizeistation anzuzünden.

© Leonard Mikoleit

Eine Gruppe von Polizisten zerstörte das Fahrrad des Fotografen: “Als Presse ist es schwer zu den Demos zu kommen. Die Straßen in Cali sind meistens blockiert und öffentliche Verkehrsmittel werden lahmgelegt. Journalist*innen sind also oft mit dem Fahrrad unterwegs. Als die Polizei mein Fahrrad gesehen und identifiziert hat, haben sie nicht gezögert, es zu zerstören”, erzählt Leonard Mikoleit.

© Leonard Mikoleit

Trotz der Autonomie von Universitäten in Kolumbien drang die Polizei einige Tage vor Wiederaufflammen der landesweiten Protesten im April 2021 in die Universidad del Valle ein. Bei einer Pressekonferenz von Studierenden wurde die Presse von der Polizei fotografiert.

© Leonard Mikoleit

Der Beginn der landesweiten Proteste in Kolumbien wurde in Cali von nur wenigen lokalen Fotograf*innen dokumentiert, die deshalb im Fokus der Polizei standen. Ein Polizist zielte auf den Fotografen Leonard Mikoleit, verfehlte ihn jedoch, weil ein Demonstrant mit einem Stein auf ihn warf. Stattdessen wurde der Demonstrant von dem Gummigeschoss getroffen und verletzt.

© Leonard Mikoleit

Die Aggressionen von Demonstrierenden gegenüber der Polizei nahmen zu, nachdem Teilnehmende der Proteste zu Tode gekommen waren. “Wir haben nichts zu verlieren, die Regierung hat uns schon alles weggenommen. Die Bildung, das Gesundheitssystem, und unsere Kolleg*innen. Wir haben nichts zu verlieren” Das sind einige der Worte, die der Fotograf Leonard Mikoleit immer wieder von den Demonstrierenden hörte.

© Leonard Mikoleit

Sicherheitskräften ist es verboten, mit Gummipatronen direkt auf die Köpfe von Demonstrierenden zu schießen. Auf dem Foto zielt ein Polizist dennoch aus geringer Distanz auf das Gesicht des Demonstranten, mit dem Wissen, dass er ihn schwer verletzen könnte.

© Leonard Mikoleit

In Loma de la Cruz, einem bei Tourist*innen beliebten Markt in Cali, versammelten sich tausende Personen, um zu demonstrieren. Die Polizei löste die Demonstration gewaltsam auf.

© Leonard Mikoleit

Die Polizei zielte mit Tränengas und Gummigeschossen von einer Brücke auf Demonstrierende, die mit Steinen auf die Sicherheitskräfte geworfen hatten.

© Leonard Mikoleit

Die “Primera Linea”, Demonstrierende, die sich in der ersten Reihe der Polizei entgegenstellten, bauten Barrikaden aus Schildern und anderen Gegenständen. Kurz vor dem Eintreffen der Polizei ahnte noch niemand, wie viel Gewalt es tatsächlich geben würde.

© Leonard Mikoleit

In Kolumbien ist das Schlagen auf eine Pfanne zum Symbol der Proteste geworden. Jeden Abend konnte man das Geräusch hören, als Unterstützung für diejenigen, die auf die Straße gehen und protestieren.

© Leonard Mikoleit

Der Stadtteil Melendez bildet eine Grenze zwischen Arm und Reich in Cali: Das Viertel liegt zwischen den Einkaufszentren und ärmeren Vierteln der Stadt. Demonstrierende bauten hier von Beginn an Barrikaden auf, um eine Räumung zu verhindern.

© Leonard Mikoleit

Nur wenigen Fotograf*innen wurde es gestattet Fotos von der “Primera Linea” in Melendez zu machen, da die Demonstrierenden befürchteten, die Polizei könnte sie identifizieren.

Bildergalerie "Proteste in Kolumbien"

Der deutsch-kolumbianische Fotograf Leonard Mikoleit fotografierte seit 2019 die Proteste und die Polizeigewalt in der Stadt Cali. Mitte Mai 2021 verließ der 20 Jahre alte Student das Land, nachdem unter anderem Polizisten ihm angedroht hatten, ihn verschwinden zu lassen, sollte er weiter fotografieren.

Portraitfoto von Ginna Morelo
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