Der Preis für Mut wurde an die iranische Journalistin Narges Mohammadi verliehen. Mstyslav Chernov und Evgeniy Maloletka aus der Ukraine wurden mit dem Preis für Wirkung ausgezeichnet. Den Preis für besonders wirkungsvollen Journalismus erhielt der marokkanische Journalist Omar Radi.
Chronik
Press Freedom Awards - seit 1992
Seit mittlerweile 31 Jahren werden mit den Press Freedom Awards jährlich Journalistinnen und Journalisten sowie Medienhäuser ausgezeichnet, die einen bemerkenswerten Beitrag zur Verteidigung und Förderung der Presse- und Informationsfreiheit geleistet haben. In der folgenden Chronik sind alle Preisträgerinnen und Preisträger der Jahre 2020 bis 1992 aufgeführt.
Hinweis: Die Beschreibung der Personen und Medienhäuser stellt jeweils die Situation im Jahr der Preisverleihung dar. Weitere und aktuelle Entwicklungen wurden dabei nicht berücksichtigt.
2021
Die chinesische Journalistin Zhang Zhan wurde für ihren Mut geehrt. Den Preis für unabhängigen Journalismus erhielt die palestinensische Journalistin Majdoleen Hassona. Für besonders wirkungsvollen Journalismus wurde das inernationale Pegasus-Projekt ausgezeichnet.
Zhang Zhan, China
Trotz ständiger Drohungen der Behörden berichtete Zhang, die ursprünglich als Anwältin gearbeitet hatte, im Februar 2020 über die Covid-19-Epidemie in der Stadt Wuhan. Sie zeigte in Livestreams in den sozialen Netzwerken die Verhältnisse in den Straßen und Krankenhäusern der Stadt sowie die Schikanen, denen die Familien von Erkrankten ausgesetzt waren. Ihre Berichterstattung aus dem Herzen des ersten Epizentrums der Pandemie war eine der wichtigsten unabhängigen Quellen zur Situation in der Region. Im Mai 2020 wurde Zhang Zhan festgenommen und mehrere Monate ohne Kontakt zur Außenwelt sowie ohne offizielle Angabe von Gründen festgehalten. Am 28. Dezember 2020 wurde Zhang Zhan zu vier Jahren Gefängnis verurteilt, weil sie „Streit angezettelt und Ärger provoziert“ haben soll. Um gegen diese Ungerechtigkeit und erlittene Misshandlungen zu protestieren, trat die Journalistin in einen Hungerstreik, was dazu führte, dass sie fixiert und durch eine Sonde zwangsernährt wurde.
Zum Dank für ihre außerordentliche Arbeit erhielt Zhang Zhan den Preis für Mut.
Pegasus-Projekt
Das „Pegasus-Projekt“ ist ein Rechercheprojekt eines internationalen Konsortiums von mehr als 80 Journalistinnen und Journalisten von 17 Medien in elf verschiedenen Ländern. Koordiniert wurde es von der NGO Forbidden Stories mit technischer Unterstützung des Security Lab von Amnesty International koordiniert. Anhand eines Daten-Leaks von mehr als 50.000 Telefonnummern, die von der Spähsoftware Pegasus des israelischen Unternehmens NSO Group ins Visier genommen wurden, enthüllte das „Pegasus-Projekt“, dass fast 200 Medienschaffende von elf Regierungen – autokratischen wie demokratischen – ausspioniert wurden. Diese Recherche hat die Weltöffentlichkeit auf das Ausmaß der Überwachung aufmerksam gemacht, der Medienschaffende in vielen Ländern ausgesetzt sind. Zudem veranlasste sie zahlreiche Medien sowie RSF, Klagen einzureichen und erneut ein Moratorium für den Verkauf von Überwachungstechnologien zu fordern.
Für seine große Effektivität und Strahlkraft erhielt das Pegasus-Projekt den Preis für Wirkung.
Majdoleen Hassona, Palästinensische Gebiete
Bevor sie zum türkischen Fernsehsender TRT kam und sich in Istanbul niederließ, wurde Majdoleen Hassona wegen ihrer kritischen Veröffentlichungen regelmäßig von israelischen und palästinensischen Behörden verfolgt und schikaniert. Nachdem sie im August 2019 ins Westjordanland zurückgekehrt war, um mit ihrem Verlobten (der ebenfalls als Journalist für TRT in Istanbul arbeitet) das islamische Opferfest zu feiern, wurde sie an einem israelischen Kontrollpunkt festgenommen und erfuhr, dass für sie „aus Sicherheitsgründen“ ein von den israelischen Geheimdiensten ausgesprochenes Ausreiseverbot galt. Seitdem sitzt die Journalistin im Westjordanland fest. Sie beschloss, ihre Arbeit vor Ort fortzusetzen. Als sie im Juni 2021 über regierungskritische Proteste nach dem Tod des Aktivisten Nizar Banat berichtete, wurde sie von palästinensischen Sicherheitsbeamten geschlagen.
Für ihre Widerstandskraft erhielt Majdoleen Hassona den Preis für Unabhängigkeit.
2019
Für ihren Mut wurde die saudi-arabische Bloggerin und Journalistin Eman al-Nafjan geehrt. Den Preis für unabhängigen Journalismus erhielt die Malteserin Caroline Muscat. Die Vietnamesin Pham Doan Trang wurde mit dem Press Freedom Award für besonders wirkungsvollen Journalismus ausgezeichnet.
Eman al-Nafjan, Saudi-Arabien
Sie konnte den Preis in Berlin nicht persönlich entgegennehmen, da sie zwar aus der Haft in Saudi-Arabien entlassen wurde, das Land jedoch nicht verlassen darf. Die Bloggerin und Journalistin hatte sich massiv dafür eingesetzt, dass Frauen in Saudi-Arabien Auto fahren dürfen und mehr Rechte bekommen. Dafür wurde sie zusammen mit anderen Aktivistinnen verhaftet. Aktuell ist sie vorläufig auf freiem Fuß. Al-Nafjan gründete die Seite SaudiWoman.me und schreibt für Zeitungen wie den Guardian und die New York Times. Stellvertretend für sie nahm ihre ehemalige Mitstreiterin Omeima al-Najjar die Auszeichnung entgegen, die in Italien politisches Asyl erhalten hat.
Caroline Muscat, Malta
Nach dem Mord an ihrer Kollegin Daphne Caruana Galizia 2017 gründete Caroline Muscat die unabhängige Investigativ-Website The Shift News, die unter anderem zu Korruption recherchiert. Trotz massivem Druck macht sie unbeirrt weiter. Ihren Preis für Unabhängigkeit widmete sie der verstorbenen Daphne Caruana Galizia und verwies darauf, dass unabhängiger Journalismus keine Frage des Mutes sein sollte: „Wir müssen keine Helden sein. Die Tatsache, dass einige von uns als solche betrachtet werden, sagt mehr über die Zustände in unserem Land als über uns selbst aus.“
Pham Doan Trang, Vietnam
Sie setzt sich unermüdlich für die Bürgerrechte in ihrem Land ein. Die Gründerin des Magazins Luât Khoa und Redakteurin bei thevietnamese berät ihre Mitmenschen juristisch und tritt für Minderheiten ein. Dafür wurde die Journalistin, Bloggerin und Autorin bereits mehrfach willkürlich verhaftet. Auch sie konnte nicht persönlich anreisen, bedankte sich jedoch in einer Videobotschaft: „Die Auszeichnung gilt nicht mir allein. Sie ist für alle, die nach Wahrheit suchen, für alle, die sich weltweit leidenschaftlich und mit Vehemenz für die Wahrheit einsetzen.“
2017
Die Jury zeichnet in diesem Jahr den polnischen Investigativjournalisten Tomasz Piatek, das türkische Web-TV Medyascope in der Kategorie "Media"sowie den iranischen Fotografen Soheil Arabi in der Kategorie "Citizen Journalist"mit den Press Freedom Awards aus.
Tomasz Piatek, Polen
Der Preisträger der Kategorie "Journalist" ist investigativer Reporter der Warschauer Tageszeitung Gazeta Wyborcza. 2017 drohte ihm eine dreijährige Gefängnisstrafe, nachdem Verteidigungsminister Antoni Macierewicz ihn vor einem Militärgericht angeklagt hatte. Anlass war Piateks Buch "Macierewicz and his secret", das die Beziehungen des Ministers zu Personen beleuchtet, die mit dem russischen Geheimdienst in Verbindung stehen. Seit seiner Veröffentlichung ist Piatek das Ziel von Angriffen regierungfreundlicher Medien und hat bereits mehrfach ernstzunehmende Drohungen erhalten.
Medyascope, Türkei
Medyascope ist ein unabhängiges Web-TV, das im Jahr 2015 vom türkischen Journalisten Ruşen Çakır ins Leben gerufen wurde. Ziel war es, neue Technologien mit besseren Berichterstattungsstandards zu kombinieren, um die in der Türkei inzwischen weitgehend unterdrückte öffentliche Debatte wiederzubeleben. Durch Videos, die online übertragen und als Podcasts zur Verfügung gestellt werden, soll Journalistinnen und Journalisten, die durch das Vorgehen der Regierung ins Abseits gedrängt wurden, sowie Bürgerjournalistinnen und Bürgerjournalisten eine Stimme gegeben werden.
Soheil Arabi, Teheran
Soheil Arabi, ein in Teheran lebender Fotograf, wurde im Dezember 2013 inhaftiert. Nach seiner Festnahme wurde er zwei Monate lang misshandelt und in Einzelhaft festgehalten. Unter diesen Bedingungen gestand er schließlich seine Beteiligung an der Schaffung eines Facebook-Netzwerks, das den Islam "schmähte" und die Regierung kritisierte. 2014 wurde er dafür zum Tod verurteilt, 2015 hob das Oberste Revolutionsgericht das Urteil wieder auf und verhängte stattdessen eine Gefängnisstrafe von siebeneinhalb Jahren.
2015
Auch 2015 werden drei Preise verliehen: an die syrische Journalistin Zaina Erhaim, die türkische Zeitung Cumhuriyet sowie das äthiopische Blogger-Kollektiv Zone9.
Cumhuriyet, Türkei
Die türkische Zeitung war schon 2014 aufgrund ihrer Berichterstattung der Verfolgung durch das türkische Regime ausgesetzt. Den Preis nahm der damalige Chefredakteur der Zeitung, Can Dündar, entgegen.
Zaina Erhaim, Syrien
Nachdem die syrische Journalistin für eine Weile in London gelebt hatte, kehrte sie 2012 in ihre Heimat zurück, um dort über den Krieg zu berichten und syrischen Bürgeraktivistinnen und Bürgeraktivisten journalistisches Arbeiten beizubringen. Den Preis nahm ihr Onkel, Maen Said Essa, für sie entgegen.
Zone9, Äthiopien
Das Blogger-Kollektiv wurde 2012 gegründet und macht seitdem auf die repressiven Praktiken der äthiopischen Regierung aufmerksam. Einer der Blogger, Zelalem Kibret, wollte an der Preisverleihung teilnehmen – als er jedoch im Begriff war, das Flugzeug zu besteigen, wurde sein Pass beschlagnahmt.
2013
Die Press Freedom Awards gehen an den inhaftierten usbekischen Journalisten Muhammad Bekjanov und die sri-lankische, tamilsprachige Tageszeitung Uthayan.
Muhammad Bekjanov, Usbekistan
Bekjanov, einer der am längsten inhaftierten Journalisten der Welt, war Herausgeber der wichtigsten usbekischen Oppositionszeitung Erk (Freiheit). Mit dieser begann er Anfang der 90er Jahre eine Debatte über Tabuthemen wie den Staat, die Wirtschaft, den Einsatz von Zwangsarbeit bei der Baumwollernte und die Umweltkatastrophe am Aralsee. Das Regime nutzte 1999 eine Reihe von Bombenanschlägen in Taschkent, um Kritiker zum Schweigen zu bringen. Unter Folter wurde Bekjanov gezwungen, sich als Komplize des Terrorismus zu "bekennen" und zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt. Im Januar 2012, nur wenige Tage vor seiner Entlassung, wurde er wegen Ungehorsams gegen Gefängnisbeamte zu weiteren vier Jahren und acht Monaten Gefängnis verurteilt.
Uthayan, Sri Lanka
Uthayan ist eine Tageszeitung mit Sitz in Jaffna im Norden Sri Lankas. Sie ist eines der wenigen tamilischsprachigen Medien des Landes sowie das einzige, das während des Bürgerkrieg von 1983 bis 2009 weiter berichtete. Dabei schreckt die Redaktion auch vor kontroversen Themen nicht zurück und war in der Folge wiederholt das Ziel von Gewalttaten. Entführungen, Drohungen, Angriffe auf Büros, Zwangsschließung, Zerstörung von Ausrüstung und Schmutzkampagnen – es gibt wenig, was Uthayan noch nicht ertragen musste. Die Zeitung zahlt einen hohen Preis für ihre kompromisslose Berichterstattung über die Situation des Landes und die regelmäßigen Enthüllungen über illegale Aktivitäten von Regierung und Streitkräften.
2011
In diesem Jahr werden der syrische Karikaturist Ali Ferzat und die myanmarische Zeitung Weekly Eleven News ausgezeichnet.
Ali Ferzat, Syrien
Seine nonkonformistische Haltung und Kreativität brachten dem syrischen Karikaturisten mächtige Feinde ein: unter anderem Saddam Hussein, der ihm nach einer seiner Ausstellungen in Paris 1989 mit dem Tod drohte. Jahrelang wurde ihm die Einreise nach Jordanien, Irak und Libyen untersagt. Al-Domari, die von Ferzat im Jahr 2000 gegründete satirische Zeitung, war die erste unabhängige Publikation seit der Machtübernahme durch die Baath-Partei. Drei Jahre später wurde die Zeitung durch die Behörden gezwungen zu schließen.
Weekly Eleven News, Myanmar
Myanmar ist 2011 eines der Länder mit den stärksten Repressionen gegenüber den Medien. Die Mitarbeiter von Weekly Eleven News riskieren bei der Veröffentlichung von Themen, die durch die Behörden als sensibel eingestuft werden, oft eine Verhaftung.
2009
Die Press Freedom Awards 2009 werden an die israelische Zeitungsreporterin Amira Hass und das tschetschenische Magazin Dosh verliehen.
Amira Hass, Israel
Hass erhielt den Preis "Journalistin des Jahres 2009" für ihre unabhängige und direkte Berichterstattung aus dem Gazastreifen. Sie schrieb für die israelische Tageszeitung Ha'aretz wärend der "Cast Lead Operation", einer israelischen Militäroffensive gegen Einrichtungen und Mitglieder der Hamas.
Dosh, Tschetschenien (Russland)
Dosh befasst sich seit 2003 mit Politik und aktuellen Geschehnissen in Tschetschenien und anderen Teilen des russischen Kaukasus. Das Magazin führt seine Arbeit – allen Widrigkeiten zum Trotz – in einer Region fort, in der die Medien noch nie wirklich unabhängig agieren konnten. Der Preis wurde von den Dosh-Redakteuren Israpil Shavkhalov und Abdulkhazhi Duduyev entgegengenommen.
2007-2003
Ab dem Jahr 2003 wird die Kategorie Journalist/Journalistin durch weitere Kategorien ergänzt. Dies sind zunächst Media, Press Freedom Defender, Cyber-Dissident. Im Jahr 2007 wird zusätzlich ein Special China Prize vergeben.
2007
– Seyoum Tsehaye, Eritrea (Journalistin)
– Democratic Voice of Burma, Myanmar (Media)
– Kareem Amer, Ägypten (Cyber-Dissident)
– Hu Jia & Zeng Jinyan, China (Special China Prize)
2006
– Win Tin, Myanmar (Journalist)
– Novaya Gazeta, Russland (Media)
– Journalist in Danger, Demokratische Republik Kongo (Press Freedom Defender)
– Guillermo Fariñas Hernández, Kuba (Cyber-Dissident)
2005
– Zhao Yan, China (Journalistin)
– Tolo TV, Afghanistan (Media)
– National Union of Somali Journalists, Somalia (Press Freedom Defender)
– Massoud Hamid, Syrien (Cyber-Dissident)
2004
– Hafnaoui Ghoul, Algerien (Journalist)
– Zeta, Mexiko (Media)
– Liu Xiaobo, China (Press Freedom Defender)
2003
– Ali Lmrabet, Marokko (Journalist)
– The Daily News, Simbabwe (Media)
– Michèle Montas, Haiti (Press Freedom Defender)