China
09.02.2006
Weiterer Internet-Dissident mit Hilfe von Yahoo hinter Gittern
Das amerikanische Unternehmen Yahoo hat der chinesischen Polizei Daten zur Verfügung gestellt, auf deren Grundlage der Internet-Dissident Li Zhi im Dezember 2003 zu acht Jahren Gefängnis verurteilt wurde. „Das ist der zweite Fall dieser Art, der uns bekannt wird“, sagt Reporter ohne Grenzen (ROG). „Es ist zu befürchten, dass Yahoo regelmäßig und effizient mit Chinas Polizei zusammenarbeitet.“
Die Menschenrechtsorganisation hat Yahoo aufgefordert, ROG die Namen aller Dissidenten und Journalisten zu nennen, über die das Unternehmen Informationen an die chinesische Justiz weiter geleitet hat. Derzeit sind in China 81 Internet-Dissidenten und Medienleute hinter Gittern.
Im September 2005 wurde bekannt, dass der Internet-Autor Shi Tao mit Hilfe von Yahoo zu zehn Jahren Haft verurteilt worden war. Die Firma hatte erklärt, dass sie lediglich Fragen der Behörden beantworte, ohne über die gegen ihre Kunden verhängten Strafen auf dem Laufenden zu sein. Dies aber ist aus Sicht von Reporter ohne Grenzen nicht glaubwürdig. Der jüngste Fall zeigt, dass das Unternehmen mit aller Wahrscheinlichkeit wusste, bei der Verhaftung von Dissidenten und Journalisten behilflich zu sein.
Der Anwalt von Li Zhi, Zhang Sizhi, machte am 5. Februar öffentlich, dass sein Klient mit der E-Mail-Adresse libertywg@yahoo.com.cn und dem Benutzernamen lizhi34100 auf Grundlage der von Yahoo am 1. August 2003 in Hong Kong zur Verfügung gestellten Informationen verurteilt wurde. Der 35-jährige Li Zhi wurde am 10. Dezember des gleichen Jahres wegen „Anstiftung zum Staatsstreich" in erster Instanz zu acht Jahren Gefängnis verurteilt. Der ehemalige Beamte der süd-west-chinesischen Provinz Dazhou war im August 2003 verhaftet worden, nachdem er die Korruption örtlicher Behörden in Diskussionsforen und in Internet-Artikeln publik gemacht hatte.
Laut örtlichen Quellen wird die Zuarbeit von Yahoo Hong Kong auch im Urteilsschreiben gegen Li Zhi erwähnt. Das Dokument liegt Reporter ohne Grenzen bisher jedoch nicht vor.
Mehr zum Fall Shi Tao.
Weitere Informationen:
Reporter ohne Grenzen - Katrin Evers
Fon +49/30/615 85 85
presse@reporter-ohne-grenzen.de
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