Aserbaidschan
06.07.2012
Chefredakteur wegen Spionage angeklagt
Reporter ohne Grenzen (ROG) ist entrüstet über die Verhaftung des Journalisten und Menschenrechtlers Hilal Mammadow. Der 52-Jährige wurde am 21. Juni festgenommen. Ihm wurde zunächst Drogenbesitz vorgeworfen. Kurz danach erhob die Staatsanwaltschaft aber den Vorwurf der Spionage. Sollte Mammadow verurteilt werden, drohen ihm bis zu zwölf Jahre Gefängnis.
Der Chefredakteur der Zeitung Tolishi Sado wurde am 21. Juni in Baku in der Nähe seiner Wohnung verhaftet. Am 4. Juli gaben der Innenminister und der Staatsanwalt bekannt, dass bei der Ermittlung Beweise für Spionage zutage getreten seien. Angeblich habe der iranische Offizier Abdol Ali oglu Hamsajew Mammadow 1992 rekrutiert, um für den iranischen Geheimdienst Informationen zu beschaffen. Mammadow wird nun wegen Hochverrats und der Anstiftung zu Diskriminierung aus rassistischen, ethnischen, nationalen und religiösen Gründen angeklagt.
Einige Tage vor der Festnahme hatte Mammadow ein Video über einen Rap-Wettstreit mit dem Titel "Wer bist Du, geh schon, fort mit Dir" auf Youtube hochgeladen. Das Video fand im Internet großen Zuspruch und wurde von der russischen Opposition genutzt, um Präsident Wladimir Putin anzugreifen. Noch ist unklar, ob die Veröffentlichung des Videos im Zusammenhang mit seiner Festnahme steht.
Mammadow ist Chefredakteur der Tageszeitung Tolishi Sado, einer in der Minderheitensprache Talisch erscheinenden Zeitung. Reporter ohne Grenzen zufolge ist dies nicht der erste Fall, in dem sich aserbaidschanische Behörden in fingierten Anschuldigungen gegen Journalisten auf Spionage beziehen. Im Juni 2008 war Nowruzali Mammadow, der damalige Herausgeber der Tolishi Sado, ebenfalls wegen Spionage für den Iran zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Er starb im August 2009 im Gefängnis.
Vor dem Eurovision Song Contest am 26. Mai in Baku hat Reporter ohne Grenzen mehrfach öffentlich auf die fehlende Pressefreiheit in Aserbaidschan hingewiesen (http://www.pressefreiheit-fuer-baku.de/). Die Organisation fordert internationale Berichterstatter auf, die Lage der Menschenrechte in Aserbaidschan auch nach dem Wettbewerb weiterhin im Blick zu behalten. Reporter ohne Grenzen zählt den aserbaidschanischen Präsidenten Ilcham Alijew zu den größten Feinden der Pressefreiheit weltweit. Auf der aktuellen Rangliste der Pressefreiheit nimmt Aserbaidschan Platz 162 von 179 ein.
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