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Aserbaidschan

Rangliste der Pressefreiheit — Platz 164 von 180
Aserbaidschan 12.05.2014

Inhaftierte Journalisten müssen freikommen

© picture alliance
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Anlässlich der Übernahme des Vorsitzes des Europarats durch Aserbaidschan am 14. Mai kritisiert Reporter ohne Grenzen die massive Unterdrückung unabhängiger Journalisten und Medien: „Aserbaidschan übt in den kommenden sechs Monaten ein herausragendes Amt innerhalb Europas aus, doch gleichzeitig tritt die Regierung unter Präsident Aliyew die Pressefreiheit mit Füßen“, sagt ROG-Geschäftsführer Christian Mihr in Berlin. „Seit der Präsidentschaftswahl 2013 haben Repressionen gegenüber Aktivisten und Journalisten zugenommen.  Wir verlangen umgehend die Freilassung aller inhaftierten Blogger und Journalisten und ein Ende der Schikanen gegenüber kritischen Medienvertretern.“

Aserbaidschan übernimmt am kommenden Mittwoch von seinem Vorgänger Österreich turnusgemäß den Vorsitz im Ministerkomitee des Europarats. Die Regierung in Baku hat sich als Mitglied im Europarat den Grundwerten der Europäischen Menschenrechtskonvention verpflichtet. Doch sie missachtet diese systematisch. Bereits seit Jahren beeinflusst Baku mit seiner sogenannten „Kaviar-Diplomatie“ Entscheidungen des Europarats zu seinen Gunsten.

Gleichzeitig sitzen derzeit mindestens zehn Journalisten und Blogger in Aserbaidschan Haft. Der jüngste Fall ist der von Rauf Mirkadirow. Mirkadirow wurde am 21. April wegen vermeintlicher Spionageaktivitäten für Armenien zu drei Monaten Untersuchungshaft verurteilt, zwei Tage zuvor war er am Flughafen in Baku festgenommen worden, als er dort im Zuge einer Ausweisung aus der Türkei landete. Mirkadirow hatte drei Jahre lang aus der Türkei als Korrespondent für die aserbaidschanische Zeitung Zerkalo berichtet. Doch am 9. April dieses Jahres wurde sein Presseausweis ohne Angabe von Gründen für ungültig erklärt und er selbst aufgefordert, die Türkei innerhalb von zwei Wochen zu verlassen. Ein Versuch, in einem Bus nach Georgien zu reisen, um von dort aus mit einem Touristenvisum in die Türkei zurückzukehren, scheiterte, denn das Fahrzeug mit Mirkadirov wurde auf dem Weg nach Georgien gestoppt und der Journalist schließlich in ein Flugzeug nach Baku gesetzt, wo ihn die aserbaidschanischen Behörden dann aufgriffen. Vor seiner Deportation hatte Mirkadirow keinerlei Möglichkeit, Einspruch gegen die Ausweisung einzulegen oder auch nur einen Anwalt zu kontaktieren.

Mirkadirow hat in den vergangenen Jahren für mehrere regierungskritische Zeitungen gearbeitet und in seinen Artikeln nicht nur die Regierung Aserbaidschans, sondern auch Russlands und der Türkei kritisiert. 2008 wurde er mit dem „Gerd Bucerius-Förderpreis  Freie Presse Osteuropas“ ausgezeichnet. Bereits im Februar ist der aserbaidschanische Journalist Mahir Zeynalov aus der Türkei ausgewiesen worden. Die türkischen Behörden hatten ihm vorgeworfen, Staatspräsident Erdogan per Twitter beleidigt zu haben.

Weitere Journalisten sitzen in Aserbaidschan mit fadenscheinigen Gründen hinter Gittern. Am 17. März dieses Jahres wurde etwa Tofig Yagublu verurteilt, der für die unabhängigen Zeitungen Yeni Musavat, Azadlig und Bizim Yol schrieb. Die Behörden warfen ihm vor, im Januar 2013 in der Stadt Ismaylli an der „Organisation von Krawallen“ beteiligt gewesen zu sein. Zeugen der Anklage sagten zwar, sie hätten ihre Aussagen unter Druck gemacht. Videos zeigten, dass Yagublu erst am zweiten Tag der Auseinandersetzung in der Stadt ankam, als die Gewalt bereits abklang und Yagublu betonte während des Prozesses, einzig für Recherchen nach Ismaylli gereist zu sein. Dennoch wurde er zu fünf Jahren Haft verurteilt.

Die bekannte Investigativ-Journalistin Khadija Ismayilova wurde im Februar dieses Jahres mehrmals vor die Staatsanwaltschaft in Baku zitiert. Die Behörden warfen ihr vor, Staatsgeheimnisse verraten zu haben. Bereits in der Vergangenheit war sie Ziel von Einschüchterungskampagnen gewesen. Nachdem sie etwa über geheime Geschäfte der Präsidentenfamilie berichtet hatte, lancierten regierungsnahe Medien 2012 und erneut 2013 Videoaufnahmen im Internet, die angeblich Ismajilowa in ihrem Schlafzimmer beim Sex zeigten.

Weitere Journalisten sind im vergangenen Jahr kurz vor den Präsidentschaftswahlen am 9. Oktober festgenommen worden. Hilal Mammadov, ein Redakteur der Zeitung Tolyshi Sado, wurde am 25. September 2013 offiziell wegen illegalen Drogensitzes zu fünf Jahren Haft verurteilt. Parviz Hashimli, der für die kritischen Medien BizimYol und  Moderator.az arbeitete und gleichzeitig Vorsitzender der Organisation „Centre for Protection of Political and Civil Rights“ ist, wurde am 17. September 2013 wegen angeblichen Waffenschmuggels verhaftet und sitzt noch immer in Untersuchungshaft. Avaz Zeynalli, ein Redakteur der Zeitung Xural, wurde im April 2013 wegen angeblicher versuchter Erpressung zu neun Jahren Haft verurteilt.  

Im Rahmen seiner Nothilfearbeit hat ROG in den zurückliegenden Monaten Avaz Zeynalli bei rechtlichen Verfahrenskosten finanziell unterstützt. ROG hat auch dem Journalisten Emin Milli geholfen und etwa bei der Gründung von Millis Berliner Exilsender Meydan TV Hilfe geleistet. Milli war zuvor in seiner Heimat wiederholt Verfolgung und Repression ausgesetzt gewesen.

Auf der aktuellen ROG-Rangliste der Pressefreiheit steht Aserbaidschan auf Platz 160 von 180 Ländern. Reporter ohne Grenzen betrachtet Präsident Ilcham Alijew zudem als einen der Feinde der Pressefreiheit.

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