Australien
13.11.2014
Sicherheitsgesetze bedrohen Pressefreiheit
Anlässlich des Australien-Besuchs von Bundeskanzlerin Angela Merkel am kommenden Wochenende kritisiert Reporter ohne Grenzen die besorgniserregenden Einschränkungen der Pressefreiheit in dem Land. Aufgrund verschärfter Sicherheitsgesetze ist dort künftig die Verbreitung von Informationen über sogenannte verdeckte Spezialeinsätze des Inlandsgeheimdienstes verboten. Bei Verstößen drohen Journalisten, Bloggern und Informanten bis zu zehn Jahre Haft.
Der Wunsch nach Sicherheit darf nicht zu Lasten der Pressefreiheit gehen“, sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr in Berlin. „Die Verschärfung der australischen Sicherheitsgesetze stellt eine massive Bedrohung der Pressefreiheit dar und höhlt das Recht der Bürger auf Informationen aus."
Nach der jüngst verabschiedeten Gesetzesreform reicht eine Anweisung des Geheimdienstchefs aus, um einen Spezialeinsatz als "verdeckt" einzustufen und damit jegliche Berichterstattung darüber zu unterbinden. Damit kann der Geheimdienst eigene Fehler oder Gesetzesbrüche künftig nach Belieben vertuschen. Selbst bei Berichten über längst abgeschlossene Einsätze drohen bis zu fünf Jahre Haft. Journalisten werden mit der Strafandrohung davon abgehalten werden, ihre Kontrollfunktion auszuüben und die Öffentlichkeit etwa über fehlgeschlagene oder widerrechtliche Geheimdiensteinsätze zu informieren.
Im Zuge weiterer Reformen sollen Telefon- und Internetfirmen verpflichtet werden, Metadaten wie Zeitpunkt und Ziele von Anrufen oder E-Mails zwei Jahre lang zu speichern. Damit würde der Schutz journalistischer Quellen grundsätzlich infrage gestellt. Schon heute können zahlreiche Behörden in Australien gemäß einem Gesetz von 1979 solche Daten ohne Richterbeschluss ausforschen, um etwa die Weitergabe geheimer Regierungsinformationen zu verfolgen. Die Regierung begründet die Reform mit der Gefahr von Anschlägen etwa durch militante Islamisten, die aus Syrien oder dem Irak nach Australien zurückgekehrt sind.
Gerichte verhängen häufig Nachrichtensperren
Immer wieder verhängen Gerichte in Australien Nachrichtensperren, um Berichte über bestimmte Themen zu verhindern. Ein besonders gravierendes Beispiel machte die Enthüllungsplattform Wikileaks im vergangenen Sommer publik: Am 19. Juni verbot das Oberste Gericht des Bundesstaats Victoria für fünf Jahre jede Berichterstattung australischer Medien und Journalisten über Korruptionsvorwürfe gegen 17 hochrangige asiatische Politiker, darunter Präsident und Regierungschef Vietnams, Malaysias Ministerpräsident und ein früherer indonesischer Präsident. Hintergrund ist ein Skandal um hochrangige australische Bankmanager, die mit Bestechung in Millionenhöhe um Aufträge ausländischer Regierungen gebuhlt haben sollen.
Zur Begründung für die Nachrichtensperre hieß es, man wolle Schaden für die internationalen Beziehungen verhindern, denn die veröffentlichten Informationen könnten auch den Ruf von Personen in Zweifel ziehen, die nicht direkt in den Fall verwickelt sind. Vergleichbare Gerichtsbeschlüsse sind in Australien kein Einzelfall: Nach Angaben des Medienrechtlers Jason Bosland haben Gerichte in Victoria Zwischen 2008 und 2013 durchschnittlich rund 200 Berichtsverbote pro Jahr verhängt – oft mit unklarer Begründung und für unbegrenzte Zeit. Nur wenige davon wurden wieder aufgehoben.
Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Australien auf Platz 28 von 180 Ländern.
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