Deutschland
17.12.2008
Einigung über BKA-Gesetz im Vermittlungsausschuss: Pressefreiheit weiter bedroht
Reporter ohne Grenzen (ROG) sieht in dem heute im Vermittlungsausschuss durchgesetzten BKA-Gesetz weiterhin eine Gefahr für die Pressefreiheit. „Unsere Kritik an dem Gesetz bleibt nach den beschlossenen Änderungen des BKA-Gesetzes bestehen: Für Journalisten gibt es keinen ausreichenden Schutz mehr vor heimlicher Überwachung, vor Durchsuchungsaktionen und vor Forderungen, ihr Recherchematerial herauszugeben“, kritisiert ROG-Geschäftsführerin Elke Schäfter.
Es sei zwar zu begrüßen, dass für Online-Durchsuchungen nun grundsätzlich die Erlaubnis eines Richters nötig seien. Aber nach wie vor könne das BKA die E-Mail- und Telefonkommunikation von Journalisten überwachen und Computer-Durchsuchungen durchführen. Zudem könnten die Ermittler von Journalisten verlangen, ihre Recherchen und Quellen offen zu legen.
„Tragende Säulen der Pressefreiheit, das Zeugnisverweigerungsrecht sowie der Informantenschutz, werden geschwächt. Grundfreiheiten dürfen nicht im Namen der Terrorabwehr ausgehöhlt werden. Der Bundesrat sollte dem Gesetz seine Zustimmung ein weiteres Mal verweigern“, appelliert die ROG-Geschäftsführerin an die Mitglieder des Bundesrates.
Informanten müssen sich vertraulich an Journalisten wenden dürfen – ohne zu fürchten, dass die von ihnen überbrachten Informationen in die Hände von BKA-Fahndern geraten. Nur so sind Journalisten in der Lage, investigativ zu recherchieren und über Missstände zu berichten.
ROG fordert, die Einschränkung des Zeugnisverweigerungsrechts bei Journalisten, Ärzten und Rechtsanwälten wieder aufzuheben. Diese Berufsgruppen müssen genau wie Seelsorger, Strafverteidiger und Abgeordnete grundsätzlich vor den Ermittlungsmaßnahmen des BKA geschützt werden. Die Aufteilung der Berufsgeheimnisträger in zwei Gruppen, wie sie seit Beginn des Jahres in § 160a in der Strafprozessordnung vorgesehen ist, muss aufgehoben werden.
Weitere Informationen
Anja Viohl, Reporter ohne Grenzen
Tel.: 030 615 85 85
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Pressemitteilung vom 10.11.2008
Das BKA-Gesetz im Bundestag: Pressefreiheit bedroht
Reporter ohne Grenzen (ROG) warnt vor den Folgen für die Pressefreiheit, wenn das BKA-Gesetz in der derzeitigen Fassung am Mittwoch im Bundestag beschlossen wird. „Der Entwurf des „Gesetzes zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalamt“ beschneidet das Recht von Journalistinnen und Journalisten, vertraulich zu recherchieren. Grundprinzipien der Pressefreiheit, der Informantenschutz und das Redaktionsgeheimnis, sind gefährdet“, sagt Elke Schäfter, ROG-Geschäftsführerin.
Auf der Grundlage des Gesetzesentwurfs könnten die E-Mail-Kommunikation von Journalistinnen und Journalisten überwacht, Telefonate abgehört und Online-Durchsuchungen angeordnet werden. Zudem kann das BKA von Medienmitarbeitern verlangen, ihr Recherchematerial herauszugeben – notfalls unter Androhung von Zwangsgeld, Beugehaft und Durchsuchung der Redaktionsräume.
„Die Regelung schränkt das bisherige Zeugnisverweigerungsrecht von Journalistinnen und Journalisten ein und hebelt den Informantenschutz aus: Medienmitarbeiter dürfen nicht gezwungen werden, ihre Recherchen und ihre Quellen offen zu legen. Der Schutz von Informanten gehört zu den Voraussetzungen für einen kritischen, investigativen Journalismus. Er ist in dem geplanten Gesetz nicht mehr garantiert“, kritisiert die ROG-Geschäftsführerin.
Insbesondere § 20u des Gesetzesentwurfs, der den „Schutz zeugnisverweigerungsberechtigter Personen“ regelt, sei fragwürdig. Journalistinnen und Journalisten sollten genau wie Seelsorger, Strafverteidiger und Abgeordnete nach § 20 Abs. 1 von Ermittlungsmaßnahmen ausgenommen werden können. Sie müssten denselben Schutz wie die genannten Gruppen von Berufsgeheimnisträgern genießen, fordert ROG. Die seit Beginn des Jahres in § 160a der Strafprozessordnung (StPO) festgeschriebene Einteilung der Berufsgeheimnisträger in zwei Klassen muss wieder aufgehoben werden.
Die Ermittlungen könnten zwar nach § 20u Abs. 2 nach einer Verhältnismäßigkeitsprüfung im Einzelfall unterlassen oder beschränkt werden. Die Beurteilung übernimmt dabei allerdings das BKA selbst. Die Kriterien – das „öffentliche Interesse“ an den von der konkreten Person wahrgenommenen Aufgaben sowie das „Interesse an der Geheimhaltung der anvertrauten Tatsachen“ – sind so weit gefasst, dass bei einer Abwägung die journalistischen Interessen leicht den Ermittlungsabsichten des BKA unterliegen könnten. Das gilt insbesondere für Fälle, in denen Journalisten zum Thema Terrorismus recherchieren.
In der aktuellen „Rangliste der Pressefreiheit 2008“ von ROG steht Deutschland auf Rang 20. Negativ ins Gewicht bei der Bewertung der Lage der Medienfreiheit fiel unter anderem der Entwurf des BKA-Gesetzes. ROG appelliert an den Deutschen Bundestag, dem Gesetz die Zustimmung zu verweigern. „Wenn der Bundestag der Novelle zustimmt, wäre das ein falsches Signal: Statt sich als Vorreiter für ein unbeschränktes Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit zu präsentieren, höhlt die Regierung Grundfreiheiten im Namen der Terrorabwehr aus“, erklärt Elke Schäfter.
Weitere Informationen:
Anja Viohl, Reporter ohne Grenzen
Tel.: 030 615 85 85
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