El Salvador
19.10.2020
Unabhängige Medien zunehmend in Gefahr
Reporter ohne Grenzen (RSF) fordert die Regierung von El Salvador auf, freie Berichterstattung zu gewährleisten. Die Arbeitsatmosphäre für Journalistinnen und Journalisten ist zunehmend aggressiv. Vor allem der salvadorianische Präsident Nayib Bukele übt verstärkt Druck auf unabhängige und regierungskritische Medien aus.
„Die wiederholten Drohungen und Angriffe auf unabhängige Medienschaffende durch Präsident Bukele zeigen, dass sein Regierungsstil auf besorgniserregende Weise zunehmend autoritäre Züge aufweist“, sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. „Der Versuch, die freie Presse als Feind des Volkes zu diffamieren, macht journalistische Arbeit und damit auch die Aufklärung über Gewalt und Korruption in El Salvador beinahe unmöglich. Präsident Bukele muss sich zurücknehmen und es Journalistinnen und Journalisten ermöglichen, ihre Arbeit zu machen, anstatt Misstrauen in ihre Arbeit zu säen.“
Regierung versucht wichtigste Online-Zeitung ruhig zu stellen
Zuletzt beschuldigte Präsident Bukele die Online-Medien El Faro, Revista Factum und Gato Encerrado sowie die Zeitung La Prensa Gráfica und El Diario de Hoy in einer über Facebook live ausgestrahlten Pressekonferenz der Verbreitung von Falschinformationen. Er warf ihnen vor, die Regierung anzugreifen und eine gemeinsame politische Kampagne im Vorfeld der Parlamentswahlen 2021 zu fahren. Dabei hat er insbesondere die größte Online-Zeitung El Salvadors und eins der renommiertesten Investigativmedien Lateinamerikas, El Faro, im Visier.
El Faro hatte Anfang September über Verhandlungen zwischen der Regierung und der kriminellen Bande Mara Salvatrucha (M-13) berichtet, die mit ihren rund 17.000 Mitgliedern in vielen Teilen Mittel- und Nordamerikas aktiv ist. Die Regierung habe der Vereinigung bessere Haftbedingungen für ihre Mitglieder angeboten, wenn die Zahl der Morde im Land zurückgehe und die Partei des Präsidenten, Nuevas Ideas, mehr Stimmen bei der Parlamentswahl bekomme. Auch wenn der Präsident diese Vorgänge bestreitet, leitete ein Gericht am 7. September Ermittlungen ein.
Präsident Bukele verkündete daraufhin, dass gegen El Faro wegen Geldwäsche ermittelt werde. Für diesen Vorwurf legte er jedoch keinerlei Beweise vor. El Faro erklärte, von solchen Ermittlungen nichts zu wissen. Zusätzlich musste sich El Faro auch noch einer Prüfung des Finanzamtes unterziehen, die nach Angaben des Chefredakteur der Online-Zeitung, José Luis Sanz, von vielen Unregelmäßigkeiten geprägt war.
Die Regierung muss sich aus der Medienlandschaft zurückziehen
Neben den wichtigsten regierungskritischen Medien ist auch die Journalistenvereinigung El Salvadors APES Opfer zahlreicher Angriffe durch den Präsidenten und seine Anhängerschaft geworden. Seit Anfang des Jahres nehmen diese vor allem in den sozialen Netzwerken rasant zu. In diesem zunehmend angespannten Klima kündigte Präsident Bukele am 30. September auf seinem Twitter-Kanal an, dass die Regierung eine neue TV-Nachrichtensendung mit dem Titel El Salvador produzieren würde. Die Sendung wurde erstmals am 5. Oktober im staatlichen Fernsehsender Canal 10 ausgestrahlt und wurde sogar vom Präsidenten persönlich auf seinem offiziellen Twitter-Account beworben.
Denn obwohl sich Präsident Bukele offiziell der Pressefreiheit verpflichtet hat, bezieht er immer wieder öffentlich Position gegen die freien Medien im Land und versucht, ihre Glaubwürdigkeit mit verschiedensten Taktiken zu unterminieren. Dies war auch die Ursache für die erschwerte Berichterstattung zu Beginn der Corona-Pandemie.
Auf der Rangliste der Pressefreiheit liegt El Salvador auf Platz 74 von 180 Ländern.
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