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Eritrea

Rangliste der Pressefreiheit — Platz 180 von 180
International 12.02.2014

Reporter ohne Grenzen veröffentlicht aktuelle Rangliste der Pressefreiheit

Reporter ohne Grenzen (ROG) veröffentlicht heute die aktuelle Rangliste der Pressefreiheit. Sie zeigt, wie stark die Dominanz der Sicherheitsbehörden die Arbeit von Journalisten in vielen Ländern erschwert. Besonders besorgniserregend ist, dass diese Entwicklung sogar traditionelle Demokratien erfasst hat.

„Selbst Staaten wie die USA und Großbritannien rücken investigative Journalisten und ihre Hinweisgeber mittlerweile in die Nähe des Terrorismus“, kritisierte ROG-Vorstandssprecher Michael Rediske in Berlin. „Dass Länder mit einer langen Tradition freier Medien in ähnliche Sicherheitsreflexe verfallen wie Diktaturen, ist unerträglich. Das macht nicht zuletzt all jenen kritischen Journalisten das Leben schwer, die in autoritären Staaten ihre Freiheit und Gesundheit aufs Spiel setzen.“

Die ROG-Rangliste der Pressefreiheit vergleicht die Situation der Medien in 180 Staaten und Regionen für den Zeitraum von Dezember 2012 bis Mitte Oktober 2013. An der Spitze der Rangliste stehen west- und nordeuropäische Länder, Schlusslichter sind wie seit Jahren Eritrea, Nordkorea und Turkmenistan. Eine detaillierte Darstellung der Lage der Pressefreiheit in Deutschland, Überblicksdarstellungen zur Entwicklung in den verschiedenen Weltregionen sowie weitere Informationen zur Rangliste der Pressefreiheit finden als Link am Ende dieser Pressemitteilung.

Einschränkungen im Zeichen der Nationalen Sicherheit In den USA (Platz 46, 13 Plätze niedriger als im Vorjahr) hat die staatliche Verfolgung von investigativen Journalisten und ihren Hinweisgebern aus den Sicherheitsbehörden ein nie gekanntes Ausmaß erreicht. Die 35-jährige Haftstrafe für Bradley/Chelsea Manning und die Jagd auf den NSA-Whistleblower Edward Snowden sollen Nachahmer offenkundig davon abschrecken, Journalisten brisante Informationen über Fehlverhalten von Regierung und Behörden zuzuspielen. Die Ausforschung von Telefonanschlüssen der Nachrichtenagentur Associated Press passt in dieses Muster, ebenso die Entscheidung eines Gerichts, dem New-York-Times-Reporter James Risen das Recht auf Aussageverweigerung im Prozess gegen einen mutmaßlichen Informanten abzusprechen. Dem freien Journalisten Barrett Brown droht eine Haftstrafe von bis zu 105 Jahren, weil er im Zuge einer Recherche einen Link zu gehackten E-Mails einer Sicherheitsfirma in einem Chatforum veröffentlichte.

GROSSBRITANNIEN (Platz 33, -3 Plätze) setzte die Zeitung The Guardian wegen ihrer Veröffentlichungen zu den Recherchen Snowdens unter massiven Druck und zwang die Redaktion, Festplatten mit Informationen des Whistleblowers zu zerstören. Um sich vor gerichtlichen Schritten der Regierung gegen weitere Enthüllungen zu schützen, schloss das Blatt eigens eine Kooperation mit der New York Times. Unter Berufung auf ein Anti-Terror-Gesetz verhörten Ermittler an einem Londoner Flughafen mehrere Stunden den Lebenspartner des Enthüllungsjournalisten Glenn Greenwald. Dabei beschlagnahmten sie Datenträger mit verschlüsselten Informationen einer Recherchepartnerin Greenwalds.  

JAPAN (Platz 59, -5) verabschiedete mit Verweis auf den Schutz der nationalen Sicherheit ein Gesetz gegen den Verrat von „Staatsgeheimnissen“, das die Höchststrafe für Whistleblower von einem Jahr auf zehn Jahre Haft heraufsetzt. Vor allem freie Journalisten, die über die Folgen der Atomkatastrophe von Fukushima berichteten, sahen sich weiter Behinderungen ihrer Arbeit und juristischen Schikanen ausgesetzt.


Prressefreiheit in Europa Innerhalb Europas nimmt DEUTSCHLAND (Platz 14, +3) weiterhin eine Position im oberen Mittelfeld ein. Auch hierzulande wurde 2013 verstärkt sichtbar, wie sehr Journalisten im Visier in- und ausländischer Sicherheitsbehörden stehen. In einem Fall versuchte die CIA, Informationen über einen deutschen Reporter beim Bundesverfassungsschutz abzufragen; ein anderes Beispiel war die jahrelange Überwachung mehrerer Journalisten durch den niedersächsischen Verfassungsschutz. Wiederholt beschlagnahmten Ermittler Recherchematerial oder forschten gezielt nach Medienkontakten. Bedenklich ist die Neuregelung der Bestandsdatenauskunft.  Auch gelangt die Presse oft nur schwer an Behördenauskünfte. Mehrfach erhielten Journalisten Drohungen von Neonazis, Salafisten oder aus dem Umfeld von Kriminellen. Durch Schließungen, Übernahmen und Zusammenlegungen von Redaktionen sinkt die Vielfalt der Presse weiter.  

Massiv verschlechtert hat sich die Situation der Medien in GRIECHENLAND (Platz 99, -14), das binnen fünf Jahren um 50 Plätze in der Rangliste abgerutscht ist. Im Zeichen der Sparpolitik schloss Ministerpräsident Antonis Samaras im Juni in einer  einsamen Entscheidung die staatliche Rundfunkanstalt ERT mit ihren vier Fernseh- und fünf Radiosendern. Die angekündigte Nachfolgeanstalt soll nur mit einer Minimalbesetzung an Personal ausgestattet werden. Mitglieder und Anhänger der rechtsextremen Partei „Goldene Morgenröte“ bedrohen und verprügeln regelmäßig Journalisten, Morddrohungen werden immer häufiger.

Auch in UNGARN (Platz 64, -7) verschlechterte sich die Lage weiter. Um kritische Behördenanfragen nicht zuletzt investigativer Journalisten zu verhindern, wurde dort das Recht auf Informationsfreiheit beschnitten. Im November erhöhte das Parlament die Strafe für Herstellung und Verbreitung mutmaßlich verleumderischer Ton- und Bildaufnahmen auf bis zu drei Jahre Haft. Nach zweieinhalbjährigem Kampf gegen Behördenwillkür erhielt das unabhängige Budapester Klubradio im März 2013 endlich eine mehrjährige Lizenz.

Am schlechtesten innerhalb der EU schneidet BULGARIEN (Platz 100, -12) ab, wo bei regierungskritischen Demonstrationen regelmäßig Journalisten Ziel von Polizeigewalt waren und unabhängige Journalisten mit Schikanen rechnen müssen.

In der TÜRKEI (Platz 154, +1) wurden bei den regierungskritischen Gezi-Protesten von Mai bis September 153 Journalisten verletzt und 39 vorübergehend festgenommen. Zugleich offenbarten die Proteste ein Klima der Selbstzensur, das durch wirtschaftliche und politische Interessen wichtiger Medieneigentümer begünstigt wird. Mindestens 14 Journalisten wurden infolge der Proteste entlassen, 22 gingen von sich aus. Zehntausende Internetseiten sind gesperrt; nach den Protesten kündigte die Regierung Erdogan weitere Einschränkungen an. Ende des Jahres saßen rund
60 Journalisten in türkischen Gefängnissen, die meisten wegen ihrer Arbeit für pro-kurdische Medien oder wegen angeblicher Verbindungen zu Geheimorganisationen. In unterschiedlichen Prozessen wurden mehrere zu langjähriger Haft verurteilt.

In RUSSLAND (Platz 148, +1) haben mehrere repressive Gesetze die Medienfreiheit weiter eingeschränkt. Seit 2013 ist es verboten, in den Medien Schimpfwörter zu benutzen, religiöse Werte zu beleidigen oder für „nichttraditionelle sexuelle Beziehungen“ zu werben. Immer wieder werden Journalisten unter dubiosen Vorwürfen strafverfolgt. Das Fernsehen ist fast flächendeckend staatlich kontrolliert, und rechtzeitig vor den Olympischen Winterspielen in Sotschi verlor die unabhängige Nachrichtenagentur Rosbalt ihre Lizenz. Vor allem im Nordkaukasus werden immer wieder Journalisten ermordet; die Täter bleiben generell unbestraft.

In der UKRAINE (Platz 127, unverändert) führten Eigentümerwechsel bei wichtigen Fernsehsendern zu abrupten Änderungen der redaktionellen Linie. Die einflussreichsten Medien des Landes gehören Politikern oder Geschäftsleuten und berichten kaum ausgewogen. Bei den im Dezember begonnenen Massenprotesten wurden allein bis Jahresende Dutzende Journalisten angegriffen. Diese Zahlen sind nicht mehr in die aktuelle Rangliste eingegangen, dürften aber die Platzierung der Ukraine im kommenden Jahr verschlechtern. In BELARUS (Platz 157, +1) verlor einer der führenden unabhängigen Verlage seine Lizenz. In GEORGIEN (Platz 84, +17) war die Präsidentenwahl im Oktober 2013 von weniger Gewalt als die Parlamentswahl im Vorjahr begleitet. Nach dem Regierungswechsel sank der politische Einfluss auf wichtige Medien.

In MONTENEGRO (Platz 114, unverändert) sind Anschläge auf unabhängige Journalisten häufig. Die Regierung ist für Hass- und Verleumdungskampagnen gegen sie verantwortlich. In MAZEDONIEN (PLATZ 123, -6) wurde die viereinhalbjährige Haftstrafe für einen Journalisten wegen der vermeintlichen Aufdeckung eines geschützten Zeugen erst auf internationalen Druck in Hausarrest umgewandelt.


Naher Osten und Nordafrika Drei Jahre nach Beginn des Arabischen Frühlings sind in ÄGYPTEN (Platz 159, unverändert) keinerlei Fortschritte für die Pressefreiheit  erkennbar. Unter dem bis zur Jahresmitte amtierenden Präsidenten Mohammed Mursi versuchte die Muslimbruderschaft, die staatlichen Medien unter ihre Kontrolle zu bringen. Zugleich häuften sich Klagen und Prozesse gegen Journalisten. Seit Mursis Sturz durch das Militär betreibt die Regierung eine systematische Hexenjagd gegen Muslimbrüder und deren angebliche Sympathisanten in den Medien. Allein in der zweiten Jahreshälfte wurden fünf Journalisten getötet und rund 80 willkürlich festgenommen, darunter einige von Demonstranten. Willkürliche Verhaftungen und Folter von Berichterstattern sind an der Tagesordnung.

In SYRIEN (Platz 177, unverändert) verschlechterte sich die Sicherheitslage für Journalisten weiter. Neben die Sicherheitskräfte des Assad-Regimes traten als zusätzliche Bedrohung dschihadistische Gruppen wie die Al-Nusra-Front und der Islamische Staat im Irak und der Levante (ISIS). Sie verübten zahlreiche Anschläge auf Redaktionen und verbreiteten mit Entführungen ein Klima der Angst unter Journalisten.

TUNESIEN (Platz 133, +6) hat zwar Fortschritte bei der Schaffung guter Rahmenbedingungen für unabhängige Medien gemacht, doch in der Praxis nimmt auch die aktuelle Regierung massiven Einfluss auf Personalentscheidungen im Staatsrundfunk. In LIBYEN (Platz 137, -5) schaffen Festnahmen, Einschüchterung und Folter diverser Milizen von Neuem ein Klima der Selbstzensur. Im IRAK (Platz 153, -2) sind in den letzten drei Monaten des Jahres zehn Journalisten ermordet worden; die Behörden unternehmen kaum etwas zum Schutz bedrohter Medienschaffender oder zur Aufklärung der Taten.  KUWAIT (Platz 91, -13) machte mit Haftstrafen für Majestätsbeleidigung von sich reden – und mit einem Gesetz, das die Strafen für solche Delikte drastisch erhöht hätte.

Im IRAN (Platz 173, +2) lässt die versprochene Öffnung unter dem neuen Präsidenten Hassan Rohani auf sich warten. Zum Jahresende waren 50 Journalisten und Blogger in Haft. Die unverminderte Zensur zielt besonders auf Themen wie  das Atomprogramm und Irans Unterstützung für die Regierung  Syriens. ISRAEL (Platz 96, +17) hat seine Platzierung in der Rangliste normalisiert, nachdem es im Vorjahr wegen gezielter Angriffe auf Medien im Gaza-Krieg von November 2012 merklich abgerutscht war.


Asien In CHINA (Platz 175, -1) werden auch unter dem neuen Staats- und Parteichef Xi Jinping besonders Blogger und Internet-Aktivisten verfolgt. Mindestens 70 von ihnen sitzen im Gefängnis, ebenso 30 Journalisten. Jegliche politische Berichterstattung wird streng kontrolliert, besonders heikle Themen wie Enthüllungen über die Reichtümer der politischen Elite werden komplett unterdrückt. Neue Gesetze schränken die zuvor überraschend freie Kommunikation bei den Weibo-Mikroblogs massiv ein. Die Visavergabe für ausländische Journalisten wurde benutzt, um internationale Medien wie die New York Times und Bloomberg für kritische Artikel zu „bestrafen“.

Auch in VIETNAM (Platz 174, -1) sitzen mehr als 30 Blogger im Gefängnis. Ein neues Gesetz verbietet die Verbreitung von Nachrichten auf Blogs und in sozialen Netzwerken. INDIEN (Platz 140, +1) wurde im vergangenen Jahr zum gefährlichsten Land in Asien für Medienschaffende; acht Journalisten und ein Zeitungsangestellter wurden dort wegen ihrer Arbeit getötet. In PAKISTAN (Platz 158, +2) starben sieben Journalisten; neben Taliban und anderen bewaffneten Gruppen bedeuten dort auch die übermächtigen Geheimdienste eine akute Gefahr.


Lateinamerika In PARAGUAY (Platz 105, -13) steigt nach dem Putsch von 2012 weiter der Druck zur Selbstzensur. Verbrecherbanden und ihr Einfluss auf den Staatsapparat erschweren die Arbeit von Journalisten auch in BRASILIEN (Platz 111, -2). Dort kommt das verbreitete Phänomen mächtiger Regionalpolitiker hinzu, die zugleich wichtige Geschäfte und Medien kontrollieren. Ein Jahr vor der Fußball-WM wurden bei den Protesten im Sommer 2013 rund 100 Journalisten Opfer von Gewalt; zwei Drittel der Vorfälle werden der Polizei zugeschrieben.

Auch in vielen anderen Ländern des Kontinents ist die Medienkonzentration als Relikt der Zeit der Militärdiktaturen hoch und bleibt ein politisch umstrittenes Thema. 2013 folgte ECUADOR (Platz 95, +25) – wie zuvor schon BOLIVIEN (Platz 94, +16) – dem Vorbild ARGENTINIENS (Platz 55, unverändert) und verabschiedete ein Gesetz, das über eine faire Neuverteilung der Radiofrequenzen zwischen öffentlichen, kommerziellen und nichtkommerziellen Sendern mehr Pluralismus sicherstellen soll. Dies birgt jedoch auch die Gefahr einer politisch einseitigen Frequenzvergabe. Zudem definiert das neue ecuadorianische Gesetz ein Recht auf „verifizierte, ausgewogene, präzise und kontextualisierte“  Information über Angelegenheiten von öffentlichem Interesse und droht damit, sich als Einfallstor für Zensur zu erweisen.


Afrika In KENIA (Platz 90, -18) beschloss das Parlament ein Gesetz, das die Schaffung eines von der Regierung eingesetzten Mediengerichts mit weitreichenden Sanktionsbefugnissen vorsah.  Auch BURUNDI (Platz 142, -9) gab sich ein äußerst repressives Mediengesetz, das Haftstrafen für eine große Zahl vage definierter Vergehen vorsieht.  

In MALI (Platz 122, -22) hinderten während der französischen Militärintervention heimische wie auch französische Soldaten Reporter daran, aus den Kampfgebieten zu berichten. Im Herbst warf der Mord an zwei französischen Journalisten ein Schlaglicht auf die nach wie vor äußerst gefährliche Situation in Teilen des Nordens. In SOMALIA (Platz 176, unverändert) starben vergangenes Jahr sieben Journalisten wegen ihrer Arbeit. Vermutlich wurden alle von der islamistischen Schabab-Miliz ermordet. In der Hauptstadt Mogadischu ist die Lage so gefährlich, dass manche Journalisten in ihren Redaktionsräumen wohnen, um unnötige Wege zu vermeiden. Die Behörden drangsalieren dort unabhängige Medien wie den Sender Radio Shabelle.


Wichtige auf- und Absteiger

Kein anderes Land hat seine Platzierung so stark verschlechtert wie die ZENTRALAFRIKANISCHE REPUBLIK (Platz 109, -43). Dort werden Drohungen und Angriffe gegen Journalisten und Medien seit dem Putsch im März 2013 immer häufiger; viele Zeitungen haben sich ihrerseits in eines der politischen Lager geschlagen. In GUATEMALA (125, -29) verdoppelte sich die Zahl der Angriffe auf Journalisten; vier Berichterstatter wurden ermordet.

Größter Aufsteiger der diesjährigen Rangliste ist – zusammen mit ECUADOR – PANAMA (Platz 87, +25), wo Gewalt gegen Journalisten, direkte Zensur und willfährige Justiz rückläufig sind. Das erstmals in die Liste aufgenommene mittelamerikanische BELIZE ist mit Rang 29 eines der bestplatzierten Länder der Region: Seine Medienlandschaft ist lebendig, wenngleich es Probleme wie gelegentliche hohe Schadensersatzklagen gibt.


Spitzenreiter und Schlusslichter

FINNLAND, die NIEDERLANDE und NORWEGEN haben sich als weltweitend führend beim Schutz der Pressefreiheit behauptet. Dazu tragen liberale Regelungen über den Zugang zu Behördeninformationen sowie der Schutz journalistischer Quellen bei. In Finnland haben die Bürger seit 2010 sogar ein einklagbares Recht auf eine bezahlbare Breitbandverbindung. Am Ende der Rangliste halten sich unverändert ERITREA, NORDKOREA und TURKMENISTAN – Diktaturen, die die Medien vollständig kontrollieren.



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