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Georgien

Rangliste der Pressefreiheit — Platz 103 von 180
Georgien 17.05.2024

Mit der Spezialeinheit gegen Medienschaffende

Mehrere behelmte Polizeikräfte mit Schilden stehen in Formation.
Polizeieinheiten in Tiflis bei einer Demonstration gegen die Gesetzugebung am 14.05.2024 © picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Zurab Tsertsvadze

Schläge ins Gesicht, eine gebrochene Nase und Pfefferspray: Seit Beginn der Massenproteste gegen das georgische Agentengesetz haben Sicherheitskräfte mindestens 15 Journalistinnen und Journalisten an der Berichterstattung gehindert.

„Das brutale Vorgehen der georgischen Polizei gegen die Medienschaffenden ist extrem besorgniserregend“, sagt Anja Osterhaus, Geschäftsführerin von Reporter ohne Grenzen (RSF). „Die Behörden müssen umgehend Ermittlungen einleiten und die Verantwortlichen vor Gericht stellen. Die Proteste richten sich gegen ein Gesetz, dass die Meinungs- und Pressefreiheit in Georgien deutlich einschränken wird. Darum  fordern wir eine Rücknahme des Agenten-Gesetzes!“

Schläge, Tritte, Schlagstockhiebe

Für die brutalsten Übergriffe auf Berichterstattende sorgte eine Polizeieinheit unter dem Kommando von Zwiad Kharazschwili, dem Leiter einer Abteilung für Spezialaufgaben des Innenministeriums. Der Beamte ist berüchtigt für Angriffe auf Gegner der Regierungspartei Georgischer Traum. Während eines Einsatzes gegen Demonstrierende in der Nacht auf den 17. April attackierten Kharazschwilis Beamte mindestens vier Medienschaffende.

Zu den Opfern gehörte Alexander Keschelaschwili vom unabhängigen Onlinemedium Publika. Der Reporter filmte das Durchgreifen der Polizei, als zwei Beamte auf ihn zustürmten, gegen eine Wand drückten und ins Gesicht schlugen. Auch Georgi Badridze von der Nachrichtenseite Tabula hatte die gewalttätigen Szenen gefilmt. Dann wurde dem Journalisten sein Handy entrissen. Drei Beamte stießen ihn zu Boden, zerrten ihn über den Asphalt und traten auf seine Beine ein. Er erlitt Kratzer und leichte Prellungen. Ähnlich erging es Giorgi Baskhajauri von der Nachrichtenseite Aprili. Polizisten schlugen und traten gegen den Kopf des auf der Straße liegenden Berichterstatters. Dabei wurde seine Nase gebrochen. Der freie aserbaidschanische Journalist Nurlan Gahramanli erhielt Schlagstockhiebe auf die Nase und Schläge ins Gesicht. Er erlitt Schwellungen, Prellungen und Kratzer.

Reizgas gegen Journalisten

Um die Berichterstattung über die Proteste zu behindern, wurde zudem Pfefferspray gegen mindestens drei Reporter eingesetzt. Betroffen waren zwischen dem 28. April und 1. Mai der Journalist Niko Kokaia vom unabhängigen Kanal TV Pirveli, der Reporter Robi Zaridze der investigativen Nachrichtenseite Ifact.ge und der Berichterstatter Giga Gelkhvidze, welcher für das Nachrichtenportal Cnews.ge tätig ist. In derselben Zeitspanne hinderten Beamte die beiden Reporterinnen Lika Zakashvili und Mamuka Mgaloblishvili von Publika und die Medienschaffenden Nanuka Kajaia und Davit Beradze von TV Pirveli an Aufnahmen der Proteste.

Die Behörden setzten zudem auf Drohungen und Einschüchterung: So wurden beispielsweise die Türen der Redaktion des Investigativmediums Monitori mit einem Bild von dessen Mitarbeiterin Nino Zuriaschwili beklebt. Das Poster verunglimpfte die Journalistin als angebliche ausländische Agentin und beschuldigte sie des Verrats. Darüber hinaus erhielt sie anonyme Drohanrufe. Von solchen Telefonaten berichtete auch Natia Kupraschwili, die Geschäftsführerin der Allianz der regionalen Sendeanstalten und weitere Journalistinnen und Journalisten.

Ein Gesetz nach russischem Vorbild

Das georgische Parlament verabschiedete das Gesetz über die „Transparenz ausländischen Einflusses“ am 14. Mai in letzter Lesung. Es ist an die russischen Agentengesetze angelehnt und zielt auf eine strikte Kontrolle von Zivilgesellschaft und unabhängigen Medien. Das Gesetz verpflichtet Nichtregierungsorganisationen und Medien, die mehr als 20 Prozent ihrer Mittel aus dem Ausland erhalten, sich als „Vertreter der Interessen einer ausländischen Macht“ staatlich registrieren zu lassen. Außerdem müssen sie einen jährlichen Bericht über ihre Finanzen vorlegen. Wird die Registrierung verweigert oder falsche Angaben gemacht, drohen Geldstrafen bis zu umgerechnet 9.300 Euro.

Die Regierungspartei Georgischer Traum war im März 2023 mit einer ersten Version des Gesetzes an mehrtägigen Massenprotesten gescheitert. In dieser war in direkter Anlehnung an das russische Vorbild noch von „ausländischen Agenten“ die Rede.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit liegt Georgien auf Platz 103 von 180 Staaten.



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