Hongkong
16.05.2023
Medien weltweit fordern Freiheit für Jimmy Lai
Mehr als 100 prominente Chefredakteure, Verlegerinnen und leitende Redakteure aus der ganzen Welt fordern gemeinsam mit Reporter ohne Grenzen (RSF) die sofortige Freilassung des Hongkonger Verlegers Jimmy Lai. In einer beispiellosen Erklärung zeigen sie sich solidarisch mit dem seit 2020 inhaftierten Gründer der eingestellten Tageszeitung Apple Daily. Zu den 116 Unterzeichnenden aus 42 Ländern zählen auch die mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten Dmitri Muratow und Maria Ressa.
Initiiert und koordiniert wurde der Aufruf von RSF. Der Appell soll auch auf die Lage der Pressefreiheit allgemein in der chinesischen Sonderveraltungszone aufmerksam machen, die sich in den vergangenen Jahren dramatisch verschlechtert hat. Besonders das 2020 von der Regierung in Peking verabschiedete nationale Sicherheitsgesetz dient häufig als Vorwand, um Journalistinnen und Journalisten zu verfolgen.
Der 75 Jahre alte Jimmy Lai ist zu einem Symbol im Kampf für Pressefreiheit in Hongkong und weltweit geworden. Lai, der auch Träger des RSF Press Freedom Award ist, hat sich 25 Jahre lang mit seinem unabhängigen Medienunternehmen Apple Daily für die Wahrung der Meinungs- und Pressefreiheit in Hongkong eingesetzt. Seit Dezember 2020 ist er in einem Hochsicherheitsgefängnis inhaftiert, eine Freilassung gegen Kaution wurde ihm wiederholt verweigert. Er wurde bereits wegen der Teilnahme an „unerlaubten“ prodemokratischen Protesten und wegen Betrugsvorwürfen zu Haftstrafen verurteilt. Am besorgniserregendsten aber ist, dass ihm nun eine lebenslange Haftstrafe auf Grundlage des drakonischen Sicherheitsgesetzes droht. Der Prozess soll am 25. September beginnen.
„Zusammen mit Reporter ohne Grenzen stehen wir an der Seite von Jimmy Lai. Wir glauben, dass er ins Visier der Behörden geraten ist, weil er unabhängige Recherchen veröffentlicht hat. Wir fordern die sofortige Freilassung von Jimmy Lai. Wir fordern, dass die gegen ihn im Zusammenhang mit dem ‚Sicherheitsgesetz‘ erhobenen Vorwürfe fallengelassen und die Urteile in anderen Anklagepunkten aufgehoben werden“, erklären die Unterzeichnenden. Sie fordern zugleich die Freilassung aller 13 derzeit in Hongkong inhaftierten Medienschaffenden sowie die Einstellung aller aktuell erhobenen Anklagen gegen 28 Journalistinnen und Journalisten, gegen die in den vergangenen drei Jahren das nationale Sicherheitsgesetz sowie andere Gesetze angewandt wurden.
Zu den Unterzeichnenden gehören der Friedensnobelpreisträger von 2021 Dmitri Muratow (Nowaja Gaseta), die Friedensnobelpreisträgerin von 2021 Maria Ressa (Rappler, Philippinen); Chefredakteur Wolfgang Krach und Chefredakteurin Judith Wittwer (Süddeutsche Zeitung), Chefredakteurin Ulrike Winkelmann (taz) und Chefredakteurin Jennifer Wilton (Die Welt) aus Deutschland; der Herausgeber der New York Times A. G. Sulzberger, Herausgeber der Washington Post Fred Ryan und Politico-Geschäftsführerin Goli Sheikholeslami sowie Chefredakteur Matthew Kaminski (USA); Chefredakteurinnen und -redakteure einer Vielzahl großer britischer Zeitungen, darunter Chris Evans (The Telegraph), Tony Gallagher (The Times), Victoria Newton (The Sun), Alison Philipps (The Daily Mirror) Ted Verity (Mail-Zeitungen) und Katharine Viner (The Guardian); die Chefredakteure von Libération Dov Alfon, von L’Express Éric Chol und von Le Monde Jérôme Fenoglio; der Chefredakteur von Expressen Klas Granström (Schweden) und viele mehr.
„Wir haben diese starken Stimmen zusammengebracht, um zu zeigen, dass die internationale Mediengemeinschaft es nicht hinnimmt, wenn einer ihrer Kollegen zu Unrecht verfolgt wird. Jimmy Lai und alle anderen in Hongkong inhaftierten Medienschaffenden müssen umgehend freigelassen werden. Die Verantwortlichen müssen dringend gegensteuern, um die schweren Schäden zu beheben, die der Pressefreiheit in Hongkong in den vergangenen drei Jahren zugefügt wurden“, sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr.
„Hongkong ist eine Stadt, die von der Angst umklammert wird. Wer die Behörden kritisiert, wird bedroht, strafrechtlich verfolgt und eingesperrt“, sagte Sebastien Lai, der Sohn von Jimmy Lai. „Mein Vater sitzt seit 2020 im Gefängnis, weil er sich gegen die Macht der Kommunistischen Partei Chinas ausgesprochen hat. Weil er für das eingetreten ist, woran er glaubt. Es ist zutiefst bewegend zu sehen, dass sich jetzt so viele starke Stimmen – Nobelpreistragende und viele der führenden Zeitungen und Medienorganisationen auf der ganzen Welt – für ihn aussprechen.“
In den vergangenen drei Jahren hat China das nationale Sicherheitsgesetz und andere Gesetze als Vorwand genutzt, um mindestens 28 Journalisten und Verteidigerinnen der Pressefreiheit in Hongkong strafrechtlich zu verfolgen. 13 von ihnen befinden sich nach wie vor in Haft, neben Lai sechs Mitarbeitende von Apple Daily. Die Zeitung wurde 2021 gezwungen, den Betrieb einzustellen – ein Schritt, der als Nagel im Sarg der Pressefreiheit in Hongkong angesehen wurde.
Den vollständigen Text der Erklärung und die Liste der Unterzeichnenden finden Sie hier.
Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Hongkong auf Platz 140 von 180 Ländern. China belegt Platz 179.
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