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Hongkong

Der Einfluss Pekings hat zu einer deutlichen Verschlechterung der Lage der Pressefreiheit in Hongkong geführt. So wurde der Financial-Times-Journalist Victor Mallet im Oktober 2018 ausgewiesen, nachdem er als Vizepräsident des Foreign Correspondents‘ Club of Hong Kong (FCCHK) den Vertreter einer Partei eingeladen hatte, die sich für die Unabhängigkeit Hongkongs einsetzt. Mehr als die Hälfte der Medieneigentümer Hongkongs gehören politischen Organisationen in Festlandchina an. Das Verbindungsbüro der Kommunistischen Partei Chinas kontrolliert mehrere Medien in Hongkong. Widerstand kommt von einigen unabhängigen Online-Medien wie Citizen News, The Initium, Hong Kong Free Press und inMedia, deren Leser*innenzahl wächst.

Rangliste der Pressefreiheit — Platz 135 von 180
Hongkong 19.11.2024

Prozess gegen Jimmy Lai geht weiter

Jimmy Lai im Hochsicherheitsgefängnis Stanley in Hongkong im Jahr 2023. © picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Louise Delmotte

Vor der nächsten Verhandlung im Prozess gegen Jimmy Lai am Mittwoch (20.11.) fordert Reporter ohne Grenzen (RSF) erneut seine sofortige Freilassung. Der britische Verleger steht in Hongkong vor Gericht, weil er unter anderem gegen ein Sicherheitsgesetz verstoßen haben soll. Dem 76-Jährigen droht eine lebenslange Haftstrafe. Lai wird voraussichtlich zum ersten Mal im Prozess aussagen.

„Der Prozess gegen Lai steht symbolisch für den Verfall der Pressefreiheit in Hongkong. Die Vorwürfe sind fadenscheinig, der Prozess ist absurd. Dennoch sitzt der Gründer der Zeitung Apple Daily seit fast vier Jahren in Isolationshaft und sein Gesundheitszustand hat sich deutlich verschlechtert. Jimmy Lai muss sofort freikommen“, sagte RSF-Geschäftsführerin Anja Osterhaus.

Die Hongkonger Justiz wirft Lai sogenannte geheime Zusammenarbeit mit ausländischen Kräften vor. Dafür droht ihm lebenslange Haft. Grundlage ist ein drakonisches Sicherheitsgesetz, das Hongkong im Sommer 2020 durch Peking auferlegt wurde.

Lai steht zudem wegen sogenannter Verschwörung zur Veröffentlichung aufrührerischer Publikationen vor Gericht. Dafür drohen ihm bis zu zwei Jahre Gefängnis. Das dabei zugrunde liegende Gesetz („sedition law“) ist nicht Teil des Sicherheitsgesetzes, sondern stammt noch aus der britischen Kolonialzeit. Laut der Nachrichtenseite Hong Kong Free Press wurde es mehr als 50 Jahre lang nicht angewandt. Das änderte sich nach den umfangreichen Protesten gegen ein 2019 geplantes Auslieferungsgesetz. Ende August etwa verurteilte ein Gericht wegen des gleichen Vorwurfs zwei Journalisten.

Als angebliche Beweise für „aufrührerische Veröffentlichungen“ nannte die Staatsanwaltschaft mehr als 150 Artikel der Apple Daily. Zudem bezeichnete sie mehrere Menschenrechtsaktivisten, mit denen Lai in den vergangenen Jahren Kontakt hatte, als Mitverschwörer bei der Zusammenarbeit mit ausländischen Kräften.

Der ursprünglich für 80 Tage angesetzte Prozess sollte am 1. Dezember 2022 starten, wurde aber mehrmals verschoben. Begonnen hat er schließlich am 18. November 2023. RSF war zum Auftakt als Beobachter vor Ort im Gericht. Im April 2024 war eine Mitarbeiterin des RSF-Büros in Taiwan dafür erneut nach Hongkong gereist. Doch die Behörden haben sie nach Ankunft am Flughafen sechs Stunden lang festgehalten, durchsucht, verhört und schließlich ausgewiesen.

Sorge um Lais Gesundheitszustand

Lai sitzt seit Dezember 2020 im Gefängnis. Wegen der Teilnahme an angeblich nicht genehmigten Pro-Demokratie-Demonstrationen und Betrugsvorwürfen wurde er bereits verurteilt. Im August 2023 hatte die Nachrichtenagentur AP Lais Haftbedingungen im Hochsicherheitsgefängnis Stanley dokumentiert. Demnach muss er rund 23 Stunden am Tag in Isolationshaft verbringen. Die französische Journalistin, die Lai damals fotografiert hatte, durfte im September 2024 nicht mehr nach Hongkong einreisen. Die Behörden lehnten davor bereits die Verlängerung ihres Arbeitsvisums ab. Lai ist an Diabetes erkrankt. Sein Gesundheitszustand hat sich nach vier Jahren Haft erheblich verschlechtert.

Lai ist ein Symbol der Pressefreiheit in Hongkong. Der Verleger setzt sich seit drei Jahrzehnten für das Recht auf Information und für Demokratie in Hongkong ein. Im Jahr 1995 gründete er die Apple Daily. Die Tageszeitung war eines der wenigen großen Hongkonger Medien, die das chinesische Regime noch offen kritisiert und ausführlich über pro-demokratische Proteste im Jahr 2019 berichtet hatten. Im Juni 2021 musste die Zeitung schließen. Zuvor hatten 500 Polizisten den Hauptsitz durchsucht und hochrangige Mitarbeitende festgenommen.

Die Pressefreiheit in Hongkong hat sich drastisch verschlechtert. In den vergangenen vier Jahren haben die Behörden das Sicherheitsgesetz und weitere Gesetze genutzt, um mindestens 28 Medienschaffende strafrechtlich zu verfolgen. Elf von ihnen sind noch immer in Haft, unter ihnen sechs weitere Mitarbeitende der Apple Daily. Die Behörden ließen neben der Tageszeitung zudem die Nachrichtenseite Stand News schließen, auch einige kleinere Medien haben in diesem Klima der Angst ihre Arbeit eingestellt.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Hongkong inzwischen auf Platz 135 von 180 Staaten.



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