Japan
10.03.2020
Fukushima: Freie Berichterstattung zulassen
Vor dem neunten Jahrestag der Nuklearkatastrophe in Fukushima am Mittwoch fordert Reporter ohne Grenzen (RSF) die japanischen Behörden auf, endlich eine freie Berichterstattung über das Thema zuzulassen. Am 11. März 2011 war es dort nach einem Erdbeben und einem Tsunami zum weltweit schwersten Atomunglück seit Tschernobyl gekommen. Seit dem Unfall beklagen Medien, die darüber berichten wollen, Zensurversuche und werden unter Druck gesetzt.
„Die Öffentlichkeit braucht unabhängige Informationen über die Strahlenbelastung und mögliche Gesundheitsrisiken“, sagte Christian Mihr, Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen. „Die japanischen Behörden müssen sicherstellen, dass Medien uneingeschränkt über Fukushima berichten können. Journalistinnen und Journalisten – dazu gehören auch Auslandskorrespondentinnen und -korrespondenten sowie freie Medienschaffende – müssen Zugang zu den kontaminierten Regionen und zu allen verfügbaren Daten bekommen.“
Zensur und Selbstzensur
Viele japanische Journalistinnen und Journalisten prangern die Selbstzensur in den Medien an. Regierung und Atomlobby versuchten demnach die Veröffentlichung von Informationen zu verhindern, die ein „negatives Image“ von Japan vermitteln und die Vorbereitung für die Olympischen Spiele in Tokio in diesem Jahr behindern könnten.
Ein Fernsehreporter, der früher für eine große Nachrichtensendung arbeitete und anonym bleiben möchte, berichtet über den „großen Druck durch Regierung und Anzeigenkunden“ um sein Team davon abzuhalten, über die Langzeitfolgen der Radioaktivität zu berichten. „Wir haben sogar von Anrufen aus dem Kabinett von Premierminister Shinzo Abe gehört, in denen unser Management gebeten wurde, Journalistinnen und Journalisten, die sie nicht mochten, in eine andere Abteilung zu versetzen.“
Laut einem 2017 veröffentlichten Bericht des UN-Sonderberichterstatters für das Recht auf Meinungsfreiheit, David Kaye, sind die Unabhängigkeit der Medien und der Zugang zu Informationen in Japan einer Vielzahl von Bedrohungen ausgesetzt. Einige Journalistinnen und Journalisten berichteten Kaye, dass die Medien bestimmte Themen, die zu Kritik von der Regierung führen könnten, mieden. Dazu gehöre auch die Fukushima-Katastrophe.
Netzwerk für Medienschaffende
Reporter ohne Grenzen unterstützt das 2016 von den freien Medienschaffenden Makiko Segawa und Takaho Murakami gegründete Japan Fixers & Journalists Network (JFJN), das japanischen und ausländischen Reporterinnen und Reportern bei ihren Recherchen zu den Folgen der Nuklearkatastrophe hilft. Mit dem Projekt wollen Segawa und Murakami auch dazu beitragen, die Zensur und Selbstzensur bei dem Thema zu durchbrechen.
Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Japan auf Platz 67 von 180 Staaten. Seit dem Amtsantritt von Premierminister Shinzo Abe beklagen Journalistinnen und Journalisten in Land ein Klima des Misstrauens. In der drittgrößten Volkswirtschaft der Welt wird Medienpluralismus zwar grundsätzlich respektiert, er gerät jedoch zunehmend durch Medienbesitzkonzentration und Wirtschaftsinteressen unter Druck. Die exklusiven sogenannten Kisha clubs (Reporter-Clubs) benachteiligen freie Medienschaffende und ausländische Reporterinnen und Reporter. Ein 2013 beschlossenes Whistleblower-Gesetz bestraft die Verbreitung von geheimen Informationen mit bis zu zehn Jahren Haft.
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