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Iran

Rangliste der Pressefreiheit — Platz 176 von 180
Iran 14.07.2015

Inhaftierte Journalisten freilassen

Irans Präsident Hassan Rohani ©picture alliance/AP Photo

Reporter ohne Grenzen (ROG) fordert die internationale Gemeinschaft nach dem Abschluss der Atomverhandlungen dazu auf, von der iranischen Regierung klar und unmissverständlich die Freilassung aller inhaftierten Journalisten zu verlangen und die Achtung von Meinungs- und Pressefreiheit einzufordern. Dass sich der Iran bei internationalen Verhandlungen kompromissbereiter zeigt, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Verfolgung unabhängiger Journalisten und Blogger seit dem Amtsantritt von Staatspräsident Hassan Rohani im Jahr 2013 sogar noch zugenommen hat. Rund 100 Blogger und Onlineaktivisten wurden während der vergangenen zwei Jahre verhaftet und zu teils sehr langen Haftstrafen verurteilt. Dutzende Oppositionsmedien wurden von den Behörden geschlossen.

„Westliche Politiker sollten sich von den neuen Tönen, die die iranische Regierung in internationalen Verhandlungen anschlägt, nicht blenden lassen“, sagt ROG-Geschäftsführer Christian Mihr in Berlin. „Der Iran bleibt ein repressives Regime, das Meinungs- und Pressefreiheit verachtet und kritische Stimmen im Land gnadenlos verfolgt.“

Haltlose Anschuldigungen 

Im Iran sind derzeit 15 Journalisten sowie 26 Onlineaktivisten und Bürgerjournalisten inhaftiert. Unter ihnen ist auch der Washington-Post Korrespondent Jason Rezaian. Der 39-Jährige wurde im Juli 2014 gemeinsam mit seiner Frau Yeganeh Salehi in Teheran verhaftet. Salehi, die ebenfalls als Journalistin arbeitet, kam im Oktober 2014 gegen Kaution wieder frei. Rezaian sitzt im berüchtigten Evin-Gefängnis ein, er besitzt sowohl die iranische wie die US-amerikanische Staatsbürgerschaft. Wegen angeblicher Spionage und Zusammenarbeit mit feindlichen Regierungen wird ihm in Teheran derzeit der Prozess gemacht.

Lange Haftstrafen für Journalisten und Blogger

Gerichtsprozesse sind in der Regel politisch beeinflusst – sofern sie überhaupt stattfinden. Erst am 22. Juni trat eine neue Verordnung in Kraft, die die Rechte von Journalisten in juristischen Verfahren massiv beschränkt. Journalisten dürfen nun nach ihrer Verhaftung nicht länger einen eigenen Anwalt bestimmen, sondern müssen einen Kandidaten aus einer von den Behörden vorab genehmigten Liste auswählen.

Anwälte, die Journalisten vertreten, werden von den Behörden zudem behindert. Ihre Mandanten dürfen sie nicht persönlich treffen, auch wird ihnen der Einblick in die Gerichtsakten verwehrt. Zum Teil wissen sie nicht einmal, was man den Journalisten überhaupt vorwirft. 

Nachdem er die Hand von Atena Ferghadni, einer inhaftierten Bloggerin geschüttelt hatte, wurde der Anwalt Mohammad Moghimi am 13. Juni wegen angeblich unmoralischen Verhaltens inhaftiert. Fünf Journalisten, die für die Nachrichtenagentur Iranian Labour News Agency (ILNA) arbeiteten, wurden am 21. Juli wegen angeblich kritischer Berichterstattung entlassen. In einem Facebook-Eintrag schrieb Esmail Mohammadvali, einer der Betroffenen, sie hätten gegen den Willen ihres Vorgesetzten über den Streik von Fabrikarbeitern in der Stadt Dorud geschrieben. Am 2. Juni wurde die Bloggerin Atena Ferghdani zu knapp 13 Jahren Gefängnishaft verurteilt. Sie hatte im Dezember 2014 in einem YouTube-Video über ihre Erfahrungen in dem berüchtigten Evin-Gefängnis berichtet, in dem sie im August 2014 vorübergehend eingesperrt war. Bei ihrer Festnahme im Januar 2015 warfen ihr die Behörden unter anderem regierungsfeindliche Propaganda vor. Am 31. Mai wurden die beiden Internetaktivisten Mahmud Moussavifar und Shayan AkbarPour verhaftet.

Auch Familienmitglieder von Journalisten werden schikaniert

Auch die Familienmitglieder kritischer Journalisten und Blogger werden bedroht und schikaniert. Am 8. Juli verurteilte ein Gericht in der iranischen Stadt Tabriz Seid Ahmad Ronaghi Maliki, den Vater des zuvor inhaftierten Bloggers Hossien Ronaghi Maliki zu vier Monaten Gefängnishaft. Die Richter warfen dem Mann vor, sich in Briefen an die Behörden und in Interviews gegenüber Journalisten über den Gesundheitszustand seines Sohnes geäußert zu haben. Seit Dezember 2010 inhaftiert, ist Hossien Ronaghi Maliki schwer erkrankt, nach mehreren Nierenoperationen schwebte er zeitweise sogar in Lebensgefahr. Gegen eine Kautionszahlung von umgerechnet rund 500.000 Euro kam Hossien Ronaghi Maliki am 18. Juni aufgrund seines Gesundheitszustands auf Bewährung frei. Die Behörden haben jedoch bereits angekündigt, dass er seine Haft bald wieder antreten müsse.

Ausgefeiltes System der Internetzensur 

Der Iran betreibt eines der ausgefeiltesten Systeme der Internetzensur und -überwachung, das in den vergangenen Jahren kontinuierlich verschärft wurde. Facebook, Twitter und YouTube sind offiziell blockiert. In Zeiten von Unruhen und Demonstrationen werden regelmäßig Internetseiten gesperrt oder der gesamte Internetverkehr – bei Bedarf auch das Mobilfunknetz – gedrosselt. Insgesamt sollen mehrere Millionen Webseiten blockiert sein. Als mittelfristiges Ziel propagiert die Regierung seit 2011 die Schaffung eines „halalen“, vollständig staatlich kontrollierten Internets. Ende 2011 wurde eine Liste von 25 „Internet-Verbrechen“ eingeführt, darunter etwa Aufruf zum Wahlboykott und Veröffentlichung von Oppositionslogos. Anfang 2012 wurden erstmals im Iran vier Internetaktivisten zum Tode verurteilt.

Zahlreiche Hilfsanfragen an Reporter ohne Grenzen

Das Nothilfereferat von Reporter ohne Grenzen hat seit 2010 mehr als 80 Hilfsanfragen iranischer Journalisten bearbeitet, davon 30 Bitten um Hilfe im Asylverfahren.

Reporter ohne Grenzen stuft Revolutionsführer Ayatollah Ali Khamenei als Feind der Pressefreiheit und die Islamische Republik als Feind des Internets ein.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht der Iran auf Platz 173 von 180 Ländern.


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