Iran / Deutschland
25.01.2024
Journalist in Deutschland im Visier des Regimes
Die iranischen Sicherheitskräfte versuchen, den in Deutschland lebenden iranischen Journalisten Farhad Payar unter Druck zu setzen. Payar ist Redaktionsleiter des Iran Journal und hat lange für die Farsi-Redaktion der Deutschen Welle gearbeitet. Die Behörden im Iran haben nun seine Nichte Ghazaleh Zarea wegen „Bildung einer Gruppe zur Störung der öffentlichen Sicherheit“ und Zusammenarbeit mit „antirevolutionären Ausländern“ – gemeint ist unter anderem ihr Onkel Farhad Payar – zu drei Jahren Haft verurteilt. Reporter ohne Grenzen (RSF) verurteilt dieses Vorgehen aufs Schärfste.
„Unabhängige Medienschaffende im Ausland unter Druck zu setzen, indem man ihre Familienangehörigen ins Gefängnis wirft, ist zutiefst unmenschlich“, sagte RSF-Vorstandssprecherin Katja Gloger. „Was Farhad Payar und Ghazaleh Zarea hier widerfährt, ist aber leider kein Einzelfall. Wir fordern die Machthaber in Teheran auf, diese Einschüchterungs- und Erpressungsversuche unverzüglich zu beenden. Zarea und alle inhaftierten Journalistinnen und Journalisten müssen freikommen.“
Das Urteil gegen Ghazaleh Zarea fiel am 13. Januar 2024 in Khorramabad, einer Stadt im Westen des Iran. Zarea hat als Journalistin gearbeitet, war seit einiger Zeit jedoch im sozialen Bereich tätig und betrieb laut Payar ein Café, das zu einem Veranstaltungsort legaler Workshops geworden ist. Sie war bereits am 30. Juli 2023 von Mitarbeitern des iranischen Geheimdienstes festgenommen worden, kurz bevor sie am 16. August zu einem Besuch nach Berlin fliegen wollte. „Sie musste nach ihrer Festnahme 23 Tage in Einzelhaft verbringen und wurde in dieser Zeit Tag und Nacht verhört. Anschließend wurde die 47-Jährige in einen Trakt des Khorramabad-Gefängnisses verlegt, in dem sie zehn Tage mit vernachlässigten und aggressiven Gefangenen verbringen musste“, heißt es in der Mitteilung des Iran Journal.
Drohungen per WhatsApp
Bereits damals hatte Farhad Payar RSF geschildert, dass sich Beamte des iranischen Geheimdienstes per WhatsApp bei ihm gemeldet und ihm mitgeteilt hätten, dass seine Nichte unter anderem wegen Zusammenarbeit mit ihm und der Deutschen Welle (DW) festgenommen worden sei. Anschließend drohten sie ihm, er möge seine journalistische Tätigkeit besser einstellen. „Damit war mir klar, dass das Regime mit der Verhaftung meiner Nichte auch mich zum Schweigen bringen will, denn ich habe bis Ende Dezember 2023 für die DW gearbeitet“, sagte Payar. Seine Nichte habe weder für das Iran Journal noch für die DW gearbeitet.
„Auf Wunsch seiner Angehörigen hat der Leiter des Iran Journal bis jetzt darüber Stillschweigen bewahrt, um weitere Familienmitglieder vor staatlichen Schikanen zu schützen“, heißt es in der Mitteilung des Onlinemediums. Zudem hätten Zareas Eltern noch Hoffnung auf einen Freispruch gehabt.
Gemeinsam mit BBC Persian, Iran International, Radio France Internationale (RFI), zwei Bild-Mitarbeitenden und weiteren europäischen Medienhäusern wurde der Farsi-Redaktion der DW von der iranischen Regierung im Oktober 2022 „Unterstützung des Terrorismus“ vorgeworfen. Infolgedessen wurden sie auf eine Sanktionsliste der Islamischen Republik gesetzt. Iranische Behörden haben in der Vergangenheit immer wieder Familienangehörige im Ausland arbeitender Journalistinnen und Journalisten iranischer Herkunft für deren kritische Berichterstattung unter Druck gesetzt und in Geiselhaft genommen.
Im Iran selbst sitzen derzeit 19 Medienschaffende in Haft. Nilufar Hamedi und Elahe Mohammadi wurden zwar am 14. Januar 2024 gegen hohe Kaution aus der Haft entlassen, wurden allerdings direkt erneut angeklagt.
Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen steht der Iran auf Rang 177 von 180 Staaten.
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