Israel
26.11.2024
Netanjahu-Regierung schränkt Pressefreiheit ein
Die Netanjahu-Regierung in Israel hat am 24. November zwei Gesetzesentwürfen zugestimmt, mit denen sie gegen Berichterstattung vorgehen kann, die sich kritisch zu Themen der nationalen Sicherheitslage äußert – gemeint ist vor allem der Krieg in Gaza und im Libanon. Die Regierung nahm einstimmig einen Resolutionsentwurf von Kommunikationsminister Shlomo Karhi an, wonach jeder Regierungsstelle untersagt wird, mit der Zeitung Haaretz zu kommunizieren. Zudem dürfen die Regierung und ihre Behörden künftig keine Anzeigen mehr in der Zeitung platzieren. Kurz zuvor hatte der Ministerausschuss für Gesetzgebung einen Gesetzesentwurf bestätigt, der die Privatisierung des öffentlichen Rundfunksenders Kan vorsieht.
„Die Netanjahu-Regierung schränkt die Unabhängigkeit und Pluralität der Medien in Israel drastisch ein“, sagt Anja Osterhaus, Geschäftsführerin von Reporter ohne Grenzen (RSF). „Die Regierung wirft kritischen Medien wie Haaretz schon lange antiisraelische Propaganda vor, ihr Kommunikationsminister verachtet die Öffentlich-Rechtlichen. Nun sollen abweichende Stimmen zum Schweigen gebracht werden. Damit verabschiedet sich die israelische Regierung von einem Grundpfeiler der Demokratie.“
Ausschlaggebend für die jetzigen Maßnahmen gegen Haaretz war offensichtlich eine Rede des Verlegers Amos Schocken in London im Oktober, die der Regierung aufstieß. Generell gilt die Zeitung wegen ihrer Berichterstattung, in der unter anderem das Vorgehen des israelischen Militärs in Gaza deutlich kritisiert wird, für viele Regierungsmitglieder als Nestbeschmutzerin. Haaretz wurde bereits 1919 gegründet und ist international sehr angesehen, wird in Israel selbst allerdings nicht von der breiten Gesellschaft gelesen.
Das Vorgehen gegen Haaretz passt zum Kurs der israelischen Regierung, die nach dem traumatischen 7. Oktober 2023 konsequent ihr Narrativ eines gerechten Verteidigungskriegs verbreitet. Auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist im Fokus der Behörden: Vor der konkret im Raum stehenden Privatisierung hatte der Ministerausschuss für Gesetzgebung am 3. November 2024 ein Gesetzesvorhaben gebilligt, das die Kontrolle des Kommunikationsministeriums über die Medien erweitert. Damit könnte das Ministerium direkt über das Budget des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Kan bestimmen.
Am 20. November haben Parlamentsmitglieder zudem für eine Verschärfung des sogenannten Al-Dschasira-Gesetzes gestimmt. Damit kann die Verbreitung ausländischer Medien unterbunden werden, wenn sie in den Augen der Behörden der nationalen Sicherheit zuwiderläuft. Das Gesetz richtet sich vor allem gegen den katarischen Sender al-Dschasira (al-Jazeera), dem die israelische Regierung Terrorpropaganda unterstellt. Das Gesetz trat am 1. April 2024 in Kraft; seitdem wird die Ausstrahlung des Senders blockiert. Am 5. Mai ließen die Behörden das al-Dschasira-Büro in Ostjerusalem schließen. Am 22. September stürmten israelische Soldaten auch das Büro des Senders in Ramallah – obwohl sie dort laut dem Oslo-II-Abkommen eigentlich keine Befugnisse haben.
Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Israel auf Platz 101 von 180 Staaten.
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