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Überwachungsexporte 29.04.2021

NSO Group bricht Menschenrechtsversprechen

An einem Bürogebäude mit grauer Fassade hängt der Schriftzug "NSO Group"
Ehemaliges Bürogebäude der NSO Group in Herzliya, Israel © picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Daniella Cheslow

Reporter ohne Grenzen (RSF) und acht weitere NGOs beschuldigen das israelische Spähsoftware-Unternehmen NSO Group in einem gemeinsamen offenen Brief, wiederholt seine zahlreichen Zusagen gebrochen zu haben, die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte zu respektieren und umzusetzen. Öffentliche Versprechen größerer Transparenz seien nicht eingehalten worden und zahlreiche Fragen und Bedenken der Zivilgesellschaft unbeantwortet geblieben, heißt es in dem zehnseitigen Brief des NGO-Bündnisses. Dieser stützt sich auf öffentliche Erklärungen der NSO Group und von Novalpina Capital, einem europäischen Unternehmen mit Mehrheitsbeteiligung an der Gruppe, sowie auf deren Korrespondenz mit verschiedenen zivilgesellschaftlichen Organisationen.

In einem Brief vom 23. Dezember an den Leiter des Citizen Lab der Universität von Toronto, dessen Team die Auswirkungen von Informationstechnik auf die Menschenrechte untersucht, behauptete die NSO Group, dass sie „ihre Verantwortung für die Achtung der Menschenrechte ernst nimmt und sich nachdrücklich dafür einsetzt, negative Auswirkungen auf die Menschenrechte nicht zu verursachen, dazu beizutragen oder direkt damit verbunden zu werden“.

Diese Behauptung stellte die NSO Group drei Tage nach der Veröffentlichung eines Berichts des Citizen Lab auf, der enthüllte, dass Hacker mit mutmaßlichen Verbindungen zu den Regierungen Saudi-Arabiens und der Vereinigten Arabischen Emirate im Juli und August 2020 die NSO-Spionagesoftware Pegasus einsetzten, um insgesamt 36 private Telefone von Journalistinnen, Produzenten, Moderatorinnen und Führungskräften von Al Jazeera zu überwachen.

In ihrem offenen Brief wiederholt die NGO-Koalition nun ihre Forderungen an die NSO Group, unabhängige, überprüfbare Belege dafür zu liefern, dass ihre Software nicht in die Überwachung von Dissidentinnen, Journalisten und Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidigern sowie in Verstöße gegen internationale Menschenrechtsstandards verwickelt ist.

„Die NSO Group muss ihre Menschenrechtsverpflichtungen einhalten. Vor allem darf sie autoritären Staaten nicht länger Mittel zur Bespitzelung von Journalistinnen und Journalisten zur Verfügung stellen“, sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. „Wenn das Unternehmen diesbezüglich öffentliche Verpflichtungen eingeht, darf es sich nicht um eine bloße PR-Aktion handeln. Die Zusagen müssen auch umgesetzt werden.“

Der Brief der NGO-Koalition enthält eine tabellarische Auflistung von Zusagen, die von der NSO Group und Novalpina Capital in den vergangenen zwei Jahren gemacht, aber nicht eingehalten wurden. Dazu gehören ein „robustes Transparenzprogramm“ und eine unabhängige Abschätzung menschenrechtlicher Folgen, die im März 2019 angekündigt wurden, als Novalpina Capital die NSO Group übernahm. Der Brief weist auch auf die Lücken und Ungereimtheiten im Rahmen der versprochenen „Sorgfaltspflichten“ hin.

Spähsoftware wiederholt eingesetzt, um Medienschaffende auszuspionieren

Die Spähsoftware Pegasus der NSO Group wurde in den vergangenen Jahren wiederholt eingesetzt, um die Geräte von Medienschaffenden auszuspionieren. Zu den Opfern gehört Omar Radi, ein marokkanischer Journalist und Menschenrechtsverteidiger sowie Mitbegründer der Nachrichten-Website Le Desk. Seit der Enthüllung, dass Radi von Januar 2019 bis Januar 2020 Ziel dieser Spähsoftware war, wird er von den marokkanischen Behörden verfolgt und sitzt seit Juli 2020 im Gefängnis. Unter den Betroffenen befindet sich auch der marokkanische Journalist Aboubakr Jamaï, der seit 2007 im selbstgewählten Exil in Frankreich lebt. Bei zwei Gelegenheiten in den vergangenen zwei Jahren enthüllten regierungsnahe Medien in Marokko vertrauliche Angelegenheiten, an denen Jamaï als Berater gearbeitet hat, und verbreiteten Inhalte, die nur von seinem Telefon stammen konnten, um berufliche Kontakte Jamaïs zu diffamieren. Berichten zufolge wurden ebenso Ben Hubbard von der New York Times und Griselda Triana, die Ehefrau des 2017 ermordeten mexikanischen Journalisten Javier Valdez Cárdenas, auf diese Weise ins Visier genommen.

Neben Reporter ohne Grenzen haben die Organisationen Access Now, Amnesty International, das Committee to Protect Journalists, die Heartland Initiative, Human Rights Watch, die Paradigm Initiative, Privacy International und R3D: Red en Defensa de los Derechos Digitales den Brief unterzeichnet.

Der gesamte zehnseitige Brief kann hier eingesehen werden.

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