Fall Caruana Galizia
16.10.2019
Zwölf NGOs fordern Ende der Straflosigkeit
Zwei Jahre nach der Ermordung der Journalistin Daphne Caruana Galizia in Malta fordern wir, die unterzeichnenden Organisationen, am heutigen 16. Oktober 2019 erneut das Ende der Straflosigkeit für diese abscheuliche Tat.
Vor einem Jahr reisten sechs der unterzeichnenden Organisationen als Teil einer internationalen NGO-Delegation nach Malta. Dort machten wir unsere ernsthafte Besorgnis über diesen Fall und die allgemein beunruhigende Lage der Presse- und Meinungsfreiheit im Land gegenüber hochrangigen Regierungsvertreterinnen und -vertretern deutlich. In den vergangenen zwei Jahren ist Malta auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen um rund 30 Plätze auf Platz 77 von 180 Ländern gefallen.
Auch ein ganzes Jahr später haben es die maltesischen Behörden noch immer versäumt, ernsthaft auf unsere Bedenken einzugehen und unsere damaligen Empfehlungen hinreichend umzusetzen. Es wurden keine notwendigen Schritte eingeleitet, um Gerechtigkeit für Daphne Caruana Galizia herzustellen und die Situation der Presse- und Meinungsfreiheit in Malta merklich zu verbessern.
Zudem wurde eine Vertreterin der unterzeichnenden Organisationen aufgrund ihres Engagements in dem Fall von einer maltesischen Delegation bei den Vereinten Nationen (UN) verbal attackiert. Dies wurde entsprechend von den UN in einem Bericht dokumentiert. Ein weiteres Mitglied unserer Delegation wurde während eines späteren Besuchs in Malta an der improvisierten Gedenkstätte in Valletta belästigt.
Diese inakzeptablen Taten verblassen jedoch im Vergleich zu den alarmierenden Angriffen, denen sich andere weiterhin und teilweise zunehmend ausgesetzt sehen: die Familie von Daphne Caruana Galizia, Bürgerjournalistinnen und Aktivisten, die sich für Gerechtigkeit in diesem Fall einsetzen, sowie Journalistinnen und Journalisten, die sich weiterhin im öffentlichen Interesse Maltas der investigativen Berichterstattung widmen. Mit großer Besorgnis nehmen wir auch die vielen belastenden Verleumdungsprozesse zur Kenntnis, die noch immer unter anderem von Premierminister Joseph Muscat und anderen hochrangigen Regierungsvertretern posthum gegen Daphne Caruana Galizia geführt werden, sowie die Zerstörung der improvisierten Gedenkstätte in Valletta, die täglich auf Regierungsanweisung erfolgt.
Auch wenn wir die überfällige Ankündigung der maltesischen Regierung vom 20. September 2019 begrüßen, dass endlich eine öffentliche Untersuchung des Mordes an Daphne Caruana Galizia eingeleitet werden soll, fordern wir, dass solch eine Untersuchung komplett unabhängig und unparteiisch sein muss. Wir teilen die Besorgnis des Ausschusses für Rechtsangelegenheiten und Menschenrechte der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (PACE) in Bezug auf das Mandat und die Zusammensetzung der Untersuchungskommission.
Eine öffentliche Untersuchung ersetzt nicht die Notwendigkeit einer unabhängigen und wirksamen strafrechtlichen Ermittlung und Verfolgung. Angesichts der schwerwiegenden Mängel der laufenden Ermittlungen sind wir jedoch der Ansicht, dass eine öffentliche Untersuchung den größten Erfolg verspricht, Gerechtigkeit für Daphne Caruana Galizia zu schaffen und die Sicherheit von Journalistinnen und Journalisten in Malta zu gewährleisten. Wir fordern die maltesische Regierung nachdrücklich auf, unverzüglich eine wirklich unabhängige und unparteiische öffentliche Untersuchung im Einklang mit den Anforderungen der PACE durchzuführen. Wir fordern die maltesische Regierung ferner auf, die persönlichen Angriffe auf den PACE-Sonderberichterstatter Pieter Omtzigt einzustellen und mit ihm im Einklang mit den Verpflichtungen Maltas als Mitgliedstaat des Europarates zusammenzuarbeiten.
Heute, am 16. Oktober 2019, versammeln wir uns in Mahnwachen, um an Daphne Caruana Galizia zu erinnern und die Forderungen nach Gerechtigkeit in Valletta, London, Brüssel, Berlin und Wien zu bekräftigen. Wir werden unsere Kampagnen und unsere gemeinsame Lobbyarbeit in internationalen Organisationen wie PACE fortsetzen, bis alle, die an diesem abscheulichen Verbrechen beteiligt waren, zur Rechenschaft gezogen wurden – inklusive der Drahtzieher.
Wir fordern die maltesischen Behörden auf, dafür zu sorgen, dass dies der letzte Jahrestag ist, der ohne volle Gerechtigkeit für Daphne Caruana Galizia vergeht.
Unterzeichnende:
Reporter ohne Grenzen (ROG)
ARTICLE 19
Committee to Protect Journalists (CPJ)
European Centre for Press and Media Freedom (ECPMF)
European Federation for Journalists (EFJ)
IFEX
Index on Censorship
International Press Institute (IPI)
PEN International
Scottish PEN
Transparency International
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