Birma
29.10.2010
Unabhängige Berichte unerwünscht: Militärjunta verstärkt Druck auf Medien vor Parlamentswahl
Rund zehn Tage vor der Parlamentswahl in Birma am 7. November beobachten Reporter ohne Grenzen (ROG) und dessen Partnerorganisation Burma Media Association (BMA) eine Verschärfung der Medienkontrolle. Die Militärregierung hat die strikte staatliche Zensur weiter ausgebaut und verwehrt ausländischen Reportern die Einreise. Mit drakonischen Gefängnisurteilen sollen einheimische Journalisten und Blogger eingeschüchtert und kritische Berichte unterdrückt werden.
„Offenbar will die regierende Junta das Land während der Wahl von der Welt abriegeln“, erklären ROG und BMA. Die Regierung wünsche keine unabhängigen Beobachter, „um hart durchgreifen zu können, wenn es zu Protesten gegen das Wahlergebnis kommen sollte“, so die Organisationen.
So erklärt sich auch die Ablehnung der Regierung, ausländischen Medienbeobachtern Pressevisa für die Einreise auszustellen. Die Wahlkommission verkündete diese Entscheidung am 18. Oktober. Wie der Vorsitzende dieses von der Junta gelenkten Ausschusses Thein Soe sagte, sind ausländische Beobachter nicht notwendig. „Wir haben sehr viel Erfahrung bei der Organisation von Wahlen“, so Thein Soe. Lediglich 25 birmanische Korrespondenten dürfen im Dienst ausländischer Medien neben zwei chinesischen Medienmitarbeitern während der Wahl von vor Ort berichten.
Die Kommission hat am 18. Oktober ebenfalls ein Verbot für die Medien angekündigt, die Wahlbüros zu betreten. Außerdem wird die Kommission zusammen mit dem Zensurbüro alle Artikel über die Wahl und die 37 kandidierenden Parteien vor einer Veröffentlichung prüfen.
ROG und BMA fordern den „Verband Südostasiatischer Nationen“ (ASEAN) auf, die Ergebnisse der Wahl nicht anzuerkennen, wenn die Regierung keine freie und ungehinderte Berichterstattung garantiert. Zudem sollten die ASEAN-Staaten Druck auf Birmas obersten Militärführer General Than Shwe ausüben und verlangen, dass Vertreter der internationalen Presse in großer Zahl während der Wahl im Land anwesend sein dürfen. Das bisherige Schweigen der Mehrzahl der ASEAN-Staaten angesichts der gegenwärtigen Repressionen bezeichnen ROG und BAM als „skandalös“. Von den ASEAN-Staaten hätten bisher nur Indonesien und die Philippinen die bevorstehende Wahl als nicht demokratisch kritisiert.
Derweil haben die staatlichen birmanischen Medien ihre verbalen Angriffe auf internationale Hörfunksender wie der BBC, Democratic Voice of Burma (DVB), Radio Free Asia (RFA) oder Voice of America (VOA) verstärkt. Den ausländischen Sendern, die auf birmanisch senden, wird unter anderem vorgeworfen, sie würden „Hass in der Bevölkerung säen“ und „Wut provozieren“.
ROG und die BMA liegen darüber hinaus Informationen über eine aktuelle wesentliche Drosselung der Verbindungsgeschwindigkeiten des Internets vor. Vor wenigen Wochen hatten die beiden Organisationen bereits von Hackerangriffen auf Websites im Exil ansässiger birmanischer Medien wie etwa DVB und der Zeitschrift Irrawaddy erfahren.
Mit drohenden Verboten von Medien und vor allem mit mehrjährigen Haftstrafen versucht die Militärregierung, einheimische kritische Medienvertreter zum „Stillhalten“ zu bewegen.
Mindestens 15 Journalisten und Blogger sind derzeit in dem südostasiatischen Land im Gefängnis. Zuletzt wurde am 14. Oktober 2010 der Herausgeber der Zeitung Kantarawaddy News Journal, Nyi Nyi Tun, wegen seiner journalistischen Aktivitäten zu 13 Jahren Haft verurteilt. Ein Militärgericht im Gefängnis von Insein befand den Journalisten unter anderem für schuldig, in Kontakt mit Exilmedien gestanden und den Versuch unternommen zu haben, zur Störung der öffentlichen Ordnung falsche Informationen zu verbreiten.
Nach Auskunft der Familie von Nyi Nyi Tun wurde der Herausgeber während der Verhöre gefoltert. ROG und die BMA appellieren an die Behörden, den Häftling genau wie alle anderen politischen Gefangenen umgehend freizulassen.
Auf der aktuellen ROG-Rangliste der Pressefreiheit steht Birma auf Platz 174 von insgesamt 178 Staaten und Regionen.
Folgen Sie uns!