Polen
17.07.2024
RSF trifft die neue polnische Regierung
Der jüngste politische Wandel in Polen ist eine Gelegenheit, das Recht auf verlässliche Informationen sowohl im eigenen Land als auch europaweit zu stärken. In dieser Position wurde Reporter ohne Grenzen (RSF) durch mehrere Treffen mit Mitgliedern der neuen Regierung ermutigt, die Interesse an den Lösungen und Empfehlungen von RSF zeigten. Die neue polnische Regierung hat viel versprochen. Nun hat sie eine schwierige und langwierige Aufgabe vor sich: Sie muss einer ungeduldigen Bevölkerung und einer gebeutelten Medienbranche zeigen, dass sie ihre Erwartungen erfüllt. Und auch das Ausland schaut gespannt nach Polen, denn die neue Regierung unter Ministerpräsident Donald Tusk bereitet sich gerade auf ihre EU-Ratspräsidentschaft vor, die von Januar bis Juni 2025 ansteht.
Eine RSF-Delegation hat sich letzte Woche sowohl mit polnischen Regierungsvertretern als auch mit vielen Medienschaffenden vor Ort getroffen. Die Investigativ-Journalisten und Journalistinnen berichteten eindrücklich davon, wie sie in den Jahren der PiS-Herrschaft immer wieder schikaniert wurden. Für viele von ihnen bedeutete dies fast ein Jahrzehnt verlorener Chancen – für den Einzelnen, aber auch für die Gesellschaft. Erst seit dem Regierungswechsel können sie wieder ohne Hindernisse und Belästigungen über die politische Lage berichten.
„Die Erfahrungen der polnischen Presselandschaft sind ein Warnsignal für andere europäische Demokratien: Diese Reporterinnen und Reporter haben am eigenen Leib erlebt, wie viel Schaden auch nur zwei Legislaturperioden unter einer rechtsradikalen Regierung anrichten können. Karrieren wurden zerstört und tiefe Gräben in Redaktionen gerissen. Noch schlimmer ist, dass die Bevölkerung das Vertrauen in den Journalismus weitgehend verloren hat. Die Herausforderungen der Polinnen und ihrer Medienvertreter zeigen, wie schwer es ist, diese Fehlentwicklungen wieder rückgängig zu machen“, sagt Katharina Viktoria Weiß, die für die deutsche Sektion von RSF mit nach Warschau gereist war.
Hier stehen große Umbrüche bevor
Vom 8. bis 11. Juli 2024 hatte RSF in der Hauptstadt Warschau Gespräche mit polnischen Medien – wie Medienschaffende des Staatssenders TVP oder des größten privaten TV-Kanals TVN – und Regierungsvertretern geführt. Darin ging es unter anderem um den Schutz der Pressefreiheit und den Kampf gegen Propaganda, Desinformation und ausländische Einmischung – insbesondere aus Russland – in den Informationsraum.
Gleichzeitig muss die neue Regierung noch wichtige Herausforderungen für die Pressefreiheit im eigenen Land angehen: Die Entpolitisierung der öffentlichen Medien, den Schutz von Journalistinnen vor schikanösen Klagen (SLAPPs) und die Fähigkeit von Reportern, frei und unabhängig über sensible Themen zu berichten, wie etwa die staatlichen Operationen an der Grenze zu Belarus. Darüber hinaus wird das Recht auf vertrauenswürdige Informationen in Polen - wie auch anderswo in Europa - zunehmend durch Online-Plattformen, künstliche Intelligenz (KI) und ausländische Einmischung untergraben.
Über diese wichtigen Themen sprach RSF unter anderem mit dem polnischen Justizminister Adam Bodnar, dem stellvertretenden Minister für Inneres und Verwaltung Maciej Duszczyk, der stellvertretenden Kulturministerin Marta Cienkowska, dem Minister für europäische Angelegenheiten Adam Szłapka sowie dem stellvertretenden Minister für Digitalisierung Dariusz Standerski.
RSF wird die Gespräche mit den polnischen Medien und Regierungsvertreterinnen und -vertretern fortsetzen, um Polens Engagement kritisch zu bewerten und sowohl im Inland als auch im Ausland konkrete Maßnahmen für eine stärkere Pressefreiheit umzusetzen.
Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen steht Polen auf Platz 47 von 180 Staaten.
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