Mexiko
23.01.2009
ROG-Bericht Journalisten in Ciudad Juárez: Selbstzensur, Exil oder Tod
Reporter ohne Grenzen (ROG) und das mexikanische Zentrum für Journalismus und öffentliche Ethik (CEPET) machen in einem aktuellen Bericht auf die alarmierende Situation der Pressefreiheit in der mexikanischen Stadt Ciudad Juárez aufmerksam. In dem Bericht untersuchen die Medienrechtsorganisationen die Auswirkungen der Welle der Gewalt nach der Ermordung des Journalisten Armando Rodríguez Carreón am 13. November: Viele Journalisten flüchteten in den darauffolgenden Wochen aus der nordmexikanischen Stadt am Rio Grande.
„Der Bericht beschreibt das tragische Dilemma vieler Journalistinnen und Journalisten in der Stadt: Oft bleibt ihnen nur die Wahl zwischen Selbstzensur, Exil oder dem Risiko, ermordet zu werden – von Tätern, die mit großer Wahrscheinlichkeit straffrei ausgehen“, kritisiert ROG. „Auch der Einsatz von bundesstaatlichen zivilen oder militärischen Einsatzkräften im Kampf gegen den Drogenhandel hat Ciudad Juárez nicht sicherer gemacht – vielmehr trug er zu einer Verschärfung der Gewalt bei“, so ROG.
„"Einige Journalisten betrachten mittlerweile die Behörden als eine Gefahrenquelle. Die Regierung des Bundesstaates muss die Handlungen des eigenen Personals besser kontrollieren. Wir fordern die Behörden auf, die Opfer der Gewalt zu schützen und die Täter strafrechtlich zu verfolgen“, erklärt ROG.
Mehr als 4.000 Menschen wurden in Mexiko bei dem Konflikt zwischen Regierung und den Drogenkartellen im vergangenen Jahr getötet. Mehr als ein Viertel der Todesfälle – 1.456 – wurden allein in Ciudad Juárez dokumentiert. „Wenn Sie uns umbringen wollen, tun sie es, und niemand schützt uns. Wir müssen schon Angst haben, ohne etwas zu veröffentlichen, etwas zu wissen, reicht schon“, sagte ein Journalist gegenüber ROG und CEPET. Im Dezember trafen Delegierte der beiden Organisationen Reporter, Zeitungsherausgeber und Leiter von Radiostationen in Ciudad Juárez.
Im Jahr 2008 erhielten mehrere lokale Journalisten Drohanrufe. Die Anrufer erklärten, sie handelten im Auftrag eines Drogenkartells. Auch Armando Rodríguez Carreón, ehemaliger Mitarbeiter der Zeitung El Diario, erhielt einen Anruf. Als er der Staatsanwaltschaft des Bundesstaates Chihuahua darüber berichtete, wurde ihm geraten, die Stadt zu verlassen. Es gebe keine Möglichkeit, seine Sicherheit zu garantieren, so Behördenvertreter.
Nach dem Tod des Journalisten im November und weiteren Drohanrufen, stieg die Zahl der Exilanten unter Medienmitarbeiterinnen und Medienmitarbeitern weiter. Die bisherigen unpräzisen Ermittlungen im Mordfall Rodríguez verstärken die Zweifel von Journalisten an der Bereitschaft der Behörden, Medienmitarbeiter/innen zu schützen. Ohne Beweise vorzulegen, behaupten einige Beamte sogar, Rodríguez sei wegen angeblicher Verbindungen zu einem Drogenbaron ermordet worden.
Weitere Informationen zum Thema lesen Sie hier.
Den ausführlichen Bericht (spanisch) zur Lage in Ciudad Juárez lesen Sie hier.
Anja Viohl
Tel.: 030 615 85 85
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