Ukraine 01.09.2010

ROG-Bericht zu Verstößen gegen Pressefreiheit unter Präsident Janukowitsch

Zwei Tage nach dem Besuch von Präsident Viktor Janukowitsch in Berlin hat Reporter ohne Grenzen (ROG) einen ausführlichen Bericht zur Lage der Pressefreiheit in der Ukraine veröffentlicht. In der am 1. September publizierten Studie werden die zunehmende staatliche Kontrolle über die Medien und Repressionen gegen Journalisten seit Amtsantritt Janukowitschs dokumentiert und Empfehlungen für einen verbesserten Schutz der Pressefreiheit in dem osteuropäischen Land gegeben.  

Präsident Janukowitsch hat in Berlin gesagt, er sei „sehr daran interessiert, dass sich der Prozess der Demokratisierung in der Ukraine weiter entwickelt“. „Wir beobachten derzeit eine Rückentwicklung in dem osteuropäischen Land. Demokratische Grundwerte wie Presse- und Meinungsfreiheit werden nicht ausreichend respektiert. Die Versprechen der Regierung sind bisher folgenlos geblieben“, sagt ROG-Geschäftsführer Christian Rickerts. „Wir begrüßen daher, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrem Gespräch mit Präsident Viktor Janukowitsch die Lage der Pressefreiheit thematisiert hat“, so Rickerts.

Die Studie fasst Beobachtungen zur Entwicklung der Pressefreiheit in der Ukraine in den vergangenen sechs Monaten sowie die Ergebnisse eines mehrtägigen Besuchs von ROG-Vertretern in Kiew zusammen. Während Ihrer Reise in die ukrainische Hauptstadt vom 19. bis 21. Juli 2010 haben ROG-Generalsekretär Jean-François Julliard und die Europa-Referentin Elsa Vidal sowohl mit Vertretern nationaler und lokaler Medien und Pressefreiheitsorganisationen gesprochen als auch Parlamentsabgeordnete der regierenden Parteien und der Opposition getroffen.

Die Autoren des Berichts stellen dar, wie die Regierung mit Gesetzesvorhaben, Verordnungen, Zensurmaßnahmen, Beschränkungen des Zugangs zu Behördeninformationen und der Einschüchterung kritischer Medienmitarbeiter die Kontrolle über die Presse verschärft hat. Auch die vermehrten Übergriffe gegen Journalisten durch Polizisten und Festnahmen von Reportern werden aufgelistet sowie Probleme der Unabhängigkeit vieler audio-visueller Medien analysiert.

Schließlich beleuchten die Autoren den aktuellen Rechtsstreit um Sendelizenzen zwischen den regierungskritischen TV-Stationen „5 Kanal“ und „TVi“ auf der einen Seite und der „Inter“-Mediengruppe auf der anderen Seite. ROG bewertet die Gerichtsentscheidungen, „TVi“ alle terrestrischen Frequenz-Lizenzen und „5 Kanal“ zusätzliche terrestrische Frequenzen zu entziehen als Angriff auf die Unabhängigkeit zweier kritischer Fernsehsender.

ROG appelliert in den Schlussempfehlungen an Präsident Janukowitsch, Verletzungen der Medienfreiheit künftig mit der nötigen Gründlichkeit und Strenge zu ahnden und die Verantwortlichen für Angriffe auf Journalisten strafrechtlich zu verfolgen. Zudem müsse die Europäische Union die Einhaltung der Presse- und Meinungsfreiheit in ihren Beziehungen zur Ukraine stärker einfordern.



nach oben