Syrien
07.10.2013
Deutscher Journalist Armin Wertz freigelassen
Reporter ohne Grenzen (ROG) ist erleichtert über die Freilassung des deutschen Reporters Armin Wertz nach fünf Monaten in syrischen Gefängnissen. Zugleich erinnert die Menschenrechtsorganisation an das Schicksal der mindestens 15 ausländischen Journalisten, die weiterhin von einer der Bürgerkriegsparteien festgehalten oder in Syrien vermisst werden.
„Wir freuen uns mit Armin Wertz, dass er endlich wieder frei ist und die Haft relativ unbeschadet überstanden hat“, sagte ROG-Vorstandssprecher Michael Rediske. „Trotzdem sind in Syrien immer noch zahlreiche Journalisten wegen ihrer Arbeit in Assads Gefängnissen oder in der Hand von Rebellengruppen. Besonders besorgniserregend ist, dass militante Islamisten immer stärker zu gezielter Gewalt gegen Journalisten greifen.“
Der 1945 geborene Wertz war Anfang Mai in der umkämpften Wirtschaftsmetropole Aleppo festgenommen worden, von wo er für die Jakarta Post, die Straits Times (Singapur) und mehrere deutschsprachige Medien über den Bürgerkrieg in Syrien berichten wollte. Für seine Freilassung hatte sich unter anderem ROG eingesetzt. In den Achtziger- und Neunzigerjahren berichtete der erfahrene Journalist für den Spiegel aus Mittelamerika und für die Frankfurter Rundschau aus dem Nahen Osten, zuletzt lebte er in Indonesien.
Am Samstag wurde Wertz in Damaskus an deutsche Beamte übergeben und reiste über den Libanon nach Deutschland aus. Nach seiner Freilassung sagte er ROG, insgesamt gehe es ihm gesundheitlich „nicht schlecht“. Allerdings habe er Gewicht verloren und habe wegen der monatelangen Haft in einer feuchten, unmöblierten Zelle Haut- und Knieprobleme. Im Gefängnis sei er weder misshandelt noch angebrüllt worden, sei jedoch ständig in einer dunklen Zelle gewesen und habe deshalb keine zeitliche Orientierung gehabt. In den Verhören sei ihm vor allem vorgeworfen worden, unerlaubt fotografiert zu haben, was er stets bestritten habe.
Syrien gehört infolge des anhaltenden Bürgerkriegs zu den gefährlichsten Ländern weltweit für Journalisten. Seit Beginn des Aufstands gegen das Regime von Präsident Baschar al-Assad im März 2011 sind dort rund 100 professionelle Berichterstatter und Bürgerjournalisten wegen ihrer Arbeit getötet worden. Sowohl die Sicherheitskräfte des syrischen Regimes als auch einige Rebellengruppen versuchen mit gezielter Gewalt gegen Journalisten einschließlich willkürlicher Festnahmen und Entführungen, die mediale Deutungshoheit über die Ereignisse im Bürgerkrieg zu gewinnen.
Für die größte Zahl solcher Übergriffe war in den vergangenen Monaten die Al-Qaida nahestehende Gruppe Islamischer Staat im Irak und Syrien (ISIS) verantwortlich. Eine wichtige Rolle spielt weiterhin die ebenfalls Al-Qaida-nahe Al-Nusra-Front. ROG zählt diese Gruppe ebenso wie den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad zu den größten Feinden der Pressefreiheit weltweit. In einem Internetforum militanter Islamisten wurde kürzlich dazu aufgerufen, alle Journalisten – und insbesondere ausländische – als mutmaßliche Spione zu entführen.
Als ausländische Journalisten sind in Syrien derzeit unter anderem der Spanier Marc Marginedas (El PeriódicoI), die Franzosen Didier François und Edouard Elias (beide Europe 1) sowie der US-Amerikaner Austin Tice (Washington Post u.a.) entführt. Zu den Vermissten gehören der US-Reporter James Foley (Global Post) sowie der Jordanier Bashar Fahmi Al-Kadumi (Al-Hurra TV).
Auch zahlreiche einheimische Journalisten befinden sich in der Gewalt einer der Konfliktparteien oder werden vermisst, darunter Malek Abu Al-Kheir (Orient TV) und der Karikaturist Akram Raslan (Al-Fida). Nach wie vor verschollen ist auch Mazen Darwish, der Gründer und Präsident des Syrischen Zentrums für Medien und Meinungsfreiheit (SCM), das über die Situation von Journalisten im Land berichtete. Er wird an unbekanntem Ort festgehalten, seit Sicherheitskräfte am 16. Februar 2012 das SCM-Büro stürmten und Darwish sowie mehrere seiner Mitarbeiter verhafteten.
Auf der ROG-Rangliste der Pressefreiheit steht Syrien auf Platz 176 von 179 Ländern – noch schlimmer ist die Lage nur in Turkmenistan, Nordkorea und Eritrea. Aktuelle Meldungen zur Situation von Journalisten und Medien in Syrien finden Sie hier in englischer Sprache.
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