Russland 07.09.2022

Drakonisches Urteil gegen Iwan Safronow

Der angeklagte Iwan Safronow während der Gerichtsverhandlung am 05.09.2022. © picture alliance / ASSOCIATED PRESS

Der russische Investigativjournalist Iwan Safronow soll für 22 Jahre ins Gefängnis, nachdem er bereits bereits zwei Jahre lang in Untersuchungshaft gesessen hat. Ein Gericht in Moskau verurteilte den Journalisten am Montag (05.09.), wegen der Offenlegung sogenannter Staatsgeheimnisse – obwohl diese bereits zuvor online verfügbar waren. Die Anklage wegen Hochverrats, auf die sich dieses rachsüchtige Urteil stützt, ist nach Ansicht von Reporter ohne Grenzen (RSF) völlig unbegründet.

„Russlands gnadenloser Justizapparat versucht, einen talentierten Journalisten zu vernichten“, sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. „Iwan Safronows Anwälte durften ihn nicht verteidigen, das Urteil wurde hinter verschlossenen Türen gefällt. Die Brutalität dieses ungerechten Urteils zeigt aber letztlich nur, wie gut er seine Arbeit gemacht hat. Putins Russland ist heute ein Regime, das zutiefst allergisch auf unabhängigen Journalismus reagiert.“

Dem ehemaligen Rüstungsreporter der Wirtschaftszeitung Kommersant wird Landesverrat vorgeworfen. Zwischen 2015 und 2018 soll er in insgesamt sieben Artikeln militärische Staatsgeheimnisse an den tschechischen Journalisten Martin Larisch und den deutschen Politologen Dmitri Woronin geliefert haben. Nach Ansicht des russischen Geheimdienstes FSB arbeiteten beide für Nato-Dienste.

Widersprüche in der Urteilsbegründung

Allerdings waren alle angeblich geheimen Informationen bereits online verfügbar, als der Journalist seine Texte verfasste. So basiert Safronows Beschreibung der Verladung von T-72-Panzern und BRDM-2-Panzerfahrzeugen nach Serbien im Jahr 2018 auf Veröffentlichungen der staatlichen Nachrichtenagentur RIA Novosti und öffentlichen Berichten des russischen Verteidigungsministeriums. Die einzige Ausnahme sind seine Angaben zu technischen Problemen bei Tests von Aufklärungssatelliten: Dies wurde erst knapp zwei Monate später aufgrund einer Entscheidung des Moskauer Schiedsgerichts öffentlich, wie Recherchen von Proekt zeigten. Dieses russische investigative Medium wurde unlängst als „unerwünscht“ eingestuft und ist im Land de facto verboten.

Iwan Safronow gilt als einer der besten Journalisten Russlands. Vor seiner Verhaftung am 7. Juli 2020 veröffentlichte er mehrere bedeutende Recherchen. In der Haft missachteten die russischen Behörden Safronows Recht auf Verteidigung – auch sein Anwaltsteam geriet ins Visier der Geheimdienste.

JX Fund hilft verfolgten Medienschaffenden

Um Medienschaffenden, die sich gezwungen sehen, ihr Land aufgrund von zu hohem politischen Druck zu verlassen, schnell und unbürokratisch dabei zu helfen, ihre Arbeit im Exil unmittelbar nach ihrer Flucht fortzusetzen, hat RSF gemeinsam mit der Schöpflin Stiftung und der Rudolf Augstein Stiftung den JX Fund – European Fund for Journalism in Exile ins Leben gerufen.

Seit seiner Gründung im April hat der JX Fund 21 Exilmedien aus Russland und Belarus in acht verschiedenen Ländern sowie den Ausbau eines Media Hubs in Georgien unterstützt. Vergangene Woche startete die Informationsplattform Shpargalka | Exile – eine bedarfsorientierte Übersicht juristischer Regelungen in diversen Zielländern für bedrohte Medienschaffende, die sich gezwungen sehen, Russland zu verlassen.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Russland auf Platz 155 von 180 Staaten. 



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