Myanmar
14.01.2022
Dritter Journalist innerhalb eines Monats getötet
Reporter ohne Grenzen (RSF) ist entsetzt über den Mord an dem myanmarischen Journalisten Pu Tuidim. Der Gründer einer lokalen Nachrichtenseite hatte versucht, die Bevölkerung über Kämpfe zwischen bewaffneten Rebellen und der Militärjunta zu informieren, bevor ihn Soldaten der Regierung am vergangenen Wochenende entführten, als menschlichen Schutzschild nutzten und ermordeten. Pu Tuidim ist bereits der dritte Journalist, der in den vergangenen dreieinhalb Wochen in Myanmar getötet wurde. In dem südostasiatischen Land hat sich das Militär am 1. Februar 2021 zurück an die Macht geputscht und unterdrückt seitdem gnadenlos Journalistinnen, Journalisten und Medien. Mit mindestens 59 inhaftierten Journalistinnen und Journalisten steht Myanmar nach China nun an zweiter Stelle der Liste der Länder, in denen die meisten Medienschaffenden wegen ihrer Arbeit im Gefängnis sind.
„Grausam, zynisch, barbarisch – kaum ein Wort scheint den Mord an Pu Tuidim angemessen zu beschreiben. Sein Fall zeigt, mit welchen unerträglichen Methoden die Junta zunehmend gegen Medien und deren Mitarbeitende vorgeht“, sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. „Wir appellieren an die internationale Gemeinschaft, die gegen Mitglieder der Junta verhängten Sanktionen zu verschärfen, um diese Eskalation des Terrors gegen Journalistinnen und Journalisten zu beenden.“
Pu Tuidims Leiche wurde am Morgen des 9. Januar in der Gemeinde Matupi im Chin-Staat gefunden, einer Bergregion an der Grenze zu Indien. Zwei Tage zuvor hatten Mitglieder der Tatmadaw, so der offizielle Name der myanmarischen Streitkräfte, den Journalisten und neun weitere Personen entführt, als er über Zusammenstöße zwischen der Tatmadaw und bewaffneten lokalen Rebellen berichtete. Die Soldaten erschossen ihn, nachdem sie ihn als menschlichen Schutzschild benutzt hatten.
Pu Tuidim war Gründer und Chefredakteur der Khonumthung Media Group, einer lokalen Nachrichtenwebseite, die nach dem höchsten Berg im Chin-Staat benannt ist. Vor seinem Tod hatte die Redaktion gerade einen Artikel über den Einsatz von Zivilistinnen und Zivilisten als menschliche Schutzschilde durch die Tatmadaw veröffentlicht.
Am Abend des 9. Januar veröffentlichten seine Kolleginnen und Kollegen eine Erklärung, in der sie diese Praxis und den „durch die Gräueltaten des Militärrats verursachten“ Tod ihres Chefredakteurs verurteilten. Die Nachricht verbreitete sich in der gesamten Region unter dem Hashtag #အထူးဝမ်းနည်းကြေကွဲခြင်း (etwa: „besondere Trauer“).
Lebensgefährliche Arbeit
Knapp zwei Wochen zuvor, am 25. Dezember 2021, wurde der Journalist Sai Win Aung nahe der thailändischen Grenze im Bundesstaat Kayin bei einem Artillerieangriff der Tatmadaw durch Schüsse getötet. Er hatte über die Situation von Flüchtlingen vor Ort berichtet.
Am 14. Dezember starb der Journalist Soe Naing nach vier Tagen Haft und Verhör unter Folter in den Händen der Junta. Der freie Fotograf hatte bei seiner Festnahme über einen stillen Straßenprotest in der Stadt Yangon berichtet.
Unter den mindestens 59 in Myanmar inhaftierten Medienschaffenden sind zwei Journalisten, die für die Zeitung Zayar Times gearbeitet haben, die nach dem Militärputsch im vergangenen Februar geschlossen wurde. Der stellvertretende Chefredakteur Pyae Phyo Aung und der Reporter Myint Myat Aung (auch bekannt als D. Myat Nyein) wurden vergangene Woche wegen „Anstiftung zum Verbrechen“ zu jeweils zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Sie hatten keinen Zugang zu einem Anwalt.
Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Myanmar auf Platz 140 von 180 Staaten.
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