Bangladesch
08.08.2018
Fotojournalisten Shahidul Alam sofort freilassen
Reporter ohne Grenzen (ROG) fordert die Behörden in Bangladesch auf, den renommierten Fotojournalisten Shahidul Alam freizulassen. Alam wurde am Sonntagabend festgenommen, nachdem er sich kritisch über die Rolle der Regierung in den anhaltenden Studentenprotesten in der Hauptstadt Dhaka geäußert hatte. Ein Gericht hat wegen „Verbreitung von Propaganda gegen die Regierung“ inzwischen eine siebentägige Untersuchungshaft gegen den Fotografen angeordnet. Am Wochenende kam es zudem zu gewalttätigen Übergriffen gegen Journalisten, die über die Proteste berichteten.
„Die bangladeschischen Behörden müssen Shahidul Alam sofort freilassen und von den absurden Vorwürfen gegen ihn abrücken. Seine Festnahme dient dazu, andere kritische Journalisten in Bangladesch einzuschüchtern“, sagte ROG-Vorstandssprecher Michael Rediske. „Wir fordern die Behörden zudem auf, die Sicherheit der Journalisten in Dhaka zu gewährleisten. Reporter müssen ohne Angst vor Gewalt über die Proteste berichten können.“
Seit Ende Juli protestieren in der bangladeschischen Hauptstadt tausende Schüler und Studenten gegen die Zustände des Straßenverkehrs im Land und fordern von der Regierung mehr Einsatz für die Sicherheit auf den Straßen. Auslöser war der Tod zweier Jugendlicher, die von einem rasenden Bus erfasst wurden.
Fotojournalist nach Regierungskritik festgenommen
Rund 30 Männer in Zivil nahmen Alam am Sonntagabend in seiner Wohnung in Dhaka fest, wie die von Alam gegründete bangladeschische Bildagentur Drik mit Verweis auf Augenzeugen berichtete. Demnach drangen sie in das Wohnhaus ein, überwältigten Alam und brachten ihn in ein parkendes Auto. Sie sperrten die Wachmänner des Wohngebäudes ein und entfernten die Festplatten aus den Überwachungskameras.
Später bestätigte die Polizei Alams Festnahme und gab an, ihn zu seinen Facebook-Posts über die Studentenproteste zu befragen. Alam war am Tag seiner Festnahme von mutmaßlichen Mitgliedern der Studentenorganisation der regierenden Awami-Liga angegriffen worden, während er Übergriffe auf demonstrierende Studenten filmte. Auf Facebook machte er den Vorfall öffentlich und lud Fotos seiner zerstörten Kamera hoch.
Im Anschluss kritisierte er in einem Interview mit Al Jazeera English zudem die Regierung von Premierministerin Sheikh Hasina. Demnach seien die Studentenproteste ein Ventil für schon lange aufgestauten Unmut über die Regierung.
Ein Gericht in Dhaka ordnete am Montag wegen „Verbreitung falscher Informationen und Propaganda gegen die Regierung“ eine siebentägige Untersuchungshaft für Alam an. Grundlage ist Paragraph 57 des Gesetzes über Informations- und Kommunikationstechnologie. Mithilfe des umstrittenen Gesetzes wurden allein im vergangenen Jahr mindestens 25 Journalisten sowie hunderte Blogger und Facebook-Nutzer verfolgt.
In Polizeigewahrsam geschlagen
Freunden sagte Alam am Montag vor Gericht, dass er in Polizeigewahrsam geschlagen wurde. Zu dem Gerichtstermin habe er nicht auf eigenen Beinen gehen können, berichteten Augenzeugen dem Guardian.
Am Dienstag ordnete das Oberste Gericht an, dass Alam für eine medizinische Untersuchung aus dem Polizeigewahrsam in ein Krankenhaus verlegt wird, wie lokale Medien berichteten. Demnach muss dem Gericht bis Donnerstagvormittag ein Bericht über seinen Gesundheitszustand vorliegen.
Shahidul Alam gründete neben einer Bildagentur auch das Pathshala South Asian Media Institute, ein Institut für Fotografie in Dhaka. Er saß in der World Press Photo Jury und seine Werke wurden im Museum of Modern Art in New York und im Centre Pompidou in Paris ausgestellt. Die Bilder des preisgekrönten Fotografen wurden unter anderem in der New York Times, im Time Magazine und in National Geographic veröffentlicht.
Angriffe gegen Journalisten
Am Tag der Festnahme von Alam wurden zudem mindestens 23 Reporter von Anhängern der Regierungspartei und Mitgliedern ihrer Studentenorganisation angegriffen, während sie über die Proteste berichteten. Die Angreifer waren mit Macheten, Stahlstangen und Stöcken bewaffnet und trugen Motorradhelme.
Nachdem es am vergangenen Wochenende zu Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten in Dhaka gekommen war, haben die Behörden das mobile Internet zwischenzeitlich gesperrt.
Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Bangladesch auf Platz 146 von 180 Staaten. Mindestens zehn Medienschaffende sitzen derzeit wegen ihrer journalistischen Tätigkeit in Haft.
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