Vereinigtes Königreich 04.04.2023

Gefängnisleitung verwehrt RSF Assange-Besuch

Die drei benannten stehen bei Sonnenschein auf einer grünen Wiese vor lauter Mikrofonen. Auf der linken Seite stehen und hocken viele Medienschaffende.
RSF Generalsekretär Christophe Deloire (rechts), RSF Kampagnendirektorin Rebecca Vincent (dritte von rechts) und Julian Assanges Frau Stella Assange (zweite von rechts) sprechen zu den Medien vor dem Belmarsh-Gefängnis in London. © picture alliance / empics | Stefan Rousseau

Einem Vertreter und einer Vertreterin von Reporter ohne Grenzen (RSF) ist am Dienstag (04.04.) der Besuch von Wikileaks-Gründer Julian Assange im Belmarsh-Gefängnis in London verwehrt worden. RSF-Generalsekretär Christophe Deloire und Kampagnendirektorin Rebecca Vincent hatten zuvor die Zusage erhalten, Assanges Ehefrau Stella bei einem Besuch in dem Hochsicherheitsgefängnis begleiten zu dürfen. Stella Assange wurde der Einlass gewährt.

Der Gefängnisverwaltung zufolge hatte diese „Informationen erhalten“, dass die RSF-Mitarbeitenden journalistisch tätig seien und daher gemäß einer Entscheidung von Gefängnisdirektorin Jenny Louis nicht eingelassen werden dürften. Louis reagierte nicht auf dringende Anfragen, Deloire und Vincent zu treffen oder anderweitig einzugreifen, um ihnen den Zugang zu ermöglichen.

„Wir sind zutiefst enttäuscht über die willkürliche Entscheidung der Gefängnisverwaltung, uns den Besuch bei Julian Assange zu verwehren, obwohl wir alle Regeln befolgt haben. Julian Assange hat das Recht, Besucherinnen und Besucher im Gefängnis zu empfangen, und als Pressefreiheitsorganisation sind wir berechtigt, ihn zu besuchen. Wir fordern, dass die Entscheidung aufgehoben wird und wir umgehend Zugang erhalten“, sagte Deloire.

„Dies ist nur das jüngste in einer langen Reihe von aberwitzigen Hindernissen, die uns in den vergangenen drei Jahren bei der Kampagne für die Freilassung von Julian Assange in den Weg gelegt wurden. Die britischen Behörden haben auf allen Ebenen gemauert, anstatt ein angemessenes Engagement einer NGO in diesem Fall zuzulassen – von der Weigerung, unsere Petitionen anzunehmen, bis hin zum fast unmöglichen Zugang zum Gerichtsverfahren. Und jetzt das. Wir lassen uns aber nicht beirren und setzen unsere #FreeAssange-Kampagne unvermindert fort“, sagte Vincent.

RSF wäre die erste NGO gewesen, die Zugang zu Assange im Belmarsh-Gefängnis erhalten hätte. Seit seiner Inhaftierung vor fast vier Jahren hatte er neben seiner engsten Familie nur eine Handvoll Besucherinnen und Besucher. Deloire und Vincent wollten sich ein Bild von Assanges Gesundheitszustand machen und mit ihm über seinen Fall sprechen – als NGO, die sich aktiv für seine Freilassung einsetzt, nicht als Medienschaffende. Deloire hätte Assange in seiner Eigenschaft als RSF-Generalsekretär besucht, Vincent als Direktorin für Kampagnen. Vincent hat nie als Journalistin gearbeitet oder einen Presseausweis besessen. Deloire war lange Journalist, bevor er Generalsekretär von RSF wurde, und hat dies nie verheimlicht. Während Assanges Zeit in der ecuadorianischen Botschaft hat Deloire ihn dreimal besucht.

Schon als RSF das Auslieferungsverfahren von Assange vor Londoner Gerichten beobachtete, war die NGO mit erheblichen Hindernissen konfrontiert – und zwar aus eben dem Grund, dass sie Mitarbeitende einer Menschenrechtsorganisation waren und sich nicht akkreditieren lassen konnten, wie es Journalistinnen oder Journalisten tun. RSF hatte daher nur über die Besuchertribüne Zugang zum Gericht und war die einzige NGO, die sich von 2020 bis 2022 in allen Verfahrensphasen diesen Zugang erkämpft hat.

RSF ist auch bei dem Versuch, #FreeAssange-Petitionen an die britische Regierung zu übergeben, immer wieder auf Hindernisse gestoßen. Im September 2020 weigerte sich das Büro des damaligen Premierministers Boris Johnson, eine Petition mit 108.000 Unterschriften anzunehmen, in der die britischen Behörden aufgefordert wurden, Assange nicht an die USA auszuliefern. Im Mai 2022 weigerte sich das Innenministerium, eine weitere Petition mit 64.000 Unterschriften anzunehmen. In dieser wurde die damalige Innenministerin Priti Patel aufgefordert, den Auslieferungsbefehl abzulehnen. Die britischen Botschaften in sechs anderen Ländern auf der ganzen Welt, darunter in Deutschland, nahmen die Petition hingegen an.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht das Vereinigte Königreich auf Platz 24 von 180 Staaten.



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