Bundestagswahl 2021
21.05.2021
Leitfaden für den digitalen Wahlkampf
Reporter ohne Grenzen (RSF) ruft die zur Bundestagswahl antretenden Parteien gemeinsam mit einem breiten zivilgesellschaftlichen Bündnis zur Einhaltung eines neuen “Leitfadens für Digitale Demokratie” auf. Neben der Stiftung Neue Verantwortung (SNV), der Amadeu Antonio Stiftung und Transparency International hat auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) den Appell unterzeichnet. Die Organisationen setzen sich dafür ein, dass sich Parteien zu einem transparenten digitalen Wahlkampf ohne Hass und Desinformation verpflichten. Damit sollen Wählerinnen und Wähler, aber auch berichtende Medien geschützt werden.
Noch nie war ein Bundestagswahlkampf so digital wie 2021: In der Covid-19-Krise findet Meinungsbildung zunehmend online statt. Während es jedoch für den Wahlkampf auf der Straße und im Fernsehen klare Regeln gibt, ist der digitale Wahlkampf mit wenigen Ausnahmen unreglementiert. Wählerinnen und Wähler können so Manipulation, Diskriminierung und Eingriffen in die Privatsphäre ausgesetzt sein, warnt das Bündnis aus zivilgesellschaftlichen Gruppen und Wissenschaft.
„Die Verlagerung des Bundestagswahlkampfes in digitale Räume birgt erhebliche Gefahren für die freie Meinungsbildung. Weder den Parteien noch den Online-Plattformen, auf denen Wahlkampf gemacht wird, sind bisher angemessene ethische und rechtliche Grenzen gesetzt, die Wählerinnen und Wähler vor manipulativer Einflussnahme schützen könnten“, sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. „Das Internet spielt eine immer größere Rolle als Informationsquelle, in der vertrauenswürdige Medienberichte neben polarisierenden Meinungsbeiträgen, zielgruppengesteuerter Werbung und Desinformation um Aufmerksamkeit ringen. Wir rufen die Parteien daher dringend dazu auf, eine Selbstverpflichtung zu einem fairen Wahlkampf einzugehen, der auf Hass und Desinformation verzichtet, unethische Formen der Ansprache aufgrund persönlichster Daten ausschließt und unabhängige Medien weder angreift noch verleumdet.“
Das Bündnis schlägt hierzu konkrete Maßnahmen vor, die die Parteien für einen solchen fairen digitalen Wahlkampf umsetzen sollten. Zu den Vorschlägen gehört etwa die klare Kennzeichnung bezahlter politischer Botschaften im Netz und der Verzicht darauf, gefälschte Profile und „Likes” im Netz zu kaufen. „Demokratische Parteien müssen sicherstellen, dass das Internet eine positive Kraft für die Demokratie bleibt”, heißt es dazu im Aufruf.
Expertinnen und Experten des Bündnisses werden während des Wahlkampfs prüfen, wie sich die Parteien im digitalen Wahlkampf verhalten. Auf der Seite www.campaign-watch.de sollen ethische und rechtliche Fehltritte für die Öffentlichkeit dokumentiert werden.
In anderen europäischen Staaten wie Irland, den Niederlanden und zuletzt Großbritannien haben sich Kandidierende und Parteien auf ähnliche Selbstverpflichtungen geeinigt. In Deutschland ist ein gemeinsamer Verhaltenskodex der Parteien zur Bundestagswahl 2017 gescheitert.
Das Bündnis umfasst neben RSF, der SNV, der Amadeu Antonio Stiftung, Transparency International und dem DGB auch die Deutsche Journalistinnen und Journalisten Union, Futur Eins, das Institute for Strategic Dialogue und zahlreiche weitere Digital- und Menschenrechtsorganisationen.
Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Deutschland auf Rang 13 von 180 Staaten.
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