Kolumbien 05.09.2002

Gewalt gegen Journalisten nimmt zu

Nach dem neuesten Attentatsversuch am 23. Juli 2002, bei dem zwei
kolumbianische Journalisten schwer verletzt wurden, fordert Reporter
ohne Grenzen
in einem Brief an den kolumbianischen Justizminister
Rómolu González Trujillo, die Tat unverzüglich aufzuklären und die Täter zu
bestrafen. Bei dem Sprengstoffanschlag auf ein Café in der Stadt Medellin
(im Nordosten des Landes) wurde ein ehemaliger Abgeordneter getötet und 10
Personen verletzt, darunter Fernando Yera, Leiter des Radiosenders
El Clarí;n, und Jorge Carvalho, ehemaliger Leiter des
Radiosenders Todelar.

Nach Informationen der kolumbianischen Behörden warf eine Gruppe von
Männern aus einem Auto heraus den Sprengstoff in das Café San Joaquin. Dort
trafen sich Politiker und Journalisten zu einem regelmäßigen, informellen
Austausch über die Probleme des Landes. Nach ersten Ermittlungen vermuten
die Behörden die Guerilla der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens
(FARC) hinter dem Anschlag. Ein Bekennerschreiben fehlt bisher.

In einem Brief an Manuel Marulanda, fordert die internationale
Menschenrechtsorganisation zur Verteidigung der Pressefreiheit den Führer
der FARC-Guerilla auf, Artikel 3 der Genfer Konvention zu respektieren. Er
garantiert den Schutz von Personen, die nicht direkt an einem Konflikt
beteiligt sind.

Journalisten in Kolumbien arbeiten in einem Klima des Terrors. Vor einer
Woche, am 19. Juli, erhielt die Mediengruppe RCN in Calí; (im Südwesten
des Landes) ein Schreiben, indem acht Journalisten aufgefordert wurden, die
Stadt innerhalb von 72 Stunden zu verlassen. Die Mitteilung, die angeblich
von der Front "Manuel Cepada Vargas", dem linken Flügel der
FARC-Guerilla, stammt, behauptete die Journalisten seien "Feinde des
Volkes, die die Interessen der Oligarchie verteidigen". Am Tag zuvor
ging ein Schreiben bei Radio Super in Bogotá ein, indem die
Guerillakämpfer den Mediengruppen Caracol und RCN vorwerfen,
den subversiven Aktionen der FARC die Legitimation abzusprechen und sie zu
verteufeln. Die Authentizität der Schreiben konnte nicht bestätigt werden.

Seit Anfang Juli sind zwei Reporter wegen den Morddrohungen, die sie von
der FARC erhielten, ins Exil gegangen. Am 16. Juli verließ Carlos
Lajud
, Mitarbeiter des Fernsehkanals City TV in Bogotá, mit
seiner Frau zusammen Kolumbien. Der Journalist hatte in Fernsehreportagen
die Methoden der FARC kritisiert. Astrid Legarda, Mitarbeiterin von
RCN TV, ging am 3. Juli ins Exil, nachdem sie erfahren hatte, die
FARC plane sie wegen ihrer Berichterstattung über den bewaffneten Konflikt
zu ermorden. Die Journalistin veröffentlichte Reportagen über die Kämpfe
zwischen den rechtsgerichteten Paramilitärs und der linksgerichteten
Guerilla und führte zahlreiche Interviews mit Paramilitärs der Vereinigten
Selbstverteidigungskräfte Kolumbiens (AUC).

In den letzten zehn Jahre wurden in Kolumbien über 40 Journalistinnen und
Journalisten in Ausübung ihrer Tätigkeit ermordet.

Für weitere Informationen: Tel. (030) 615 85 85

deutsch: www.reporter-ohne-grenzen.de

französisch / englisch / spanisch: www.rsf.org

 

nach oben