Internationaler Frauentag
07.03.2024
Immer längere Haftstrafen für Journalistinnen
Das Schicksal von Maryna Zolatava steht beispielhaft für viele Frauen, die für ihren Mut einen hohen Preis bezahlen: Die belarussische Journalistin wurde zu zwölf Jahren Straflager verurteilt. Das Strafmaß gilt als unverhohlene Rache des Lukaschenko-Regimes – dafür, dass Zolatava und ihre Redaktion unerschrocken über die Proteste gegen die Regierung berichtet hatten. Die studierte Philologin ist Mutter von zwei Kindern und begeisterte Läuferin, die zum Halbmarathon antrat. Zum Zeitpunkt ihrer Verhaftung war sie Chefredakteurin von Tut.by, der wichtigsten unabhängigen Stimme des Landes. Sie stellte unangenehme Fragen und berichtete auch über die furchtbaren Haftbedingungen der politischen Gefangenen. Nun muss sie selber unter diesen Umständen leiden.
Denn obwohl Journalistinnen nur 13 Prozent der weltweit inhaftierten Medienschaffenden ausmachen – aktuell sind 69 Frauen und 474 Männer aufgrund ihrer journalistischen Tätigkeit im Gefängnis – haben sie fünf der neun längsten Strafen erhalten, die seit Januar 2023 gegen Reporterinnen oder Reporter verhängt wurden. Zum Weltfrauentag am 8. März erinnert Reporter ohne Grenzen (RSF) an diese mutigen Frauen, die für ihren Kampf für die Pressefreiheit zu zehn Jahren Gefängnis bis hin zu lebenslanger Haft unter unmenschlichen Bedingungen verurteilt wurden.
„Mit ihrer Professionalität, ihrem Mut und ihrer Entschlossenheit sind Journalistinnen für viele Frauen und Männer gleichermaßen zu Vorbildern geworden“, sagt RSF-Vorstandssprecherin Katja Gloger. „Reporter ohne Grenzen stellt sich hinter diese Reporterinnen, die in ihren Ländern über Korruption, Unterdrückung und Machtmissbrauch berichtet haben und dafür zum Teil zu lebenslanger Haft verurteilt wurden. Sie sind politische Gefangene. Wir rufen demokratische Regierungen dazu auf, sich konsequent und mit aller Kraft für ihre Freilassung einzusetzen.“
Im Jahr 2023 hat Reporter ohne Grenzen 140 Journalistinnen mit Stipendien unterstützt. Zu weiteren Projekten gehört ein sicherer Arbeitsraum für Journalistinnen in Gaza, Schulungen im Rahmen der Wahlberichterstattung im Senegal oder ein Workshop-Programm für mehr als 100 Journalistinnen in Indien, dem Network of Women in Media.
So unterdrücken repressive Regime Journalistinnen
Allein Belarus verurteilte 2023 drei Journalistinnen zu Haftstrafen zwischen zehn und zwölf Jahren: Maryna Zolatava, Ljudmila Tschekina und Valeria Kastiougova. Journalistinnen unabhängiger und regierungskritischer Medien waren im Kontext der Protestbewegungen nach der gefälschten Wiederwahl von Präsident Lukaschenko im August 2020 starken Repressionen ausgesetzt. Seitdem hat sich die Lage nicht verbessert, im Kontext des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine hat sich die Zensur eher noch verschlimmert.
Auch aus Burundi kommen schlechte Nachrichten. Floriane Irangabiye wurde im Januar 2023 zu zehn Jahren Haft verurteilt. Die Radiomoderatorin, die wegen „Gefährdung der inneren Sicherheit des nationalen Territoriums“ verurteilt wurde, arbeitete für Radio Igicaniro, ein Medium mit Sitz in Ruanda, das Nachrichten für Exilanten und Expatriates aus Burundi im ruandischen Exil bringt. Im Februar dieses Jahres wurde ihre Strafe in einem Berufungsverfahren vor dem Obersten Gerichtshof in Burundi bestätigt.
Eine andere Region, aber ebenso schlechte Voraussetzungen für die Pressefreiheit und ihre Verteidigerinnen: Im Januar 2024 verurteilte die Junta in Myanmar die Dokumentarfilmerin Shin Daewe zu lebenslanger Haft. Seit dem Staatsstreich im Februar 2021 war noch nie eine so harte Strafe gegen Medienschaffende verhängt worden. Derzeit werden 62 weitere Reporterinnen und Reporter, darunter sieben Frauen, in Gefängnissen in Myanmar festgehalten. Das verdeutlicht das Ausmaß der Willkür und der Unnachgiebigkeit der Junta gegenüber unabhängigen Medien. Seit dem Militärputsch wurden fünf Medienschaffende in Myanmar getötet.
Eines der repressivsten Länder im Umgang mit unabhängigen Journalistinnen ist seit vielen Jahren der Iran. Seit Beginn der vor allem von Frauen getragenen Protestbewegung „Frau, Leben, Freiheit“ werden Journalistinnen vom Regime noch unnachgiebiger verfolgt. Nachdem sie über den Tod von Jina Mahsa Amini berichtet hatten, wurden die Journalistinnen Elahe Mohammadi und Nilufar Hamedi im Oktober 2023 zu drei Freiheitsstrafen von insgesamt 12 beziehungsweise 13 Jahren verurteilt, von denen sie jeweils die längste Strafe verbüßen müssen. Beide wurden zwar im Januar nach 15 Monaten vorläufig freigelassen, sind aber stark gefährdet, nach ihrem Berufungsverfahren erneut inhaftiert zu werden.
Vier weitere Journalistinnen sind im Iran noch immer inhaftiert, darunter Narges Mohammadi, Friedensnobelpreisträgerin 2023, die seit November 2021 im berüchtigten Evin-Gefängnis ist und eine mehrjährige Haftstrafe verbüßt. Im September 2023 veröffentlichte die Welt einen Brief der Journalistin, in dem sie über Misshandlungen, Folter und sexuelle Übergriffe bis hin zu Vergewaltigungen durch das Gefängnispersonal berichtet. Narges Mohammadi wurde zum ersten Mal 1998 inhaftiert und saß seitdem insgesamt zehn Jahre im Gefängnis.
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