Großbritannien 14.03.2022

Innenministerin muss Auslieferung stoppen

Eine Gerichtszeichnung aus dem Auslieferungsverfahren von Julian Assange. Zu sehen ist der Angeklagte Assange sowie eine Richterin und eine weitere Person. © picture alliance / empics / Elizabeth Cook
Eine Gerichtszeichnung aus dem Auslieferungsverfahren von Julian Assange. © picture alliance / empics / Elizabeth Cook

Reporter ohne Grenzen (RSF) ist zutiefst enttäuscht über die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (Supreme Court) in Großbritannien, im Auslieferungsverfahren gegen den Wikileaks-Gründer Julian Assange keine Berufung zuzulassen. Mehr als zwei Jahre nach Beginn des Auslieferungsverfahrens wird der Fall nun an das Innenministerium zurückverwiesen, wo eine politische Entscheidung gefällt werden wird. RSF fordert das Innenministerium auf, die Auslieferung abzulehnen und Assange sofort aus seiner Haft im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh in London zu entlassen.

„Der Fall von Julian Assange liegt in überwältigender Weise im öffentlichen Interesse, und er hätte eine Überprüfung durch das höchste Gericht Großbritanniens verdient“, sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. „Aber nach zwei Jahren Auslieferungsverfahren ist das Schicksal von Assange nun wieder zu einer rein politischen Frage geworden. Wir fordern Innenministerin Priti Patel deshalb auf, im Sinne des Journalismus und der Pressefreiheit zu handeln, indem sie die Auslieferung ablehnt und unverzüglich für Assanges Freilassung sorgt.“

Am Montag (14.03.) gab Assanges Anwaltsteam bekannt, dass der Oberste Gerichtshof seine Berufung mit der Begründung abgelehnt hat, dass der Berufungsantrag „keine strittige Rechtsfrage“ aufwerfe. Die Verteidigung hatte angeführt, dass die Zusicherungen der USA zum Umgang mit Assange nach einer Auslieferung noch nicht vorgelegen hatten, als ein Gericht in erster Instanz die Auslieferung abgelehnt hatte. Der Fall wird nun an Innenministerin Priti Patel zurückgeschickt, die nun darüber zu entscheiden hat, ob die Auslieferung genehmigt oder abgelehnt wird. Vor knapp drei Jahren hatte ihr Amtsvorgänger Sajid Javid dem Auslieferungsantrag der US-Regierung grünes Licht gegeben.

Am 24. Januar hatte ein Berufungsgericht entschieden, dass Assange beim Obersten Gerichtshof Berufung einlegen darf. Dabei sollte es um offene Fragen hinsichtlich der diplomatischen Zusicherungen gehen, mit denen die US-Regierung Bedenken über die Behandlung von Assange im Falle seiner Auslieferung ausräumen wollte.

Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs ist ein schwerer Rückschlag für Assanges Kampf gegen seine Auslieferung an die USA. Dort droht ihm im Zusammenhang mit der Veröffentlichung geheimer militärischer und diplomatischer Dokumente durch Wikileaks im Jahr 2010 eine Haftstrafe von bis zu 175 Jahren. Da die Dokumente Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen aufdeckten, war ihre Veröffentlichung von großem öffentlichen Interesse. Eine Auslieferung Assanges an die USA wäre ein fatales Signal für die Pressefreiheit weltweit.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Großbritannien auf Platz 33 von 180 Staaten.



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