Türkei 15.04.2025

Welle von Festnahmen gegen Medien

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan spricht an einem Pult während einer Versammlung. Er guckt grimmig und hebt seinen rechten Zeigefinger.
Auch die inzwischen freigelassenen Medienschaffenden sind weiterhin Repressionen ausgesetzt. © picture alliance / Sipa USA | Depo Photos

Seitdem Istanbuls Bürgermeister Ekrem İmamoğlu am 19. März verhaftet wurde, was landesweite Proteste auslöste, werden unabhängige Medien zunehmend an ihren Recherchen gehindert. In den vergangenen zwei Wochen kamen in der Türkei mindestens zwölf Medienschaffende zwischenzeitlich in Gewahrsam. Sie hatten zuvor über die Proteste berichtet. Reporter ohne Grenzen (RSF) fordert ein sofortiges Ende der Welle von Festnahmen gegen Journalistinnen und Journalisten.

„Reporterinnen und Journalisten werden für ihre kritische Berichterstattung bestraft. Sie machen nur ihre Arbeit und müssen diese frei und ohne Angst ausüben können“, sagte RSF-Geschäftsführerin Anja Osterhaus. „Auch die inzwischen freigelassenen Medienschaffenden sind weiterhin Repressionen ausgesetzt und können ihre journalistische Arbeit nicht ohne Gefahr wiederaufnehmen.“

Letzte Woche hat die Polizei in Istanbul die Investigativjournalisten Timur Soykan und Murat Ağırel festgenommen. Die Behörden haben ihnen Betrug und Erpressung vorgeworfen. Timur Soykan ist Kolumnist für die Tageszeitung BirGün, Murat Ağırel schreibt für die Zeitung Cumhuriyet. In einer Sendung des Youtube-Kanals Onlar-TV hatten sie über mutmaßliche Unregelmäßigkeiten in den Ermittlungen gegen den Istanbuler Bürgermeister Ekrem İmamoğlu berichtet. Dieser ist wegen angeblicher Korruption und Unterstützung einer terroristischen Organisation verhaftet worden. İmamoğlu gilt als eine der wichtigsten Oppositionsfiguren von Präsident Recep Tayyip Erdoğan. Seitdem protestieren trotz Demonstrationsverbot landesweit Tausende für seine Freilassung. Die Polizei geht mit Pfefferspray, Schlagstöcken und zahlreichen Festnahmen gegen die Proteste vor.

Die beiden Journalisten wurden wieder freigelassen, doch sie stehen weiterhin unter gerichtlicher Aufsicht. Ihre Reisepässe wurden eingezogen, und sie dürfen das Land nicht verlassen. Bis zur Verhandlung müssen sie sich dreimal pro Woche bei einer Polizeiwache melden.

Auch Journalistinnen und Reporter oppositioneller Sender geraten ins Visier der Behörden. Seit Beginn der Protestbewegung wurden mindestens zehn weitere Medienschaffende festgenommen. Unter ihnen waren die Fotojournalisten Bülent Kılıç und Murat Kocabaş, sowie die freiberufliche Journalistin Zeynep Kuray, der AFP-Reporter Yasin Akgül und der Journalist Ali Onur Tosun. Obwohl sie inzwischen wieder frei sind, haben die Behörden die Vorwürfe nicht fallengelassen. Laut türkischen Medien hat die Istanbuler Staatsanwaltschaft Anklage gegen die Medienschaffenden erhoben. Der Sonderkorrespondent des schwedischen Senders Dagens ETC, Joakim Medin, befindet sich weiterhin in Haft. Im März wurde der BBC-Korrespondent Mark Lowen nach fünf Jahren in der Türkei wegen „Gefährdung der öffentlichen Ordnung“ des Landes verwiesen. Auch die unabhängige türkische Journalistin Elif Akgül sitzt noch immer in Untersuchungshaft. Die Justiz wirft ihr die Mitgliedschaft in der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei (PKK) vor. Im Herbst 2022 war sie für vier Monate Stipendiatin bei Reporter ohne Grenzen in Berlin.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht die Türkei auf Rang 158 von 180.



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