Vereinigtes Königreich / USA
24.12.2019
Julian Assange sofort freilassen
Reporter ohne Grenzen ist in höchstem Maße alarmiert über den Gesundheitszustand von Wikileaks-Gründer Julian Assange. Laut Berichten hat sich sein Zustand in der Haft in Großbritannien massiv verschlechtert. Daher fordern wir seine Freilassung aus humanitären Gründen. Julian Assange soll wegen seiner Journalismus-ähnlichen Aktivitäten der Prozess gemacht werden, seine Auslieferung in die USA schüfe einen gefährlichen Präzedenzfall. ROG ruft die USA dringend dazu auf, die Spionagevorwürfe gegen den Whistleblower fallenzulassen.
Der UN-Sonderberichterstatter zu Folter, Nils Melzer, hatte am 1. November öffentlich "seine Besorgnis über die anhaltende Verschlechterung des Gesundheitszustands von Julian Assange seit seiner Verhaftung und Inhaftierung Anfang dieses Jahres zum Ausdruck“ gebracht. Er erklärte zudem, dass Assanges „Leben nun in Gefahr sei". Eine Gruppe von mehr als 60 Ärztinnen und Ärzten gab in einem offenen Brief vom 25. November eine ähnliche Warnung heraus. Assanges Gesundheitszustand sei so schlecht, dass er ohne baldige medizinische Versorgung im Gefängnis sterben könnte.
Reporter ohne Grenzen hat die gezielte Verfolgung von Assange durch die US-Regierung wegen seiner Journalismus-ähnlichen Aktivitäten immer wieder verurteilt. Die Veröffentlichung geleakter Geheimdokumente hat journalistische Berichte ermöglicht, die von öffentlichem Interesse sind. In den USA drohen Assange insgesamt 18 Anklagen, 17 davon basieren auf dem Spionagegesetz (Espionage Act), das von der Trump-Regierung zunehmend dazu genutzt wird, Berichterstattung und Whistleblowing einzuschränken, mit Verweis auf Interessen der nationalen Sicherheit.
"Wir sind beunruhigt über den derzeitigen Gesundheitszustand von Julian Assange und fordern seine sofortige Freilassung aus humanitären Gründen. Wir gehen davon aus, dass er von den USA wegen seiner Journalismus-ähnlichen Aktivitäten ins Visier genommen wurde“, sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. „Dies könnte zu einem gefährlichen Präzedenzfall für die Pressefreiheit werden. Die USA sollten ihre Verfolgung von Assange einstellen und die Anklage nach dem Spionagegesetz unverzüglich fallen lassen."
Ende November hatte Reporter ohne Grenzen im Bundestag an einem Fachgespräch zum Schutz von Whistleblowern und Informantinnen teilgenommen. Dabei ging es auch um den Fall des Wikileaks-Gründers Julian Assange.
Strafverfolgung Assanges würde gefährlichen Präzedenzfall schaffen
Das US-Spionagegesetz enthält nach Ansicht von Reporter ohne Grenzen keine ausreichenden Vorkehrungen, um Whistleblowerinnen und Whistleblower vor Strafverfolgung zu schützen. Angeklagten ist es nicht erlaubt, zu ihrer Verteidigung vorzubringen, dass sie im öffentlichen Interesses handelten, und die Staatsanwälte müssen nur zeigen, dass die undichte Stelle die nationale Sicherheit hätte beeinträchtigen können - nicht, dass sie es tatsächlich getan hat. ROG befürchtet, dass die gezielte Verfolgung von Assange unter dem Spionagegesetz einen gefährlichen Präzedenzfall schaffen könnte. Dieser könnte künftig herangezogen werden, um Journalistinnen und Journalisten sowie Verlegerinnen und Verleger strafrechtlich zu verfolgen, weil sie sich an Aktivitäten beteiligt haben, die für die im öffentlichen Interesse liegende investigative Berichterstattung notwendig sind.
Reporter ohne Grenzen hat auch die Entscheidung des britischen Innenministeriums verurteilt, dem US-Auslieferungsantrag grünes Licht zu geben. Assange ist derzeit im Gefängnis von Belmarsh inhaftiert und wartet auf seine Anhörung. Im Mai 2019 war er zu einer 50-wöchigen Haftstrafe verurteilt worden, weil er im Juni 2012 bei der ecuadorianischen Botschaft in London Zuflucht gesucht hatte, wo er sich bis zu seiner Abschiebung und Verhaftung im April 2019 aufhielt.
Die Auslieferungsanhörung von Assange soll ab dem 25. Februar 2020 vor dem Westminster Magistrates' Court in London stattfinden. ROG ist besorgt über Berichte, dass Assange nicht ausreichend Gelegenheit hatte, sich auf seine Anhörung vorzubereiten, und dass seine Anwälte keinen angemessenen Zugang zu ihm im Gefängnis haben - beides Maßnahmen, die seine Grundrechte verletzen. Vertreter von Reporter ohne Grenzen planen, die Auslieferungsanhörung aufmerksam vor Ort zu verfolgen.
Auf der Rangliste der Pressefreiheit stehen die USA auf Platz 48 und Großbritannien auf Platz 33 von 180 Ländern.
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