Sahel-Region 26.09.2024

Lokale Radios unter wachsendem Druck

Zwei Mitarbeiterinnen eines Community Radio sitzen vor einem Mischpult.
Mitarbeiterinnen eines Community Radios in Liberia. © picture alliance / AP Images / Shehzad Noorani

Lokale Radios sind ein zentraler Bestandteil der Medienlandschaft in der Sahel-Region. Hunderte dieser kleinen, oft selbstorganisierten Radiostationen versorgen die Bewohnerinnen und Bewohner mit wichtigen Informationen, sie sind sprachlich und thematisch nah am Alltag der Menschen. In der Sahel-Region sind im ersten Halbjahr 2024 zwei Mitarbeiter solcher lokalen Radiostationen getötet worden, vier weitere wurden von bewaffneten Banden entführt. Reporter ohne Grenzen (RSF) hat auf einer Veranstaltung am 24. September in der malischen Hauptstadt Bamako gemeinsam mit über 500 westafrikanischen Radiostationen die Regierungen der Sahel-Länder und die internationale Gemeinschaft dazu aufgefordert, die Bedeutung der Radiosender für die Pressefreiheit zu würdigen, sie zu fördern und zu schützen.

„Lokale Radios sind vor Ort und haben Zugänge, die internationalen Medienschaffenden oft verschlossen bleiben“, sagt RSF-Geschäftsführerin Anja Osterhaus. „Für die Bevölkerung haben sie einen unschätzbaren Wert, aber sie sind in besonderem Maße von bewaffneten Gruppen und politischer Instabilität bedroht. Ihre Journalistinnen und Reporter müssen sicher arbeiten können.“

Besonders im Fokus steht Mali, wo bis Ende 2023 auch die deutsche Bundeswehr aktiv war. RSF hatte deshalb im April 2024 darauf aufmerksam gemacht, dass auch die Bundesregierung eine Verantwortung gegenüber Medienschaffenden trägt, etwa im Rahmen der Hannah-Arendt-Initiative.

Morde und Entführungen

Am 7. November 2023 wurde der malische Journalist Abdoul Aziz Djibrilla vom lokalen Radiosender Gemeinde Naata in der Region Gao erschossen, als er auf dem Weg zu einem Workshop war. Beim gleichen Angriff wurden zudem die Journalisten Saleck Ag Jiddou und Moustapha Koné von Radio Coton FM aus der Region Ansongo entführt. Der Journalist Hamadoun Nialibouly vom Radio Dandé Douentza („Die Stimme von Douentza“) ist seit September 2020 verschwunden, sein Kollege Moussa M'bana Dicko von Dandé Haïré („Die Stimme von Haïré“) seit April 2021. Beide stammen aus Zentral-Mali.

Am 1. März wurde der tschadische Journalist Idriss Yaya vom lokalen Radiosender der Stadt Mongo erschossen, während er seine Familie in Djondjol besuchte. Der Journalist war bereits mehrfach bedroht und angegriffen worden, weil er über die häufigen Konflikte zwischen den Volksgruppen in Zentral-Tschad berichtete. Seine Mörder töteten auch Yayas Frau und den gemeinsamen Sohn.

Aus Sicht von RSF sollten die folgenden fünf Themen Priorität haben:

  • Bekämpfung der Straflosigkeit für Verbrechen an Medienschaffenden
  • Freilassung der von bewaffneten Banden entführten Radiojournalisten
  • Ersetzung zerstörter und beschädigter Räumlichkeiten und Arbeitsmaterialien
  • Sicherheitsschulungen von Mitarbeitenden lokaler Radiostationen
  • Anerkennung der Bedeutung dieser Radiosender, insbesondere in der Mediengesetzgebung

Nicht zuletzt aufgrund der Staatsstreiche in mehreren Ländern der Sahel-Region verschlechterte sich die Sicherheitslage für Journalistinnen und Reporter zusehends. RSF hatte bereits im April 2023 im Bericht „What it’s like to be a journalist in the Sahel“ vor dieser Situation gewarnt. Der Bericht beschreibt die Lage in Mauretanien (Platz 33 auf der Rangliste der Pressefreiheit), Mali (114), Burkina Faso (86), Benin (89), Niger (80) und Tschad (96). Zwei Wochen vor Erscheinen des Berichts kam der französische Journalist Olivier Dubois frei. Er hatte fast zwei Jahre in der Gewalt einer dschihadistischen Gruppierung in Mali verbracht.



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