Mexiko
24.03.2022
Fünf Jahre nach dem Mord an Miroslava Breach
Am 23. März hat sich der Mord an der mexikanischen Journalistin Miroslava Breach Velducea zum fünften Mal gejährt, doch bis heute ist vieles in dem Fall ungeklärt. Zwar wurde 2020 ein Mitglied eines Drogenkartells für die Beteiligung an dem Mord zu 50 Jahren Gefängnis verurteilt – es war die erste Verurteilung wegen Mordes an einer Journalistin in der Geschichte Mexikos. 2021 wurde ein ehemaliger Bürgermeister zu acht Jahren Haft verurteilt, nachdem er gestanden hatte, Informationen über die Journalistin an die kriminelle Gruppe geliefert zu haben, die die Tat im Jahr 2017 begangen hatte. Trotzdem fordert Reporter ohne Grenzen (RSF), dass die Behörden weiter ermitteln, bis alle an der Tat Beteiligten zur Rechenschaft gezogen worden sind.
„Die beiden Verurteilungen sind wichtige Fortschritte auf dem Weg zur Gerechtigkeit, aber vieles ist nach wie vor offen – vor allem die Verhaftung des Auftraggebers des Mordes an Miroslava Breach“, sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. „Die mexikanischen Behörden haben die Krise der Gewalt gegen Journalistinnen und Journalisten im Land immer noch nicht in den Griff bekommen. Die mexikanische Regierung muss in Übereinstimmung mit ihren internationalen Verpflichtungen die volle Meinungsfreiheit garantieren und aufhören, Medienschaffende verbal zur Zielscheibe zu machen und zu kriminalisieren."
Der bisherige Weg zur Gerechtigkeit war lang und komplex – sowohl für die Angehörigen von Miroslava Breach als auch für Reporter ohne Grenzen und die mexikanische Partnerorganisation Propuesta Cívica, die die Familie rechtlich vertritt. Die Rechtsvertretung sah sich mit Intransparenz, institutioneller Ineffizienz und Korruption im mexikanischen Justizsystem konfrontiert.
„Uns wurden ständig Steine in den Weg gelegt: Die Staatsanwaltschaft von Chihuahua hat der Familie wiederholt Zugang zu den Ermittlungsakten verweigert, mit dem Argument, sie seien keine direkten Opfer des Mordes. Wir mussten an die Sonderstaatsanwaltschaft Mexikos appellieren, die Ermittlungen von der lokalen auf die Bundesebene zu heben“, sagte Sara Mendiola, Direktorin von Propuesta Cívica. „All die Ungerechtigkeit und Trägheit hat uns auf die Probe gestellt.“
Propuesta Cívica ist die mexikanische Partnerorganisation von Reporter ohne Grenzen im Programm „Defending Voices“. Dieses hat zum Ziel, Straflosigkeit nach Verbrechen gegen Medienschaffende zu bekämpfen. Das Programm wird aus Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) finanziert.
Miroslava Breach war eine Investigativjournalistin, die über Verbindungen zwischen Drogenkartellen und der Politik enthüllt hatte. Seit März 2016 war Breach ständigen Bedrohungen ausgesetzt.
Beispiellose Welle der Gewalt gegen Medienschaffende
Aktuell erlebt der Journalismus in Mexiko eine Welle der Gewalt, die selbst für mexikanische Verhältnisse beispiellos ist. Allein seit Jahresbeginn wurden in dem Land acht Journalistinnen und Journalisten ermordet. Schon seit Jahren ist Mexiko eins der gefährlichsten Länder weltweit für Medienschaffende. Die vergangenen drei Jahre in Folge wurden in dem Land so viele von ihnen ermordet wie in keinem anderen der Welt. Zuletzt wurde am 15. März Armando Linares López, Mitgründer und Chefredakteur der Nachrichtenseite Monitor Michoacán, in seinem Haus ermordet. Nur sechs Wochen zuvor hatte Linares in einer Live-Übertragung auf Facebook die Ermordung seines Mitarbeiters Roberto Toledo angeprangert. Beide Verbrechen erzwangen die Schließung des Internetportals. Linares hatte die Behörden alarmiert, dass Morddrohungen gegen ihn nach dem Tod von Roberto Toledo zugenommen hatten.
Angesichts der blutigen Gewalt gegen Medienschaffende hat das Europäische Parlament am 10. März die mexikanische Regierung aufgefordert, den Schutz von Journalisten und Menschenrechtsverteidigerinnen zu gewährleisten. Die Resolution hebt hervor, dass Mexiko seit langem der gefährlichste und tödlichste Ort für Journalisten außerhalb offizieller Kriegsgebiete sei und dass das Land ein „endemisches Problem“ bei der Aufklärung dieser Verbrechen habe, da 95 Prozent ungestraft bleiben. Die mexikanische Regierung reagierte entrüstet auf diese Kritik, Präsident López Obrador warf den Mitgliedern des Europäischen Parlaments eine kolonialistische Haltung vor.
Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Mexiko auf Platz 143 von 180 Staaten.
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