Niederlande
07.07.2021
Mordanschlag auf Peter R. de Vries aufklären
Im Herzen Amsterdams ist der bekannte Kriminaljournalist Peter R. de Vries niedergeschossen worden. Er schwebt in Lebensgefahr. „Wir sind schockiert über dieses Verbrechen und fordern eine unverzügliche, lückenlose Aufklärung“, sagt RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. „Die Behörden müssen prüfen, ob de Vries wegen seiner kritischen und furchtlosen journalistischen Tätigkeit zum Opfer organisierter Kriminalität wurde.“
Peter R. de Vries war angeschossen worden, direkt nachdem er am Dienstagabend (6. Juli) gegen 19:30 Uhr ein Fernsehstudio am Leidseplein verlassen hatte, mitten in Amsterdam. Er hatte dort an der Talkshow RTL Boulevard teilgenommen. Der 64-Jährige gilt als führender Kriminalreporter der Niederlande und ist wegen seiner öffentlichen Auftritte ein bekanntes Gesicht. Internationale Aufmerksamkeit erlangte er bereits 1987 mit seinem Bestseller über die Entführung des Bierbrauers Freddy Heineken.
Derzeit ist de Vries als Berater des Kronzeugen in einen Prozess gegen das organisierte Verbrechen involviert. Der darin wegen angeblicher Drogengeschäfte angeklagte Kriminelle Ridwan Taghi habe de Vries Berichten zufolge auf eine Art Todesliste gesetzt. Taghi selbst hat das verneint, allerdings wird ihm vorgeworfen, in mehrere Morde verwickelt zu sein.
De Vries kämpft seit vielen Jahren gegen Kriminelle
De Vries berichtete seit vielen Jahren über solche Kriminalfälle, und besonders über die organisierte Kriminalität. Bereits 2019 hatte der Journalist Todesdrohungen bekommen, als er über die Ermordung eines 16-jährigen Mädchens in Rotterdam berichtet hatte. Er hatte außerdem erst vor wenigen Tagen angekündigt, weiter an der Aufklärung eines seit 27 Jahren ungelösten Mordes zu arbeiten. De Vries arbeitete also nicht nur als Journalist, sondern sah sich vor allem als Bekämpfer der Kriminalität und von Kriminellen. Ob der Journalist angesichts dieses bedrohlichen Klimas zum Zeitpunkt des Mordanschlags unter Polizeischutz stand, ist nicht ganz klar.
Der Anschlag erinnert daran, dass selbst mitten in der EU Journalistinnen und Journalisten Opfer von Mordversuchen werden können. Auch wenn der genaue Tathergang noch untersucht werden muss, erneuert Reporter ohne Grenzen seine Forderung nach einem Sonderbeauftragten für den Schutz von Journalistinnen und Journalisten.
Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen stehen die Niederlande seit Jahren auf den vordersten Plätzen, fielen über die vergangenen Jahre allerdings auf Platz 6 von 180 ab. Das liegt auch am Klima in den sozialen Medien, in denen viele Medienschaffende mitunter massiven Drohungen ausgesetzt sind. Über konkrete Morddrohungen aus der organisierten Kriminalität hat RSF bereits 2018 berichtet.
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