Deutschland 22.01.2025

Neue RSF-Kampagne zur Bundestagswahl

Ein intensiv rotes Bild, das einer Warntafel nachempfungen ist, auf dem in Großbuchstaben "ACHTUNG" steht. Darunter sind zwei Ausrufezeichen in Warndreiecken mit dem Zusatz: Bitte beachten Sie die folgenden Hinweise
© RSF / Innocean

In nur wenigen Wochen findet die Wahl zum Bundestag statt. Sie ist richtungsweisend: Die politische Landschaft ist zersplittert, die Unzufriedenheit mit der Demokratie steigt, und populistische Parteien gewinnen an Zulauf. Vor diesem Hintergrund startet Reporter ohne Grenzen (RSF) zusammen mit der internationalen Agentur Innocean Berlin eine Sensibilisierungskampagne in bundesweit knapp 250 Kinos.

„Populistische und extrem rechte Parteien attackieren die freie Presse. Sie fürchten die Kritik und versuchen, unabhängige Medien mundtot zu machen. Diese besorgniserregende Entwicklung sehen wir in vielen Ländern weltweit: nicht nur in autoritären Staaten, sondern mittlerweile auch in den USA und sogar in europäischen Nachbarländern wie Österreich, Italien und der Slowakei“, sagt RSF-Geschäftsführerin Anja Osterhaus. „Ohne eine vielfältige und freie Presse gibt es keine Demokratie. Wir appellieren an alle Wählerinnen und Wähler, dies bei ihrer Stimmabgabe bei der kommenden Bundestagwahl zu berücksichtigen.“

Um die freie Presse zu schützen, hat Reporter ohne Grenzen eine Reihe von Empfehlungen an die künftige Bundesregierung formuliert:

  • Schutz von Journalistinnen und Journalisten garantieren

Berichterstattende müssen bei Veranstaltungen, besonders bei Demonstrationen, vor Übergriffen besser geschützt werden. In der Polizeiarbeit sollte die Pressefreiheit stärker verankert werden, zum Beispiel im Rahmen verbesserter Schulungen von Polizistinnen und Polizisten. Auch für alle anderen Berufsgruppen, die mit dem Schutz von Medienschaffenden befasst sind, wie Strafverfolgungsbehörden und Richterinnen und Richter, sollte es Weiterbildungen in dem Bereich geben. Einschüchterungsklagen gegen Medienschaffende, sogenannte SLAPPs (Strategic Lawsuits against Public Participation), die gerade von rechten Akteurinnen und Akteuren genutzt werden, um kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen, müssen eingedämmt werden.       

  • Pressefreiheit in der Digital- und Sicherheitspolitik stärken

Medienschaffende werden zunehmend digital bedroht und politisch durch staatliche Institutionen unter Druck gesetzt. Die neue Bundesregierung sollte sich daher für einen effektiven digitalen Schutz aller Journalistinnen und Journalisten und ihrer Kommunikation einsetzen. Dazu gehört, dass das Redaktionsgeheimnis und der Quellenschutz in der Gesetzgebung besser berücksichtigt werden und ein Recht auf Verschlüsselung eingeführt wird. Die Kontrolle der Nachrichtendienste sollte effizienter erfolgen. Der illegalen Überwachung von Medien muss ein Riegel vorgeschoben werden.

  • Journalismus stärken: für Demokratie und gegen Desinformation

Medienvielfalt und redaktionelle Unabhängigkeit müssen gestärkt werden. Um professionelle journalistische Inhalte auf digitalen Plattformen sichtbarer zu machen und Desinformation entgegenzuwirken, sollten Angebote, die sich zur Einhaltung professioneller Standards verpflichten, in Rankings und Empfehlungsalgorithmen bevorzugt werden. Bei der Umsetzung des Digitale-Dienste-Gesetzes (DDG) muss die neue Regierung hohe Standards für die sehr großen Plattformen setzen, etwa bei der Löschung von Inhalten, der Strukturierung von Nachrichten in Newsfeeds, beim Umgang mit digitaler Gewalt und der Verbreitung von Desinformation. Gemeinnütziger Journalismus muss als solcher anerkannt und in der Abgabenordnung steuerlich begünstigt werden.

  • Medienschaffende im Exil schützen und unterstützen

Journalistinnen und Journalisten sind zentral für Demokratien und Transformationsprozesse, indem sie Missstände aufdecken und den öffentlichen Diskurs fördern. Aufgrund dieser Funktion sind sie besonders schutzbedürftig. Medienschaffenden, die vor Verfolgung fliehen, sollte auf unbürokratischem Weg der Aufenthalt in Deutschland ermöglicht werden. Die neue Regierung muss ihnen außerdem die nötige Unterstützung bieten, damit sie im Exil weiterarbeiten können. Um sie vor Verfolgung durch autoritäre Regierungen in Deutschland zu schützen, sollte eine Koordinierungsstelle eingerichtet werden, die zu dem Thema forscht, Fälle dokumentiert und Handlungsempfehlungen herausgibt.

Kino-Spot macht auf die Bedrohung der Pressefreiheit aufmerksam

Einen Monat lang, vom 22. Januar bis 22. Februar, macht Reporter ohne Grenzen mit einem Kinospot auf die Bedrohung der Pressefreiheit durch populistische Parteien und rechtsextreme Akteure aufmerksam. Dieser greift zunächst die im Kino üblichen Verhaltensregeln auf: KEINE VIDEOS, KEINE FOTOS, KEINE AUDIOAUFNAHMEN, KEINE NACHRICHTEN, KEINE GESPRÄCHE, um dann deutlich zu machen: Was im Kino gilt, darf niemals für die Presse gelten. Reporter ohne Grenzen ruft damit die Wählerinnen und Wähler dazu auf, am 23. Februar ihre Stimme Parteien zu geben, die Demokratie und Pressefreiheit achten und schützen. Denn nur, wer sich frei und unabhängig informieren kann, kann eine fundierte Wahlentscheidung treffen.



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