Wahlen in den USA
31.10.2024
Pressefreiheit in den Swing States
Feindselige Politiker, wirtschaftliche Sorgen und Behörden, die den Zugang zu Informationen erschweren: Das Klima für den US-Journalismus ist angespannt. Das gilt auch für die Situation von Journalistinnen und Journalisten in den Swing States – jenen Staaten, die so kurz vor den Wahlen besonders im Fokus stehen, weil dort ein extrem knappes Rennen erwartet wird. Zu diesem Ergebnis kommt der neue Bericht von Reporter ohne Grenzen (RSF) „Press Freedom in the Swing States: The Climate for U.S. Journalism Ahead of the 2024 Election“, der die Lage der Pressefreiheit in vier Swing States analysiert: Arizona, Florida, Nevada und Pennsylvania.
Journalistinnen und Journalisten dieser vier Bundesstaaten machen sich ernsthafte Sorgen um ihre Branche – und sind bei ihrer Arbeit mit diversen Problemen konfrontiert. 94 Prozent der für den Bericht befragten Medienschaffenden geben zum Beispiel an, dass die Informationsbeschaffung von öffentlichen Stellen erschwert werde. Behörden verzögerten oder ignorierten Anträge auf Einsicht von öffentlichen Unterlagen.
Attacken von Politikern bedrohen die Arbeit der Presse
Die Befragten beklagen außerdem zunehmende Feindseligkeiten von Politikerinnen und Politikern. In Arizona ist die Lage besonders angespannt: Dort gaben 85 Prozent an, dass führende Politiker Journalistinnen und Reporter beleidigen, bedrohen oder zum Hass gegen sie aufstacheln. Kari Lake, derzeitige Kandidatin der Republikaner für den US-Senat, verbreitete wiederholt Falschinformationen zu ihrer Wahlniederlage im Jahr 2022 und forderte, Journalisten zu inhaftieren, die ihren Aussagen widersprachen. Auch der republikanische Gouverneur von Florida, Ron DeSantis, attackiert immer wieder die Medien und versucht kritische Stimmen zu unterbinden. Präsidentschaftskandidat Donald Trump macht es ihnen vor: Der Republikaner griff die Medien in den letzten zwei Monaten mehr als hundertmal verbal an.
„Wir sind bestürzt über die Einschüchterungen, die Journalistinnen und Journalisten im Zusammenhang mit diesem Wahlkampf erleben,“ sagt Anja Osterhaus, RSF-Geschäftsführerin. „Wählerinnen und Wähler sind auf seriöse Nachrichten angewiesen, um eine fundierte Entscheidung in der Wahl treffen zu können. Angriffe von Politikern und Politikerinnen auf Medienschaffende sind Angriffe auf die Pressefreiheit und damit auf die Demokratie.“
Neben den politischen Rahmenbedingungen wurden die Medienschaffenden auch zu ihrer Sicherheit befragt. In Florida und Pennsylvania berichtet eine Mehrzahl von Anfeindungen und Drohungen, sowohl in Person als auch online. In Pennsylvania habe es eine Bombendrohung gegen eine Redaktion gegeben, Reporter seien verfolgt oder mit einer Waffe bedroht worden. Im Vergleich dazu fühlen sich die Medienschaffenden in Nevada trotz des aufsehenerregenden Mordes an dem Investigativreporter Jeff German im Jahr 2022 weitgehend sicher. Von den vier untersuchten Swing States schneidet Nevada insgesamt am besten ab.
Menschen verlieren Zugang zu lokalen Nachrichten
Die US-Medien haben mit großen wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen. Zwei Drittel (66 Prozent) der Befragten sagen, es sei schwierig, als Journalist oder Journalistin genügend Geld für den eigenen Lebensunterhalt zu verdienen. Vor allem in Pennsylvania sind die wirtschaftlichen Sorgen groß: 81 Prozent sind dort der Ansicht, dass Medienschaffende nicht in der Lage seien, ein existenzsicherndes Gehalt zu verdienen.
Viele Zeitungen und Lokalredaktionen mussten in den USA aufgrund des wirtschaftlichen Drucks in den letzten Jahren schließen – in einigen Landesteilen mehr als in anderen. Das zeigt sich auch in der Analyse der Swing States. Während in Arizona und Nevada mindestens ein lokales Nachrichtenmedium die Menschen vor Ort versorgt, gibt es in Florida und Pennsylvania Regionen, die von keiner Lokalredaktion mehr abgedeckt werden. In Florida erhalten über 300.000 Menschen keine lokalen Nachrichten, was ungefähr der Einwohnerzahl der Stadt Orlando entspricht.
Der RSF-Bericht zeigt eine Reihe von Mängeln auf, die die Pressefreiheit in den vier Bundesstaaten einschränken. Einige dieser Probleme können durch politische Reformen angegangen werden. Journalistinnen und Reporter sollten außerdem mit Respekt behandelt werden. In einem 10-Punkte-Plan hat RSF bereits Maßnahmen skizziert, die zu einer Stärkung der Pressefreiheit in den USA beitragen würden.
Zum Bericht
Der Bericht untersucht die Lage der Pressefreiheit in Arizona, Florida, Nevada und Pennsylvania in fünf Kategorien – politischer Kontext, rechtlicher Rahmen, soziokulturelles und wirtschaftliches Umfeld sowie Sicherheit. Journalistinnen, Fotografen und Medienexperten wurden dazu in den einzelnen Bundesstaaten befragt.
Auf der Rangliste der Pressefreiheit sind die USA dieses Jahr um zehn Plätze auf Rang 55 gefallen.
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