Saudi-Arabien
23.12.2019
ROG kritisiert Todesurteile in Saudi-Arabien
In Saudi-Arabien sind fünf angebliche Verantwortliche des Mordes an dem Journalisten Jamal Khashoggi zum Tode verurteilt worden. Reporter ohne Grenzen befürchtet, dass damit die Wahrheit über die eigentlichen Drahtzieher vertuscht werden soll.
„Wenn diese fünf Personen hingerichtet und für immer zum Schweigen gebracht werden, kommt möglicherweise niemals die Wahrheit ans Licht“, sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. „Wir gehen nicht davon aus, dass die Todesstrafe hilft, Gerechtigkeit zu schaffen – im Gegenteil. Stattdessen fordern wir die vollständige Aufklärung des Verbrechens inklusive der Bestrafung der Drahtzieher und der politisch Verantwortlichen.“
Seit Januar wird insgesamt elf Männern in Saudi-Arabien der Prozess gemacht. Er findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Ein zunächst als Mittäter benannter enger Vertrauter von Kronprinz Mohammed bin Salman ist nicht unter den Beschuldigten. Lediglich die Türkei und die fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats dürfen ab und an Beobachter zu dem Prozess entsenden, aber nichts über dessen Inhalte bekanntmachen.
Der Kronprinz räumte in einem Ende September ausgestrahlten Interview mit einem US-Fernsehsender zwar eine politische Verantwortung für die Tat ein. Er beharrt aber auf der Darstellung, dass er die Tat weder in Auftrag gegeben noch von ihr gewusst habe – was nach allem, was über den Mord bekannt ist, sehr wahrscheinlich eine Lüge ist. Mit der Untersuchung der UN-Sonderberichterstatterin Agnès Callamard hat Saudi-Arabien nicht kooperiert.
Auch die Verlobte des ermordeten Jamal Khashoggi, Hatice Cengiz, forderte bei einem Pressegespräch am Freitag (20.12.) vor Journalisten in Berlin eine lückenlose Aufklärung des Verbrechens: „Jamal ist tot, und er kommt nicht wieder“ sagte Cengiz. Dennoch hoffe sie, dass mit einer schonungslosen Aufarbeitung auch ein Stück weit der Gerechtigkeit Genüge getan werde.
Reporter ohne Grenzen hatte die türkische Nahost-Expertin in der vergangenen Woche zu politischen Gesprächen nach Berlin geholt. Unter anderem traf sie die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler (SPD), eine Vertreterin des Bundeswirtschaftsministeriums, sowie Vertreterinnen und Vertreter des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe und des Ausschusses für Wirtschaft und Energie.
Weitere Gesprächsthemen waren die Reaktionen der internationalen Gemeinschaft auf den Mord an Khashoggi und die Rolle der Bundesregierung auch mit Blick auf die Anfang Dezember begonnene G20-Präsidentschaft Saudi-Arabiens. Deutschland hatte als Reaktion auf den Mord an Khashoggi alle Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien gestoppt.
Jamal Khashoggi war vor rund 14 Monaten in die saudi-arabische Botschaft in Istanbul gegangen, um benötigte Papiere für die bevorstehende Hochzeit mit Hatice Cangiz abzuholen. Ein eigens aus dem Königreich angereistes Killerkommando ermordete den Journalisten hinterrücks. Bis heute ist unklar, was mit seiner Leiche geschah und wer die Auftraggeber hinter der Tat waren.
Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Saudi-Arabien auf Platz 172 von 180 Staaten.
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