Türkei 17.01.2022

RSF begrüßt Freispruch für Mesale Tolu

Die Journalistin Mesale Tolu. ©dpa/fb
Die Journalistin Mesale Tolu. ©dpa/fb

Reporter ohne Grenzen (RSF) begrüßt den Freispruch für die deutsche Journalistin Mesale Tolu, den heute (17.01.) ein Gericht in Istanbul verkündet hat.

„Wir freuen uns sehr mit Mesale Tolu über ihren Freispruch. Die Vorwürfe waren von Anfang an haltlos und sie hätte niemals die Torturen der monatelangen Untersuchungshaft und die vier Jahre Unsicherheit in einem absurd langen Prozess durchmachen müssen“, sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. „Dieses Willkürverfahren war ein weiterer Beweis für die Nicht-Rechtsstaatlichkeit in der Türkei. Auch wenn mittlerweile weniger Medienschaffende in türkischen Gefängnissen sitzen als noch vor einigen Jahren, sind viele durch die harten Auflagen für ihre Haftentlassung zwar nicht mehr physisch hinter Gittern, aber doch geistig eingesperrt. Die Türkei ist mit Deutschland und der EU auf vielen Ebenen wirtschaftlich und politisch verbunden – wir dürfen deshalb bei dieser Repression nicht wegschauen.“

Die Staatsanwaltschaft hatte Tolu ursprünglich „Terrorpropaganda“ und „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation“ vorgeworfen, im September 2021 aber einen Freispruch in allen Anklagepunkten gefordert. Dem ist nun das Gericht gefolgt. Tolus mitangeklagter Ehemann Suat Corlu wurde heute ebenfalls freigesprochen.

Tolu, die im Jahr 2007 die türkische Staatsbürgerschaft abgelegt hatte, war Ende April 2017 in Istanbul festgenommen worden und saß anschließend mehr als sieben Monate im Frauengefängnis Bakirköy. Der Prozess gegen sie hatte im Oktober 2017 begonnen, rund zwei Monate später wurde sie unter Auflagen aus der Untersuchungshaft entlassen. Im August 2018 durfte sie nach Aufhebung der Ausreisesperre nach Deutschland zurückkehren. RSF hat den Prozess in den vergangenen vier Jahren mehrmals als Beobachter im Gericht mitverfolgt. Beim heutigen Urteil war RSF-Geschäftsführer Christian Mihr im Gerichtssaal anwesend. Er steht für Interviews zur Verfügung.

Aktuell sitzen in der Türkei mindestens zehn Medienschaffende im Gefängnis. Die Zahl ist deutlich niedriger als 2017 oder 2018, doch es hat sich nur die Art der Repression verändert. Medienschaffende werden inzwischen oft unter Auflagen aus der Haft entlassen. Sie erhalten de-facto Berufsverbote, indem sie keine Presseausweise bekommen, oder sie müssen sich regelmäßig bei der Polizei melden und erhalten Ausreisesperren.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht die Türkei auf Platz 153 von 180 Staaten. 

Bei Interviewanfragen an Christian Mihr wenden Sie sich bitte an das RSF-Pressereferat: presse@reporter-ohne-grenzen.de, +49 1515 6631806.



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