Hongkong 11.04.2024

RSF-Mitarbeiterin sechs Stunden lang festgehalten

Medienschaffende filmen die Ankunft Jimmy Lais vor dem Gerichtsgebäude in Hongkong im Januar 2024 © picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Billy H.C. Kwok

Die Hongkonger Behörden haben eine Mitarbeiterin von Reporter ohne Grenzen (RSF) nach Ankunft am Flughafen sechs Stunden lang festgehalten, durchsucht, verhört und schließlich ausgewiesen. Die in Taiwan ansässige Mitarbeiterin Aleksandra Bielakowska war am Mittwoch nach Hongkong gereist, um den Prozess gegen den inhaftierten Verleger Jimmy Lai zu beobachten, dem eine lebenslange Haftstrafe droht. Dieses aus RSF-Sicht beispiellose Vorgehen der Behörden zeigt erneut den Verfall der Pressefreiheit in der chinesischen Sonderverwaltungszone.

„Wir sind schockiert über das inakzeptable Verhalten gegenüber unserer Kollegin, die nur ihre Arbeit gemacht hat. In keinem anderen Land haben wir bisher solche eklatanten Versuche von Behörden erlebt, sich der Prozessbeobachtung zu entziehen. Der Vorfall unterstreicht die Erosion der Pressefreiheit und der Rechtsstaatlichkeit in Hongkong. Er zeigt auch, wie absurd das Verfahren gegen Jimmy Lai ist“, sagt RSF-Vorstandssprecherin Katja Gloger. „Wir fordern eine sofortige Erklärung der Hongkonger Behörden und eine Garantie dafür, dass unsere Mitarbeitenden sicher zurückkehren und das Gerichtsverfahren weiter beobachten können.“

Es war das erste Mal, dass ein RSF-Vertreter am Hongkonger Flughafen festgehalten und der Person die Einreise verweigert wurde. Bielakowska war bereits im Juni und Dezember 2023 für RSF ohne Probleme nach Hongkong gereist und hatte sich vor Ort unter anderem mit Medienschaffenden ausgetauscht. Am Mittwoch war auch der Leiter des RSF-Büros in Taiwan dabei. Er konnte offenbar einreisen, hat Hongkong aber aus Sicherheitsgründen wieder verlassen.

„Sie haben mich für sechs Stunden festgehalten, mich verhört, und mich und meine Sachen mehrmals durchsucht. Danach wurde ich unter einem nebulösen Vorwand ausgewiesen. Diese Vorgehensweise zeigt, wie sehr die Hongkonger Behörden NGO-Mitarbeitende und Menschenrechtsverteidiger fürchten, die über das autoritäre Klima in dem Gebiet – einst eine Bastion der Pressefreiheit – berichten wollen“, sagt Bielakowska.

RSF beobachtet weltweit regelmäßig Prozesse, darunter Anhörungen gegen türkische Journalistinnen und Journalisten oder das Auslieferungsverfahren gegen den WikiLeaks-Gründer Julian Assange.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Hongkong inzwischen auf Platz 140 von 180 Staaten. RSF befürchtet, dass auch ausländische Journalistinnen und Journalisten in Hongkong immer stärker von den drastischen Einschränkungen der Medienfreiheit vor Ort betroffen sein werden. In den vergangenen anderthalb Jahren verweigerten die Behörden den japanischen Medienschaffenden Michiko Kiseki und Yoshiaki Ogawa sowie dem US-Journalisten Matthew Connors die Einreise nach Hongkong. Alle drei hatten 2019 über Proteste gegen ein damals geplantes Auslieferungsgesetz berichtet.

In dem ausführlichen Bericht „Journalismus in China: Der große Sprung zurück“ beschreibt RSF das Ausmaß der Unterdrückung von Presse- und Informationsfreiheit in Hongkong und China und untersucht die verschiedenen Instrumente, mit denen das Regime in Peking arbeitet.



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