Griechenland 01.08.2024

RSF prangert Straflosigkeit in Griechenland an

Warum musste Giorgos Karaivaz sterben? Dieser Frage kommen die griechische Justiz und die Regierung nicht zur genüge nach. Nach seiner Ermordung von Giorgos Karaivaz hatte Athen zwar rasche Aufklärung angekündigt – doch davon ist über drei Jahre nach dem Mord nichts mehr übrig. Auf der Fotografie sieht man Beamte, die am Tatort stehen, wo der Journalist ermordet wurde.
Warum musste Giorgos Karaivaz sterben? Dieser Frage kommen die griechische Justiz und die Regierung nicht zur genüge nach. © picture alliance / ANE / Eurokinissi | Giannis Panagopoulos

Gleich zwei schlechte Nachrichten für die Pressefreiheit kommen in dieser Woche aus Griechenland. Es geht um Straflosigkeit bei schwersten Verbrechen gegen die Pressefreiheit, auch Korruption wird vermutet – und das in einem EU-Land: Die beiden Brüder, die des Mordes an dem Kriminalreporter Giorgos Karaivaz im Jahr 2021 angeklagt waren, wurden am 31. Juli von allen Vorwürfen freigesprochen – nach einem Verfahren, das von Unregelmäßigkeiten geprägt war. RSF fordert die griechischen Behörden auf, der Straflosigkeit für Verbrechen gegen Journalistinnen und Journalisten ein Ende zu setzen.

Zudem entschied der Oberste Gerichtshof, die Untersuchung über die potenzielle Beteiligung des griechischen Geheimdienstes an der illegalen Überwachung mit „Predator” von mindestens 13 Medienschaffenden einzustellen. Der Überwachungsskandal in Griechenland beschäftigt die internationale Öffentlichkeit seit 2022. Reporter ohne Grenzen hat eine unabhängige und zügige Aufklärung der Fälle gefordert und bedauert die Entscheidung des Gerichtshofs zutiefst. 

„RSF solidarisiert sich mit allen griechischen Journalistinnen und Reportern, die von diesen Entscheidungen direkt oder indirekt betroffen sind. Wir fordern die griechische Justiz und Politik auf, weiter nach den Schuldigen für den Mord an Giorgos Karaivaz zu suchen – im Namen seiner Angehörigen und im Namen der Pressefreiheit. Auch die Gerichtsentscheidung, welche den griechischen Geheimdienst im Predator-Spyware-Fall aus der Verantwortung entlässt, ist inakzeptabel”, kommentiert Anja Osterhaus, Geschäftsführerin von Reporter ohne Grenzen.

Zum Fall Karaivaz

Nach einem einmonatigen Prozess sprach das Gericht in Athen jene beiden Brüder frei, die angeklagt waren, am 9. April 2021 den Journalisten Giorgos Karaivaz ermordet zu haben. Die Tat wird im Zusammenhang mit organisierter Kriminalität verortet, Medienberichte legen nahe, dass der bekannte Journalist getötet wurde, weil er mit seinen Recherchen die Elite der griechischen Mafia gestört hatte.

Obwohl der Staatsanwalt in seinem Plädoyer eine Verurteilung gefordert hatte, befand das Gericht, dass die Schuld der beiden Angeklagten nicht zweifelsfrei bewiesen werden kann. Der Prozess gegen die beiden Brüder fand unter beunruhigenden Umständen statt. Eine Woche vor der Urteilsverkündung gab der Staatsanwalt bekannt, dass eines der Aktenstücke, eine CD mit den Handydaten des Journalisten, beschädigt worden sei: Sie sei von einem Tacker durchbohrt worden.

Noch am 23. Juli hatte der Richter die Liste der auf der CD gespeicherten Whatsapp-Kontakte von Giorgos Karaivaz verlesen, darunter die Nummern von hochrangigen Regierungsbeamten.

Der Predator-Überwachungsskandal

Trotz journalistischer Recherchen, welche die Beteiligung des Geheimdienstes (EYP) an der illegalen Überwachung von Reportern und Politikern nahelegen, entschied der Oberste Gerichtshof Griechenlands am 30. Juli, EYP nicht strafrechtlich zu verfolgen. Die Untersuchung wurde laut RSF politisch sabotiert. Dass weitere Ermittlungen nun eingestellt wurden, suggeriert, dass die politisch Verantwortlichen von illegalen Überwachungsmaßnahmen gegen Medienschaffende ungestraft davonkommen können. 

Auf der Rangliste der Pressefreiheit belegt Griechenland Platz 88 von 180 Staaten und ist das dritte Jahr in Folge Schlusslicht in der Europäischen Union.



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