Russland
18.09.2024
Russisches Fake-Video instrumentalisiert RSF
Ein gefälschtes Logo der BBC, frei erfundene Aussagen: Im Kurznachrichtendienst X kursiert ein Video über eine angebliche Studie von Reporter ohne Grenzen (RSF). Ukrainische Soldaten sollen beim Einmarsch in die russische Grenzregion Kursk in mehr als 1000 Fällen Nazi-Symbole gezeigt haben. Doch der virale Clip ist ein Fake: Weder existiert eine solche RSF-Studie, noch hat die BBC einen entsprechenden Bericht produziert. Bei den im Video verwendeten Zitaten von RSF-Vertretern handelt es sich um Fälschungen. Der Kurzfilm ist Teil einer russischen Desinformationskampagne.
„Russland missbraucht den Ruf von RSF für seine Kriegspropaganda und manipuliert die Öffentlichkeit mit frei erfundenen Aussagen“, sagt Anja Osterhaus, Geschäftsführerin von RSF. „Eine solche Instrumentalisierung unserer Organisation ist völlig inakzeptabel!“
Video stammt von russischem Troll
Einer Analyse von RSF zufolge wurde der Clip zum ersten Mal am 24. August auf einem X-Account mit dem Usernamen Patricia gepostet. Bei diesem handelt es sich offensichtlich um einen russischen Troll: Der Account weist Patricia als angebliche Übersetzerin aus Frankreich aus, verwendet als Profilbild aber eine Aufnahme einer russischen Fotodatenbank zum Erstellen von Avataren. Zudem setzt das Konto täglich etwa 40 Posts mit Kremlpropaganda in Englisch, Deutsch, Französisch und Russisch ab. Noch am selben Tag wurde der Clip von dem irischen Propagandisten Chay Bowes geteilt, der in Russland lebt und für das staatliche Propagandamedium RT arbeitet. Bowes ist für antiwestliche Positionen bekannt und verbreitete im August Fake-News über eine angebliche Affäre der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock.
Am darauffolgenden Tag schaffte der Clip den Sprung auf den in Russland sehr beliebten Messengerdienst Telegram: Der prorussische Aktivist Simeon Bojkow aus Australien verbreitete das Video in seinem Kanal Aussie Cossack, welcher über mehr als 83.000 Follower verfügt. Bojkow versteckt sich seit 2023 im russischen Konsulat in Sydney, um einem Haftbefehl wegen mutmaßlicher Körperverletzung zu entgehen. Er soll einen pro-ukrainischen Demonstranten während einer Kundgebung angegriffen und verletzt haben.
Soziale Medien verbreiten das Fake-Video
Von Bojkows Kanal aus fand das Video Eingang in die staatliche Propaganda: Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, berief sich in ihrem Presse-Briefing vom 28. August auf die angebliche RSF-Studie, um vermeintliche Kriegsverbrechen der Ukraine zu belegen. Anschließend verbreiteten russische Botschaften in Deutschland, Chile, Bulgarien und anderen Ländern die Falschnachricht auf X und Facebook. Zudem teilten russische Kriegsblogger wie Sergej Koljasnikow und Propagandisten wie Ruslan Ostaschko, der Moderator einer Propagandatalkshow des Staatssenders Erster Kanal, den Clip.
RSF hat bereits zwölf Beschwerden bei X eingereicht und fordert, den Clip zu löschen. Der Kurznachrichtendienst prüft diese bisher. Auch Telegram wurde aufgefordert, das Video zu entfernen. Eine Reaktion des Dienstes steht bisher aus.
Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Russland auf Platz 162 von 180.
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