USA 01.03.2016

Trump will Klagen gegen Medien erleichtern

© picture alliance / AP Photo

Reporter ohne Grenzen ist besorgt über die Ankündigung des republikanischen US-Präsidentschaftsbewerbers Donald Trump, Verleumdungsklagen gegen Medien zu erleichtern. Sie fügt sich in ein beunruhigendes Muster von Restriktionen Trumps gegen Journalisten. Schon unter Präsident Barack Obama hat die Pressefreiheit in den USA Schaden genommen, weil die Verfolgung von Investigativjournalisten und Whistleblowern stark zunahm.

„Eine solche Reform wäre ein frontaler Angriff auf die Pressefreiheit in den USA“, sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. „Wenn US-Zeitungen sich künftig ständig gegen Klagen der Regierung über kritische Artikel zur Wehr setzen müssten, hätte das eine abschreckende Wirkung und würde viele Verlage in finanzielle Schwierigkeiten stürzen.“

Bei einer Kundgebung im texanischen Fort Worth hatte Trump am vergangenen Freitag für den Fall seines Wahlsiegs angekündigt: „Ich werde unsere Gesetze über Verleumdung und üble Nachrede erweitern, so dass wir sie verklagen und eine Menge Geld gewinnen können, wenn sie absichtlich negative und scheußliche und verlogene Artikel schreiben.“ Wenn die New York Times oder die Washington Post einen skandalträchtigen Artikel schreibe, „können wir sie dann verklagen und Geld kassieren“. Nach einer solchen Reform würden die Medien mit Klagen überzogen werden wie nie zuvor, fügte Trump hinzu.

Trump führte zwar nicht näher aus, in welcher Weise er die einschlägigen Gesetze ändern wolle. In den US-Medien wurden seine Äußerungen aber als Angriff auf den hohen Schutzstandard interpretiert, den das US-Verfassungsgericht in einer Grundsatzentscheidung von 1964 etablierte und der als einer der Pfeiler der Pressefreiheit in den Vereinigten Staaten gilt. Demnach muss eine Person des öffentlichen Lebens für eine erfolgreiche Verleumdungsklage nachweisen, dass die Gegenseite wissentlich unwahre Behauptungen erhoben oder dies zumindest mit bedingtem Vorsatz in Kauf genommen hat – was Klagen gegen bloße kritische Presseartikel stark erschwert. Ein Ansatzpunkt für die von Trump angedeutete Reform könnte es deshalb sein, die Beweislast vom Kläger auf den Angeklagten zu verlagern.

Akkreditierungen entzogen, Reporter drangsaliert

Seit der Bekanntgabe seiner Kandidatur hat Trump immer wieder seine Verachtung für die Pressefreiheit erkennen lassen. Vergangenen August ließ er den bekannten Nachrichtenmoderator Jorge Ramos vom spanischsprachigen Fernsehsender Univision kurzzeitig aus einer Pressekonferenz werfen. Trumps Wahlkampfteam entzog oder beschränkte die Akkreditierungen von Univision, der Zeitung Des Moines Register sowie der Onlineportale FusionHuffington Post und BuzzFeed

Monatelang befehdete Trump öffentlich die Fox-News-Moderatorin Megyn Kelly, die ihm bei einer Fernsehdebatte im August mit scharfen Fragen zugesetzt hatte und die der Milliardär im Gegenzug der Voreingenommenheit, Unaufrichtigkeit und angeblicher Interessenkonflikte beschuldigte. Der Streit gipfelte in Trumps Boykott der letzten Fernsehdebatte der republikanischen Präsidentschaftsbewerber vor der Vorwahl in Iowa Ende Januar – offenbar nachdem der Sender sich geweigert hatte, Trumps Forderung einer Millionenspende an seine Wohltätigkeitsorganisation zu erfüllen. Auch gegen das Online-Magazin Politico zog der Milliardär mit öffentlichen Beschimpfungen zu Felde.

Bei Wahlkampfveranstaltungen der US-Präsidentschaftsbewerber werden den Journalisten oft bestimmte Bereiche zugewiesen, so dass die Reporter kaum mit den Besuchern der Kundgebungen sprechen können. Trump hat diese Praxis so weit verschärft, dass Journalisten sogar zur Toilette eskortiert werden mussten. Am Montag eskalierte die Situation bei einem Auftritt Trumps in Virginia, als ein Sicherheitsbeamter einen Fotografen des Magazins Time am Hals packte und zu Boden warf – offenbar, weil der Journalist einen Schritt außerhalb des zugewiesenen Pressebereichs gemacht hatte. 

Auch die führende demokratische Präsidentschaftsbewerberin Hillary Clinton machte in der Vergangenheit mit einem angespannten Verhältnis zu den Medien von sich reden. Vergangenen Juni verweigerte ihr Presseteam einem Reporter der britischen Daily Mail den Zugang zum Medientross der Kandidatin. Bei einer Parade zum Unabhängigkeitstag vergangenen Juli durften Reporter nur einem mit Seilen abgegrenzten Bereich in der Nähe Clintons mitlaufen. Gelegentlich beklagten Journalisten, dass ihre Mitarbeiter selbst einfachste Informationen allenfalls ohne Nennung der Quelle herausgaben. In den vergangenen Monaten haben vergleichbare Klagen aber nachgelassen.

Feldzug gegen Whistleblower unter Obamas Regierung

In der Amtszeit von US-Präsident Barack Obama ist die US-Regierung mit ungekannter Härte gegen Whistleblower vorgegangen: Die Wikileaks-Informantin Chelsea Manning wurde von einem Militärgericht zu 35 Jahren Haft verurteilt. Das US-Justizministerium ließ offenbar auf der Suche nach den Quellen eines Berichts über einen CIA-Einsatz Telefonverbindungsdaten der Nachrichtenagentur Associated Press (AP) beschlagnahmen. Der Fox News-Korrespondent James Rosen wurde wegen der Veröffentlichung geheimer Nordkorea-Informationen als „Mitverschwörer“ eines mutmaßlichen Informanten im Außenministerium verfolgt. Der New York Times-Reporter David Sanger geriet wegen Recherchen über geheime Computerangriffe auf den Iran ins Visier der Ermittler.   

Anfang 2015 wurde der CIA-Whistleblower Jeffrey Sterling zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt, weil er in regelmäßigem Kontakt mit dem New-York-Times-Journalisten James Risen stand. Vor zwei Wochen übergab Reporter ohne Grenzen gemeinsam mit weiteren Medien- und Bürgerrechtsorganisationen dem Weißen Haus 150.000 Unterschriften für Sterlings Begnadigung. Schon seit Jahren wirbt ROG für ein US-Bundesgesetz zum Informantenschutz.

Die USA stehen auf Platz 49 von 180 Staaten auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen.


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