USA 18.01.2017

Verfolgung von Whistleblowern beenden

Der im Exil lebende US-Whistleblower Edward Snowden. © picture alliance/AP Images

Reporter ohne Grenzen begrüßt den vom scheidenden US-Präsidenten Barack Obama verfügten Straferlass für Chelsea Manning und mahnt ein Ende der Verfolgung weiterer Whistleblower durch die US-Regierung an.

„Dass Präsident Obama die grausame und unnötige Bestrafung von Chelsea Manning beendet, war ein lange überfälliger Schritt. Leider bedeutet er kein Ende des erbitterten Feldzugs der USA gegen Whistleblower“, sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. „US-Regierung und -Justiz müssen endlich auch die Verfolgung von Jeffrey Sterling und Edward Snowden einstellen. Whistleblower wie sie, die unter erheblichen persönlichen Risiken auf politische Fehlentwicklungen hingewiesen haben, verdienen Anerkennung und keine Bestrafung.“

Jeffrey Sterling, ein ehemaliger CIA-Experte für das Atomprogramm des Iran, wurde 2015 in sieben Anklagepunkten der Spionage für schuldig befunden und zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. Ein Geschworenengericht verurteilte ihn aufgrund zahlreicher E-Mails und Telefonate mit dem New-York-Times-Journalist James Risen, der 2006 in einem Buch unter anderem eine gescheiterte Geheimdienstaktion gegen Irans Atomprogramm geschildert hatte.

Im Prozess wurde jedoch kein Beweis erbracht, dass Sterling Risens Informant war. Der Inhalt der fraglichen E-Mails und Telefonate blieb größtenteils unbekannt, und Sterling beharrt bis heute auf seiner Unschuld. Somit wurde Sterling letztlich wegen des Umstands verurteilt, dass er regelmäßig in Kontakt mit einem Journalisten stand. Im vergangenen Februar übergab ROG dem Weißen Haus mehr als 150.000 Unterschriften für seine Begnadigung.

Ein US-Militärgericht hatte Manning 2013 zu 35 Jahren Haft verurteilt. Während ihres Militärdienstes in einer Aufklärungseinheit der US-Armee in Kuwait hatte sie unter anderem Hunderttausende geheime Militärdokumente über die Kriege im Irak und in Afghanistan kopiert und der Enthüllungsplattform WikiLeaks zugespielt. Die Enthüllungen stießen eine breite internationale Debatte über die Irak- und Afghanistanpolitik der USA sowie über Exzesse von Militär und Justiz an. In der Haft versuchte sie zwei Mal, sich das Leben zu nehmen.

Snowden würde bei Heimkehr eine Anklage nach dem Spionagegesetz drohen

Die juristische Verfolgung von Investigativjournalisten und Whistleblowern in den USA hat unter Obama besorgniserregende Ausmaße angenommen. In seiner Amtszeit wurden mindestens acht Whistleblower mit Hilfe eines Spionagegesetzes von 1917 angeklagt, das unter allen Regierungen zuvor in nur drei vergleichbaren Fällen zur Anwendung gekommen war.

Auch dem NSA-Whistleblower Edward Snowden würde im Fall seiner Heimkehr aus dem Exil in Russland eine Anklage nach dem Spionagegesetz drohen. Am Mittwoch erklärte eine Sprecherin des russischen Außenministeriums, die Aufenthaltsgenehmigung für Snowden sei soeben für „ein paar Jahre“ verlängert worden.

In der jährlichen Rangliste der Pressefreiheit haben sich die USA seit 2009 um 21 Plätze auf Rang 41 verschlechtert. Neben Obamas Feldzug gegen Whistleblower haben dazu die flächendeckende Überwachung durch US-Geheimdienste, eine zunehmend restriktive Handhabung von Anfragen nach dem US-Informationsfreiheitsgesetz sowie wiederholte Festnahmen von Reportern bei Demonstrationen beigetragen.



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