Sudan 11.04.2025

Zwei Jahre Krieg – auch gegen Journalisten

Im Vordergrund des Bildes liegen verkohlte Gegenstände, im Hintergrund ist ein stark beschädigtes Gebäude eines Krankenhauses zu sehen.
Zerstörung rund um das Al-Shaab-Krankenhaus in Khartum, 29. März 2025. © picture alliance / Anadolu / Mohammed Nzar Awad

Zwei Jahre des Schreckens: Seit 15. April 2023 bekämpfen sich die sudanesische Armee und die paramilitärischen Rapid Support Forces auf brutale Weise. Mindestens sieben Medienschaffende wurden seitdem getötet, einer wird vermisst, mindestens 15 wurden festgenommen, zwei Journalisten befinden sich noch immer hinter Gittern. All dies geschieht in völliger Straflosigkeit. Reporter ohne Grenzen (RSF) dokumentiert die Verbrechen beider Kriegsparteien und hat sie damit konfrontiert, jedoch keine Antwort erhalten.

„Seit zwei Jahren herrscht im Sudan eine unvorstellbare humanitäre Katastrophe – doch in den Medien hierzulande findet sie kaum statt. Die Welt sieht weg, auch dann, wenn die Kriegsparteien unabhängige Berichterstattung mit großer Brutalität verhindern“, sagt RSF-Geschäftsführerin Anja Osterhaus. „Um Verbrechen aufklären zu können, braucht es Journalisten und Reporterinnen, die sie ans Licht bringen. Medienschaffende müssen im ganzen Land wieder sicher arbeiten können.“

Sieben Journalistinnen und Reporter wegen ihrer Arbeit getötet

Nach RSF-Informationen wurden seit Kriegsbeginn mindestens sieben Medienschaffende getötet: Issam Hassan Murdschan und Sami Abd el-Hafiz von der Sudan National Broadcasting Corporation (SNBC), Halima Idris Salim vom unabhängigen Fernsehsender Sudan Bukra, Ahmed Yussef Arabi vom Fernsehsender Blue Nile Channel, Chaled Balel, Journalist und Mediendirektor beim sudanesischen Obersten Rat für Medien und Kultur, Muawiya Abdel Razek, der für die sudanesischen Online-Zeitungen Al-Dscharida, Achir Lahza und Al-Achbar schreibt, und der Kameramann Hatem Mamun, der für Sudania24 arbeitet. Vier dieser Verbrechen zwischen Juli 2023 und November 2024 werden den Rapid Support Forces zugeschrieben, die anderen drei nicht identifizierten bewaffneten Gruppen.

Abdel Rahman Warab, ein Journalist der sudanesischen Nachrichtenagentur SUNA, wird weiterhin vermisst. Berichten zufolge wurde er im Juni 2023 von Kämpfern der Rapid Support Forces aus seinem Haus in Khartum entführt.

17 Medienschaffende inhaftiert, zwei noch in Gewahrsam

Insgesamt wurden seit Kriegsbeginn 17 Medienschaffende von den Rapid Support Forces oder der regulären Armee willkürlich festgenommen und inhaftiert. Darunter befinden sich freiberufliche Medienschaffende und Mitarbeitende des sudanesischen öffentlichen Senders SNBC, des katarischen Senders Al-Dschasira, des ägyptischen Fernsehsenders Al-Ghad und der libanesischen Nachrichten-Website Tayyar.

Zwei Journalisten befinden sich bis heute in Haft. Hassan Hamed wurde am 9. Oktober 2023 von Regierungstruppen verhaftet, als er aus Port Sudan, einer Hochburg der regulären Armee am Roten Meer, berichtete. Hamed arbeitet für Independent Arabia, die arabischsprachige Version der britischen Nachrichten-Website Independent. Der Medienschaffende Mamun Hassan Hamid wurde im Januar 2024 von den Rapid Support Forces verhaftet. Über seinen Aufenthaltsort ist nichts bekannt.

Journalisten werden verletzt, überwacht, bedroht und online schikaniert

Mindestens vier Medienschaffende wurden entweder während oder aufgrund ihrer Berichterstattung verletzt, darunter der Fotojournalist Muhammad Nur el-Din, der SNBC-Journalist Walid Schahlabi, der Kolumnist Ismat Ibrahim und die freiberufliche Journalistin Aïcha Sammani. Fath al-Rahman Hamuda, ein Journalist des sudanesischen Online-Mediums Al-Taghyir, wurde im August 2023 in der Stadt El-Obeid von bewaffneten Kämpfern mit vorgehaltener Waffe festgehalten. Die Journalistin Fatima Ali Said, die für die pro-islamistische Zeitung Al-Wifaq tätig ist, berichtete Reporter ohne Grenzen, dass sie wegen ihrer Arbeit von den Rapid Support Forces sexuell belästigt und angegriffen worden sei.

Zudem sind nach Informationen von Reporter ohne Grenzen etwa 15 Medienschaffende Opfer von Cyber-Mobbing-Kampagnen geworden. Mehrere ausländische Journalistinnen und Journalisten, die aus dem Sudan berichteten, haben gegenüber RSF erklärt, dass sie von der regulären Armee engmaschig überwacht wurden. Nur die Armee kann derzeit Reisegenehmigungen für den Sudan ausstellen.

Kritische Lage in Nord-Darfur

Manche Beobachtende hegen nach der Einnahme Khartums durch die Armee leise Hoffnungen auf Entspannung. Eine der gefährlichsten Gegenden des Landes für Medienschaffende bleibt jedoch Nord-Darfur. Dort haben sowohl die Rapid Support Forces als auch die Armee Massaker an der Zivilbevölkerung verübt. Kontakte von Reporter ohne Grenzen in der Region berichten von Zensur, ständiger Überwachung, Drohungen gegen journalistische Quellen und Internetausfällen.

Mohammed Schuaib arbeitete für die lokale Facebook-Nachrichtenseite Salateen News Network in Al-Faschir. Er verließ die Hauptstadt Nord-Darfurs im September 2024. „Dieser Krieg hat die besten Journalisten von Al-Faschir aus Sicherheits- und wirtschaftlichen Gründen zur Flucht gezwungen“, sagte Schuaib gegenüber Reporter ohne Grenzen. Derzeit berichtet er aus dem nahe gelegenen Lager Zamzam. Dort jedoch herrscht eine Hungersnot. Weil die Umgebung der letzte Teil von Darfur ist, der von der regulären Armee kontrolliert wird, sind zudem Überfälle der Rapid Support Forces häufig. Dennoch will Mohammed Schuaib nicht erneut fliehen: „Es ist unsere Pflicht als Journalisten und als Menschen, hier in der Region zu bleiben, um die Welt zu informieren und den Opfern der Belagerung eine Stimme zu geben.“

Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht der Sudan auf Platz 149 von 180.



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