Russland
11.06.2021
Russland erschwert weiter freie Berichterstattung
Bei der heute beginnenden Fußball-EM darf der erfahrene Sportjournalist Robert Kempe nicht von den Spielen in St. Petersburg berichten. Die Behörden in Moskau hatten dem ARD-Journalisten Ende Mai die Akkreditierung entzogen. Grund sei ein angebliches „Hintergrund-Screening“ von russischen Verantwortlichen gewesen, teilte die Europäische Fußball-Union (UEFA) der ARD mit. Die UEFA selbst hatte Kempes Akkreditierung Ende Mai bestätigt. Für die verbleibenden zehn Standorte der Männer-Europameisterschaft bleibt sie gültig.
„Dass sich die russischen Behörden weigern, den Journalisten Robert Kempe in Russland über die Fußball-EM berichten zu lassen, ist nicht nachvollziehbar“, sagt RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. „Wir können nicht zulassen, dass freie Berichterstattung vom Gutdünken der Behörden abhängt. Robert Kempe muss unverzüglich eine gültige Akkreditierung auch für Russland und St. Petersburg als Standort der Fußball-EM bekommen. Auch die UEFA muss sich fragen lassen, was vom Gedanken einer gemeinsamen Europameisterschaft übrigbleibt, wenn sie solchen Entwicklungen nicht scharf und deutlich widerspricht.“
Es liegt nahe, dass Robert Kempes jüngste Arbeit den russischen Behörden ein Dorn im Auge war. Ende Mai hatte er für ARD und WDR über Verflechtungen zwischen dem russischen Staatskonzern Gazprom und dem europäischen Fußball berichtet. Gazprom ist größter Anteilseigner des Fußballvereins Zenit St. Petersburg und einer der Sponsoren der diesjährigen Europameisterschaft.
In Russland stehen unabhängig und kritisch arbeitende Medien unter steigendem Druck. Während vor allem die staatlichen Fernsehsender treu die Regierungslinie propagieren, werden abweichende Stimmen an den Rand gedrängt. Zuletzt hatten die russischen Behörden die russischsprachige Nachrichtenseite Meduza zur „ausländischen Agentin“ erklärt. Sie verlor dadurch zahlreiche Werbeverträge sowie etliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Russland derzeit auf Platz 150 von 180 Staaten.
Update 14.06.2021: Nach steigendem öffentlichen Druck hat Robert Kempe nun doch eine vollständige Akkreditierung für die Fußball-EM bekommen. Er erhält auch Zugang zum russischen Spielort St. Petersburg.
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